Abschiebung oder Haft? Warum die gefährlichsten Straftäter oft bleiben
Der Kampf um Abschiebungen
Nach dem islamistischen Anschlag in Mannheim sprach Bundeskanzler Olaf Scholz klare Worte: Schwerstkriminelle, die in Deutschland Schutz gesucht haben, sollten unabhängig von ihrer Herkunft abgeschoben werden.
Doch trotz eines ersten Abschiebeflugs nach Afghanistan mit 28 Straftätern zeigt sich, dass die Realität wesentlich komplizierter ist.
Uneinheitliche Datenerfassung erschwert Überblick
Die Bundesländer führen Abschiebungsstatistiken unterschiedlich. Während Berlin Zahlen über Tatverdächtige liefert, kann Hamburg nur auf die Insassen in Justizvollzugsanstalten verweisen.
Andere Länder, wie Rheinland-Pfalz, haben überhaupt keine zentrale Statistik, die speziell die Gruppe schwerer Straftäter erfasst. Diese Datenlücken erschweren die Frage, wie viele schwere Straftäter tatsächlich zur Abschiebung anstehen.
Haftstrafen und Abschiebeverbote verzögern Rückführung
Ein häufiges Problem ist, dass viele Schwerkriminelle noch Haftstrafen verbüßen müssen, bevor eine Abschiebung überhaupt infrage kommt. Die Bremer Innenbehörde betont, dass das Interesse des Staates an der Strafverfolgung in vielen Fällen über einer sofortigen Abschiebung steht.
Straftäter mit langen Haftstrafen bleiben daher oft länger im Land als solche mit leichteren Vergehen.
Rechtliche Hürden und Menschenrechte
Die Europäische Menschenrechtskonvention verbietet Abschiebungen in Länder, in denen den Betroffenen Folter oder unmenschliche Behandlung droht. Dies gilt absolut – selbst für Schwerstkriminelle.
In einigen Fällen könnte eine Rückführung nach Syrien oder Afghanistan scheitern, da sich die Lage vor Ort noch nicht ausreichend stabilisiert hat oder weiterhin Verfolgungsgefahr besteht.
Praktische Hindernisse im Vollzug
Auch klassische praktische Probleme verzögern Abschiebungen: fehlende Personaldokumente, Krankheiten oder das Verschwinden der betroffenen Personen nach ihrer Haftentlassung.
Selbst auf dem jüngsten Abschiebeflug nach Afghanistan waren ursprünglich mehr Plätze geplant, doch einige der Betroffenen wurden letztlich nicht angetroffen oder es bestanden medizinische Hinderungsgründe.