AfD verliert Fraktionsstatus in Kiel

Kiel (dpa) - Der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Frank Brodehl verlässt die AfD, womit sie im Kieler Parlament ihren Fraktionsstatus verliert. Er kündigte den Schritt am Freitag überraschend in einer Debatte um die Angebote in Ganztagsschulen an.

Dies sei seine letzte Rede als Mitglied der AfD und der Fraktion im Parlament gewesen, sagte Brodehl in einer knappen persönlichen Erklärung zum Ende seines Debattenbeitrags.

Mit dem Auszug Brodehls verliert die AfD im Landtag den Fraktionsstatus, für den vier Abgeordnete die Mindestzahl sind. «Damit muss sich die Fraktion auflösen», sagte eine Landtagssprecherin am Freitag. Damit einher geht auch der Verlust des Sitzes im Ältestenrat des Parlaments.

«Die Ankündigung des Abgeordneten Dr. Frank Brodehl hat uns völlig überrascht», teilte AfD-Fraktionschef Jörg Nobis mit. Nach Beratungen am Freitag schlossen die verbliebenen drei AfD-Abgeordneten eine Zusammenarbeit mit Brodehl aus. Er soll angeboten haben, sich als parteiloser Abgeordneter der Fraktion anzuschließen. So hätte theoretisch der Fraktionsstatus erhalten bleiben können. Allerdings hätte der Landtag der Aufnahme Brodehls mit Mehrheit zustimmen müssen, was als ausgeschlossen gilt.

Brodehl begründete seine Entscheidung mit der von ihm so empfundenen Radikalisierung der Partei. Dazu verfasste er eine «persönliche Erklärung zum Parteiaustritt», die der promovierte Sonderschullehrer und Bildungsexperte am Freitag auf seine Facebook-Seite stellte. Ausschlaggebend sei «der Umstand, dass sich der Landesverband Schleswig-Holstein seit dem letzten Parteitag in eine Richtung entwickelt, die für mich völlig inakzeptabel ist», heißt es dort.

«Statt an der Etablierung der AfD als bürgerlich-wertkonservativer politischer Kraft mitzuwirken, befördern sowohl der Landesvorstand als auch die deutliche Mehrheit der Kreisvorstände systematisch die Radikalisierung der Partei.» Als Beispiele dafür nannte Brodehl die Verwendung von Nazi-Vokabular wie «Endsieg» oder den Begriff «Krieg des Systems gegen das eigene Volk» in Mitglieder-Mails sowie die öffentliche Verächtlichmachung gewählter Bundes- und Landespolitiker durch ein Landesvorstandsmitglied als «Renegaten, Verräter und Agenten», die «ausgeschwitzt» werden müssten.

Dazu käme die Bewerbung von NPD-Materialien durch einen AfD-Kreisverband und die namentliche Diffamierung einer Flensburger Lehrerin auf der Facebook-Seite des Landesverbandes - verbunden mit der Aufforderung, gegen diese «Druck aufzubauen». Ebenso bezeichnend aus Brodehls Sicht: Kreisvorstände, die den Landesvorstand auf diese Dinge ansprächen, würden von diesem als «Nestbeschmutzer» oder «Denunzianten» gebrandmarkt - häufig unter dem hämischen Applaus der meisten anderen Kreisvorsitzenden. «Diese Verrohung der Partei entsetzt mich.»

In Schleswig-Holstein hatte die nach der Landtagswahl 2017 zunächst fünfköpfige AfD-Landtagsfraktion ihre Abgeordnete Doris von Sayn-Wittgenstein im Dezember 2018 ausgeschlossen. Sie soll Verbindungen zu einem von einer Holocaust-Leugnerin mitgegründeten, rechtsextremen Verein gepflegt haben. Es folgte ebenfalls im Dezember 2018 der Ausschluss aus der AfD, den das Bundesschiedsgericht Ende August 2019 endgültig bestätigte. In erster Instanz war der Rauswurf vom Landesschiedsgericht im Mai 2019 noch verworfen worden.

Sayn-Wittgenstein war 2017 zur AfD-Landesvorsitzenden gewählt worden. Trotz des damals laufenden Parteiausschlussverfahrens wurde sie im Juni 2019 erneut in dieses Amt gewählt. Sie verlor es mit dem Parteiausschluss zwei Monate später. Sayn-Wittgenstein ist weiterhin Landtagsabgeordnete, aber partei- und fraktionslos.

Der verbliebenen vierköpfigen AfD-Landtagsfraktion unter ihrem Vorsitzenden Nobis wurde ein sehr gespanntes Verhältnis zum AfD-Landesvorstand nachgesagt, in dem Sayn-Wittgenstein noch Anhänger haben soll. Die Nachfolge von Sayn-Wittgensteins als AfD-Landeschefin ist bis heute offen.

Landtag / Parteien / Deutschland / Niedersachsen / Bremen / Schleswig-Holstein / Bayern
25.09.2020 · 17:26 Uhr
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