73-jähriger Deutscher seit August in der Türkei inhaftiert

Istanbul (dpa) - Nach der Freilassung des «Welt»-Korrespondenten Deniz Yücel aus türkischer Haft bitten die Angehörigen eines weiteren inhaftierten Deutschen die Bundesregierung um mehr Engagement in dessen Fall.

Ihr 73-jähriger Vater Enver Altayli sitze seit mehr als einem halben Jahr wegen Terrorvorwürfen in Ankara in Isolationshaft, sagte Altaylis Tochter Zehra Der der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul. Die Familie wende sich aus Verzweiflung über die anhaltende Untersuchungshaft ohne Anklage erstmals an die Öffentlichkeit. Altayli werden Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen.

«Wir würden uns wünschen, dass die Bundesregierung stärker auf seine Entlassung aus der Untersuchungshaft hinwirkt und darauf, dass der Prozess beschleunigt wird», sagte Zehra Der. Altayli wurde am 20. August in Antalya festgenommen, wo die Familie eine Ferienanlage betreibt. Sechs Tage später wurde U-Haft wegen Terrorvorwürfen gegen ihn verhängt. Er sitzt im Hochsicherheitsgefängnis Sincan in Ankara.

Das Auswärtige Amt erklärte, die Botschaft in der Türkei stehe mit den türkischen Behörden und der Familie in Kontakt. Ein Besuch bei dem Häftling sei bisher aber nicht genehmigt worden, sagte der stellvertretende Ministeriumssprecher Rainer Breul. Er verwies darauf, dass Altayli Doppelstaatler sei, was in vielen Fällen eine konsularische Betreuung erschwere. «Der Fall wird wie alle anderen Fälle von Deutschen in türkischer politischer Haft regelmäßig angesprochen», sagte Breul.

Im vergangenen Jahr war es wegen der Inhaftierung mehrerer Deutscher zu einer schweren Krise zwischen Berlin und Ankara gekommen. Massiver Druck der Bundesregierung hatte vor gut einem Monat zur Freilassung Deniz Yücels geführt. Der deutsch-türkische Journalist kehrte am Montag an seinen Arbeitsplatz in Berlin zurück. Sein Arbeitgeber, «Die Welt», twitterte: «Schönster Montag wo gibt! Wir freuen uns sehr, dass unserer Kollege Deniz zurück in der Redaktion und wieder bei uns ist.» Auf einem Foto in dem Tweet ist der Journalist neben «Welt»-Chefredakteur Ulf Poschardt zu sehen.

Nach Yücels Entlassung sind nach Angaben des Auswärtigen Amtes noch vier Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei inhaftiert: Altayli und drei weitere Bundesbürger, deren Identität nicht bekannt ist.

Zehra Der sagte, ihre Familie habe sich zuvor nicht an die Öffentlichkeit gewandt, weil sie befürchtet habe, die Lage des Vaters weiter zu verschlechtern. Da aber weiterhin keine Anklageschrift vorliege und ihr Vater unter der Einzelhaft leide, habe die Familie sich nun doch dazu durchgerungen, den Fall öffentlich zu machen. Altayli gehe es zwar den Umständen entsprechend gut. Er habe aber 2013 einen leichten Schlaganfall erlitten, in der Vergangenheit Magenblutungen gehabt und leide zudem unter hohem Blutdruck.

Altayli war in der Vergangenheit als Zentralasien- und Außenpolitik-Experte öffentlich in Erscheinung getreten. Kritisch stand er der vom türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan betriebenen Annäherung an Russland gegenüber. «Er war gegen eine Zunahme des Einflusses Russlands auf die Türkei», sagte seine Tochter Zehra Der. Womöglich hätten russlandfreundliche Kreise in Ankara auf die Inhaftierung ihres Vaters hingewirkt.

In den vergangenen Jahren hatte Altayli vor allem als Publizist gewirkt. Altayli ist Jurist und war nach eigener Aussage 1968 vom türkischen Geheimdienst MIT zur Forschung über Osteuropa-Recht nach Deutschland entsandt worden. Beim MIT blieb er demnach bis 1973. In den 1980er-Jahren vertrat er die ultranationalistische Partei MHP in der Bundesrepublik. Ihr Vater gehöre der MHP aber seit Jahren nicht mehr an, sagte Zehra Der.

Nach dem Protokoll der Gerichtsverhandlung zur Untersuchungshaft, das der dpa vorliegt, wird Altayli verdächtigt, für die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen Straftaten begangen zu haben. Altayli weist alle Vorwürfe zurück. Die türkische Regierung macht Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich.

Konflikte / Türkei / Deutschland
19.03.2018 · 18:05 Uhr
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