Aigner will mit schärferen Kontrollen punkten

Berlin (dpa) - Agrarministerin Aigner steht unter Druck. Nun will sie Futterhersteller und Länder in die Pflicht nehmen. Die Kontrollen sollen schärfen werden, um die Verbraucher besser zu schützen.

Sie legte am Freitag einen Zehn-Punkte-Plan vor, in dem sie Tests für Futtermittelhersteller und bessere staatliche Kontrollen vorschlägt. Aigner räumte Fehler ein, lehnte aber einen Rücktritt ab und ging die Opposition hart an. Jedes vierte Ei ist bei Tests dioxinverseucht gewesen. Zudem wurde verdächtiges Schweinefleisch nach Tschechien und Polen exportiert.

Die Futterunternehmen sollen nach dem Willen von Aigner verpflichtet werden, ihre Zutaten auf Gift zu prüfen und die Ergebnisse zu melden. Schon bei Fahrlässigkeit sollen Haftstrafen fällig werden. Auch eine Zulassungspflicht und eine vorgeschriebene Haftpflichtversicherung sind geplant. Aigner will schlagkräftigere Kontrollen in den Ländern. Sicherheit dürfe keine Kostenfrage sein. «Wir brauchen einen Wettbewerb um die beste Kontrolle.»

Die Behörden müssen nach Aigners Plänen überhöhte Grenzwerte künftig zwingend im Internet auflisten. Privatlabore sollen verpflichtet werden, bedenkliche Testergebnisse zu melden. Die Herstellung von Futterfett und technischem Fett soll möglichst EU- weit getrennt werden. Auch ein Frühwarnsystem und eine Liste von Futtermitteln sind geplant. Das Kabinett berät darüber an diesem Mittwoch. Die Firma Harles und Jentzsch in Schleswig-Holstein hatte Futterfett und technisches Fett vermischt.

Der nordrhein-westfälische Verbraucherschutzminister Johannes Remmel (Grüne) warf seiner Bundeskollegin «Ideenklau» vor. Aigners Zehn-Punkte-Plan enthalte wenig Neues verglichen mit den zehn Punkten, die er vorgelegt habe. «Wenn das alles ist, brauchen wir keine Bundesverbraucherschutzministerin.» Dagegen unterstützte Grünen-Agrarpolitikerin Ulrike Höfken Aigners Pläne im rbb-Inforadio. Aigner warnte die SPD-Länder bei einem Besuch in Oldenburg vor Blockade: «Die SPD-geführten Länder müssen sich entscheiden, ob sie für die Verbraucher etwas tun wollen oder Wahlkampf machen wollen.»

Die Verbraucherorganisation Foodwatch begrüßte die zehn Punkte grundsätzlich. «Die Ministerin hat die richtigen Punkte erkannt, aber sie muss Ernst machen», sagte Sprecher Martin Rücker. Wenn es mehr Kontrolleure gebe, könnten sie aber auch nur Stichproben nehmen.

Der Bauernverband vermisste eine Regelung zum Schadenersatz. Der Deutsche Verband Tiernahrung (DVT) kritisierte, die Meldepflicht für private Labore sei unpräzise. Die Behörden hätten jetzt schon Zugriff auf Kontrollen, sagte DVT-Geschäftsführer Bernhard Krüsken. Die Lebensmittelwirtschaft hält höhere Strafen nicht für notwendig.

Mehr als ein Viertel der Eier in Dioxin-Tests hatte höhere Grenzwerte als erlaubt, sagte der Leiter für Lebensmittelsicherheit im Bundesverbraucherministerium, Bernhard Kühnle. Von 83 Proben lägen 23 oberhalb des Höchstwertes. Bei Schweinefleisch sei von 33 Proben eine über dem Höchstgehalt und eine am Höchstgehalt registriert worden. Bundesweit waren noch fast 400 Betriebe gesperrt und werden auf Dioxin untersucht. Aigner sieht weiter keine Gesundheitsgefahr.

Dioxinverdächtiges Schweinefleisch aus Sachsen-Anhalt ist nach Angaben des Bundesministeriums nach Tschechien und Polen gelangt. Tschechien kritisierte den Informationsfluss. «Wir wurden erst heute benachrichtigt», sagte Behördensprecher Josef Duben in Prag. Das Fleisch sei bereits in den Handel gelangt. «Soweit wir wissen, wurde es bereits verzehrt.» Polens Chefveterinär sagte, in Schlesien seien etwa 1,5 Tonnen dieses Fleischs aus Deutschland verkauft worden. «Im Moment ist eine Sperre für Deutschland nicht notwendig.»

Wegen des Dioxin-Skandals greifen die Verbraucher in Deutschland weniger zu Schweinefleisch. Nach dem Rückgang der heimischen Nachfrage und dem Einfuhrverbot von Südkorea und China für deutsches Schweinefleisch fiel der Kilopreis nach Angaben der Agrarmarkt Informations-GmbH (AMI) um 23 Cent auf 1,13 Euro. Aigner besuchte am Freitag einen Schweinemästerbetrieb in Niedersachsen.

Die Agrarministerin räumte Fehler in ihrer Reaktion auf den Dioxin-Skandal ein. «Vielleicht hätte ich noch mehr kommunizieren müssen nach außen.» Das müsse aber Hand und Fuß haben. «Nein», sagte sie auf die Frage nach Rücktritt. «In meinem Haus wurden alle Schritte eingeleitet, die wir einleiten konnten.» Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stützt nach Darstellung von Regierungssprecher Steffen Seibert das Krisenmanagement Aigners.

Grünen-Fraktionschefin Renate Künast, die in der rot-grünen Bundesregierung für Verbraucherschutz zuständig war, hatte Aigners Entlassung gefordert. Die Ministerin kritisierte ihrerseits die Opposition: «Es sind manche Vorgänge, die an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten sind.» Die Agrar- und Verbraucherminister kommen am nächsten Dienstag in Berlin zu einer Sondersitzung zusammen.

Agrar / Gesundheit
14.01.2011 · 18:38 Uhr
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