Analyse: Opel-Insolvenz vorerst vom Tisch
Der SPD-Finanzminister stellte ausführlich die Ergebnisse der Nachtsitzung vor. Der österreichisch- kanadische Zulieferer Magna soll Opel in eine neue Zukunft führen. Was dies im Einzelnen für die rund 26 000 Arbeitsplätze des Autobauers in Deutschland bedeutet, blieb am Samstagmorgen zunächst offen. Die Politiker bekräftigten aber, dass Magna alle vier Opel- Standorte in Bochum, Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern erhalten will.
Befragt zu den Arbeitsplätzen, blieb der Co-Vorstandsvorsitzende von Magna, Siegfried Wolf, vage: «Wir sind sehr zuversichtlich, Lösungen zu finden, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu erhalten.» Jeder Arbeitsplatz, der verloren gehe, sei einer zu viel. Konkrete Zahlen nannte er nicht. Erst später wurde klar, dass das Rettungskonzept keine verbindlichen Absprachen zu den Arbeitsplätzen beinhaltet. Aus Regierungskreisen hieß es, eine entsprechende Vereinbarung habe nicht besiegelt werden können, da sie gegen EU- Recht verstoßen hätte. Der Magna-Konzern spricht in seinem Konzept von einem Abbau von 11 000 Arbeitsplätzen bei General Motors Europe. 2500 Stellen sollen demnach in Deutschland wegfallen. Dies will Magna aber noch genauer untersuchen.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) sieht im Bochumer Werk etwa jeden dritten Arbeitsplatz der rund 5170 Stellen in Gefahr. Er betonte aber, dass Magna auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werde. Eine Insolvenz von Opel ist zwar mit dem Rettungskonzept zunächst vom Tisch. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erinnerte aber daran, dass die neuen Partner noch viele schwierige Aufgaben zu lösen hätten. GM und Magna unterzeichneten ein «memorandum of understanding». Es legt die wichtigsten ökonomischen Eckpunkte fest, ist aber nicht rechtlich bindend. Bis die abschließenden Verträge für ein Zusammengehen von Magna mit den Unternehmensteilen von GM-Europe unterschriftsreif sind, stehen noch viele Gespräche an.
Es sei um schwierige Risikoabwägungen gegangen, betonte nicht nur die Kanzlerin. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) machte keinen Hehl daraus, dass er sich nicht mit seiner Position durchsetzen konnte und andere Vorstellungen hatte. Ja, so sagte Guttenberg nach dem Verhandlungsmarathon ein wenig missmutig in die Mikrofone, er habe eine andere Risikoeinschätzung gehabt. Wenig später bekräftigte er in einer Erklärung: «Ich konnte (..) dem Magna- Konzept bis zuletzt nicht zustimmen und habe eine Planinsolvenz als Neustart für Opel vorgezogen.» Letztlich dürfte die Kanzlerin den Ausschlag dafür gegeben haben, dass Opel nun zunächst nicht in der Insolvenz endet. Die Risiken eine Alternative zu einem Rettungskonzept seien für sie «politisch absolut nicht verantwortbar», erklärte sie später.
Die Kanzlerin selbst hatte am Freitag mit US-Präsident Barack Obama telefoniert, um eine Opel-Rettung voranzutreiben. Dutzende Experten verschiedenster Berliner Ressorts beäugten vor der Spitzenrunde die kurz zuvor geschlossene Vereinbarung zwischen dem kanadisch- österreichischen Magna-Konzern und GM. Jedes Details wurde abgeklopft. Die Lösung für Opel besteht nun aus drei Einzelteilen: der Vereinbarung zwischen GM und Magna, einer Treuhandgesellschaft für die europäischen GM-Teile unter dem Dach von Opel und einem Finanzierungskonzept. Die Ausfallrisiken für den Zwischenkredit in Höhe von 1,5 Milliarden Euro tragen der Bund und die Länder. Die Regierung schätzt aber die Wahrscheinlichkeit, dass der Staat einspringen muss, als gering ein. Sie setzt dabei fest darauf, dass Magna und Opel in spätestens sechs Monaten tatsächlich zusammengehen.