Wahlen Landtagswahl Mecklenburg-Vorpommern 2011 - Ergebnisse und Schlüsse

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25 April 2006
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Folgende News wurde am 04.09.2011 um 20:46:43 Uhr veröffentlicht:
Lorenz Caffier - Verlierer der Landtagswahl 2011
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Schwerin (dpa) - Lorenz Caffier ist ein politisches Urgestein in Mecklenburg-Vorpommern. Ihn wirft die historische Wahlniederlage seiner Partei von Sonntag nicht aus der Bahn. «Das ist kein Abend, den Kopf in den Sand zu stecken», sagte er. Die große Koalition habe dem Land gut getan, deshalb solle sie fortgesetzt werden. Der CDU-Politiker war Mitglied der ersten und zugleich letzten frei gewählten Volkskammer der DDR. Dem Landtag in Schwerin gehört der heute 56-Jährige seit dessen Anfängen im Herbst 1990 an. Ein mitreißender Redner ist Caffier nicht. Er profilierte sich als bodenständiger, unaufgeregter und verlässlicher Sachwalter der Interessen des Landes - und der CDU, deren Landesvorsitzender der gebürtige Dresdner seit 2009 ist. Der seit 2006 amtierende Innenminister Caffier hat erst vor wenigen Wochen eine große Bewährungsprobe bestanden, als die Verfassungsrichter des Landes über seine große Kreisgebietsreform urteilten. Das Reformwerk hatte Bestand gegen die Klagen von Kommunen. In Mecklenburg-Vorpommern liegen nun die flächenmäßig größten Landkreise der Bundesrepublik. Kritik gegen die Reform musste Caffier auch aus der eigenen Partei hinnehmen, die im Landesteil Vorpommern besonders stark in der Kommunalpolitik verwurzelt ist. Der Beitritt zur Ost-CDU 1979 machte ihn zur «Blockflöte», wie er heute freimütig bekennt. Er sei nicht eingetreten, um Widerstandskämpfer zu sein, sondern um das Thema SED zu beenden. Auch aus dieser Offenheit speist sich wohl die Integrität des gelernten Forstmannes, der in Berlin Ingenieurwesen studierte und sich dann im Neubrandenburger Landmaschinenkombinat um Ersatzteile für Traktoren kümmerte. «Ich bin ein ehemaliger DDR-Bürger und schäme mich nicht dafür», meint Caffier. Er ist verheiratet, lebt in der Nähe von Neustrelitz und hat vier Kinder. Bundesweit trat Caffier erstmals beim G8-Weltwirtschaftsgipfel 2007 in Heiligendamm in Erscheinung, als er den bis dahin größten Polizei-Einsatz in Deutschland leitete. Als erster Innenminister eines Landes legte er wenig später ein Dossier vor, das die Verfassungsfeindlichkeit der NPD unter Beweis stellen sollte. Im Gegensatz zu seinen Amtskollegen aus der Union hält Caffier auch ein neuerliches NPD-Verbotsverfahren für geboten.
 
Jaja...verbietet mal schnell die NPD...
ich würd ja mal eher die FDP verbieten, gründe kann ja man nicht öffendlich nennen in nem zensierten netzwerk ^^
 
Naja, in Meck-Pom arbeitet die NPD ja kräftig daran, wieder dort hinzukommen, wo sie eigentlich hingehören. Unter "Sonstige" bei den Hochrechnungen... :LOL:

Die "böse" FDP leidet auf Landesebene eben stark unter der verkorksten Bundespolitik. Aber ich würde mich brennend dafür interessieren, was ein Verbotsverfahren gegenüber der FDP rechtfertigen könnte...

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[...] Die "böse" FDP leidet auf Landesebene eben stark unter der verkorksten Bundespolitik. [...]
Das Problem der Bundesebene ist der FDP ja bewusst, aber hat sie auch auf Landesebene halt nichts gerissen.

Natürlich sind Westerwelle und Rösler die größten Stimmenvernichter, die die FDP jemals erlebt hat. Genscher hat massiv an Zuspruch und Sympathie während seiner Zeit als Außenminister gewonnen - Westerwelle hat es als erster Außenminister in der deutschen Nachkriegsgeschichte geschafft, seit Amtsantritt immer unbeliebter zu werden. Das ist auch die einzig herausragende Leistung der FDP, die mir einfällt :D

Über eine Sache staune ich allerdings Bauklötze: MV ist das Bundesland mit den niedrigsten Löhnen bundesweit. Gleichzeitig mit der höchsten Arbeitslosigkeit. Das erklärt für mich auch die nur 52% Wahlbeteiligung. Aber dass es unter diesen Umständen überhaupt noch Wähler der Union und SPD gibt, ist für mich schon ein Wunder biblischen Ausmaßes. Dass allerdings ausgerechnet die SPD noch zulegt, ist schon fast ein Hohn. Ich hätte ehrlich damit gerechnet, dass die Linke und die NPD massiv Stimmenzuwachs haben werden, dass es vielleicht sogar noch eher die Piraten oder andere Randparteien in den Landtag schaffen, als dass eine der großen Parteien noch Stimmenzuwachs hat...

Naja, zeigt mir nur einmal mehr, dass ich keine Hellseherfirma gründen sollte :)
 
Der Punkt ist halt das die Leute trotz beschissener Löhne den Arsch nicht hochbekommen. Ich meine mal angenommen du bist ein Arbeiter und bekommst von deinem Chef 200€ weniger als deine Kollegen weil du nicht in der Gewerkschaft bist und daher der Tariflohn für dich nicht gilt... Was würdest du tun... Ich kenne Leute aus Mecklenburg Vorpommern die bleiben aus der Gewerschaft draussen und finden sich damit ab ihre Kollegen die aus der Region Lübeck in der gleichen Hütte arbeiten sind alle organisiert und verdienen somit deutlich mehr. Wie mann so blöde sein kann ist mir schleierhaft. Und bei eben solchen Leuten wundert mich dann ein Kreuz bei der CDU oder SPD auch nicht mehr.
 
[...] Ich kenne Leute aus Mecklenburg Vorpommern die bleiben aus der Gewerschaft draussen und finden sich damit ab ihre Kollegen die aus der Region Lübeck in der gleichen Hütte arbeiten sind alle organisiert und verdienen somit deutlich mehr. Wie mann so blöde sein kann ist mir schleierhaft. [...]
Meine Erklärung dafür wäre, dass sie besorgt sind, dass wenn sie in der Gewerkschaft wären, gar keine Arbeit bekommen. Und die Gewerkschaft will ja auch noch Beiträge haben, die man sich von dem wenigen Geld nicht leisten kann oder will.

Ob das nun so ist oder nicht, weiß ich nicht. Aber ich staune, wie schnell ein Mensch sich selbst, sein Leben und seine Zukunft aufgibt. Denn nicht zur Wahl zu gehen, ist genau das. Ich habe sogar Verständnis dafür, dass man demoralisiert und vielleicht sogar depressiv wird, wenn man sich bewirbt und bewirbt und immer nur Absagen bekommt, sofern man überhaupt eine Antwort bekommt. Aber sich dann seinem Schicksal zu ergeben, ist wie ein Alkoholiker, der zur einwöchigen Abstinenzfeier erstmal kräftig einen zur Brust nimmt.

Diese Einstellung verbreitet sich in Deutschland leider zunehmend. "Ich kann sowieso nichts ändern mit meiner Stimme und was die da oben machen, darauf habe ich sowieso keinen Einfluss". Ja, parlamentarische Demokratie ist schlicht Verarsche, stimmt. Aber wenn es mir schon so geht, und ich keine Partei finde, die ich wählen möchte/könnte, dann würde ich wohl eher selbst eine gründen, als nicht wählen zu gehen. Ich denke mir manchmal, dass wir 7 Millionen Hartz IV-Empfänger in Deutschland haben. Dazu noch etliche (wenn nicht sogar genauso viele), die zwar eine Arbeit haben, aber von dem verdienten Lohn nicht leben können und Zuschüsse vom Staat brauchen. Das wären zusammen auf jeden Fall über 10 Millionen Menschen! Wenn sich die Leute einig wären und einer Partei ihre Stimme gäben (von mir aus der Linke, NPD oder einer selbst gegründeten Partei "Die Armen" oder was weiß ich), was meinste wohl, wie den Volksverrätern der SPD, Union, FDP und so weiter der Arsch auf Grundeis ginge. Aber nein - lieber geht man nicht wählen und tuttert den ganzen Tag lautstark. So ein Blödsinn...
 
Ich hätte ehrlich damit gerechnet, dass die Linke und die NPD massiv Stimmenzuwachs haben werden, dass es vielleicht sogar noch eher die Piraten oder andere Randparteien in den Landtag schaffen, als dass eine der großen Parteien noch Stimmenzuwachs hat...

Und was täte es ändern?

Wenn ich so die letzten Jahre zurückschaue, wurde auf Protestparteien in aller Regel mit Rufen nach Verboten reagiert, nicht mit einer Politik, die den Protestparteien das Fundament weg zieht.

gruss kelle!
 
Vielleicht sind ja die CDU- und SPD-Wähler aber auch nur Leute mit genug Hirn, eben nicht Protest zu wählen. Eigene Partei gründen wie Photon meinte wäre da noch die einzige Alternative. Aber wenn sich das alle denken, haben wir 1000e Splitterparteien, die nicht weit kommen. Also bleibt man doch beim altbekannten Übel - isses nicht so? Das kann man jemandem (wahrscheinlich fast jedem Bundesdeutschen Wähler) vorwerfen, aber nicht, nicht aus Protest radikal gewählt zu haben!
 
Wenn ich so die letzten Jahre zurückschaue, wurde auf Protestparteien in aller Regel mit Rufen nach Verboten reagiert, nicht mit einer Politik, die den Protestparteien das Fundament weg zieht.
!
Richtig. Das geht aber nur so lange, wie diese Parteien "Randparteien" bleiben. Stell' Dir mal vor, dass (wie ich schon eben im Beitrag geschrieben habe) 10 Millionen Menschen ihre Stimme einer Partei gäben, von der sie sich eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen versprächen. Nehmen wir mal noch einen Teil der Rentner hinzu, die nicht traditionell der Partei ihrer Vorväter ihre Stimme geben und denen es auch schlecht geht. Vielleicht dann noch ein paar Überzeugte hinzu kämen wir auf vielleicht 15 Millionen Stimmen.

Wir haben in Deutschland gut 60 Millionen wahlberechtigte Bürger. Das wären dann rund 25%. Wer wagt es denn ernsthaft, einer Partei, der 25% der Bürger ihre Stimme schenken, die Daseinsberechtigung absprechen zu wollen? Nicht mal mehr bei 10% würde sich eine "Volkspartei" diese Blöße geben. Bei 1-4% kann man noch eine große Fresse haben. Anhand der NPD sieht man, dass es auch noch nach 5% möglich ist. Aber bei 10% oder mehr - das glaube ich nicht.

Vielleicht sind ja die CDU- und SPD-Wähler aber auch nur Leute mit genug Hirn, eben nicht Protest zu wählen. Eigene Partei gründen wie Photon meinte wäre da noch die einzige Alternative. Aber wenn sich das alle denken, haben wir 1000e Splitterparteien, die nicht weit kommen. Also bleibt man doch beim altbekannten Übel - isses nicht so? Das kann man jemandem (wahrscheinlich fast jedem Bundesdeutschen Wähler) vorwerfen, aber nicht, nicht aus Protest radikal gewählt zu haben!
Man bleibt beim alten Übel und ärgert sich dann 4 Jahre lang, dass der Karren immer weiter und weiter in den Dreck fährt.

Wie oder was jemand meint, sein Lebensstandard verbessern könnte, bleibt ja jedem selbst überlassen. Aber weißte - ich neige inzwischen dazu, folgendes als wahr anzunehmen:

Unser deutsche Zug fährt ungebremst auf einen Abgrund zu. Heißt: Die Reichen werden immer reicher (mit staatlicher Unterstützung), die Armen immer ärmer und auch die Anzahl der an oder unter der Armutsgrenze lebenden Personen nimmt stetig zu. Die Renten sind schon längst nicht mehr sicher - aufgrund staatlicher Misswirtschaft. Kurz: Der Sozialstaat wird unaufhörlich unsozialer und amerikanische Verhältnisse in Deutschland rücken immer näher und näher - selbst in puncto Schuldenpolitik. Globalisierung beschleunigt diesen Prozess außerdem. Nebst dessen leidet die Umwelt unter der Industrialisierung und zunehmender Überbevölkerung auf der Erde.

Heißt für mich, dass wenn alles so bleibt wie es ist, der Zug auf den Abgrund zu fährt und Deutschland, wie wir es kennen und lieben, zerstören wird. Was könnte eine radikale Partei nun schlimmer machen?

Krieg führen. Das wäre furchtbar. Das traue ich der NPD auch eher zu als der Linkspartei, die sich ja vehement gegen jeden Krieg bislang ausgesprochen haben (nicht nur gegen die Angriffskriege der USA). Ok, dann sollen doch bitte alle sozial benachteiligten die Linkspartei wählen. Ernst gemeinte Frage: Was kann mit der Linkspartei schlimmeres passieren als das, was wir jetzt schon in Zeitlupe erleben?
 
Zuletzt bearbeitet:
Meine Erklärung dafür wäre, dass sie besorgt sind, dass wenn sie in der Gewerkschaft wären, gar keine Arbeit bekommen. Und die Gewerkschaft will ja auch noch Beiträge haben, die man sich von dem wenigen Geld nicht leisten kann oder will.


Der Punkt ist doch der die haben ja einen Job. Ihre Kollegen sind eh drin also Orgagrad etwa 40% da brauchen se keine Angst zu haben. Und 200€mehr aufm Zettel und dafür vielleicht 20 € an die Gewerkschaft zahlen und somit auch noch arbeitsrechtsschutz etc,. haben ist doch top
 
Dass sie sich nicht anders verhält als alle anderen Parteien, wenn sie an der Macht sind? (siehe Die Linke in Berlin)
Na wenn das das Schlimmste ist, dann weiß ich nicht, warum nicht 100% der Wähler Die Linke wählen.

Der Punkt ist doch der die haben ja einen Job. Ihre Kollegen sind eh drin also Orgagrad etwa 40% da brauchen se keine Angst zu haben. Und 200€mehr aufm Zettel und dafür vielleicht 20 € an die Gewerkschaft zahlen und somit auch noch arbeitsrechtsschutz etc,. haben ist doch top
Ja, dann sag mal bescheid, wenn Du raus bekommen hast, warum die nicht in der Gewerkschaft sind. Das wäre auch für mich mal interessant.
 
Was könnte eine radikale Partei nun schlimmer machen?

Krieg führen.

Im Dritten Reich hat man erlebt, dass es noch schlimmeres gibt als Krieg. Juden, Kommunisten, Katholiken, Homosexuelle, Andersdenkende, Ausländer - wen würde es diesmal zuerst treffen, wenn eine Partei wie die NSDAP wieder an der Macht wäre?

Ansonsten, Rest des Beitrags, sehe ich ähnlich.
 
Was könnte eine radikale Partei nun schlimmer machen?

Die Wirtschaft agiert inzwischen global, Politik bis dato immer noch lokal bis regional.

Um dort ein Gleichgewicht herstellen zu können, müssten sich in meinen Augen die EU, USA, Japan und Kanada sowie die BRIC Staaten bei der Regulierung der Märkte einig sein.

Eine politisch rechte Partei würde die Abschottung von einer globalen Einigung fordern, so dass das Land zum endgültigen Spielball der Weltwirtschaft würde.

Eine politisch linke Partei würde die Forderungen der Regulierung dermaßen überziehen, dass am Ende gar keine Regulierung raus käme.

So viel zum Thema: Schlechter machen ;-)

gruss kelle!
 
Im Dritten Reich hat man erlebt, dass es noch schlimmeres gibt als Krieg. Juden, Kommunisten, Katholiken, Homosexuelle, Andersdenkende, Ausländer - wen würde es diesmal zuerst treffen, wenn eine Partei wie die NSDAP wieder an der Macht wäre?
Auch die Russen haben Juden verfolgt und ermordet. In Deutschland weil man ihnen unterstellte, sie würden mit den Kommunisten arbeiten. In Russland, weil man sie als Inbegriff des Imperialismus sah. Wenn man jemanden umbringen will, findet sich schon ein Grund - egal ob von links oder rechts. Selbst die politische Mitte findet einen - siehe USA. Dann macht man es halt im Namen der Freiheit, wenn man schon die Religion nicht mehr heran ziehen kann.

[...] So viel zum Thema: Schlechter machen ;-)
Ich verstehe, was Du meinst. Aber seit Jahrzehnten fahren wir auf den Abgrund zu. Seit Jahrhunderten weiß man, dass Kapitalismus selbstzerstörerisch ist (und er beweist es ja auch immer wieder). Wir sehen tagtäglich die Auswirkungen von immer höherer Produktivität und Profitgier. Jeden Tag sehen wir das. Und wir glauben, uns wird es nicht erwischen?

Wir sehen rüber zur USA und sehen, wohin wir steuern. Wir sehen die Zustände, in denen inzwischen die meisten Menschen der USA leben: Sie arbieten entweder gar nicht oder für wenig Geld. Und es wird immer schlimmer. Bei uns auch.

Das, was Du beschreibst, ist doch wenn überhaupt nur ein Katalysator des Ganzen. Und in dem Fall würde ich sagen, wir sollten es tun, dann haben wir es schneller hinter uns :)

Aber ernsthaft: Das größte Problem der etablierten Parteien ist doch, dass sie nicht zum Wohle des Volkes und des Landes agieren, sondern in ihrem eigenen Sinne und zu ihrem eigenen Wohle (und natürlich ihrer kleinen, aber finanzkräftigen Lobby). Nicht nur in Deutschland, denn das haben wir doch in den USA gesehen - Obama hat sich vor seiner eigenen Wählerschaft fast schon blamiert, als er mehr und mehr Zugeständnisse an die Republikaner machte. Die waren aber zu fast gar nichts bereit, weil sie Tea-Party gesteuert sind. Und insgesamt wird die USA aus ihrer Schuldenfalle nie wieder heraus kommen. Weil eben auch niemand daran interssiert ist, die USA zu entschulden. Die sind alle nur heiß auf mehr und noch mehr Zinsen. Ein Einkommen, für das man so absolut gar nix tun muss, sondern andere arbeiten lässt - das größte und übelste Geschwür des Kapitalismus.

Ich sehe an Deinen Beispielen nichts schlimmeres auf uns zu kommen, als das, was ohnehin irgendwann kommt.
 
Aber ernsthaft: Das größte Problem der etablierten Parteien ist doch, dass sie nicht zum Wohle des Volkes und des Landes agieren, sondern in ihrem eigenen Sinne und zu ihrem eigenen Wohle (und natürlich ihrer kleinen, aber finanzkräftigen Lobby).
Was ist denn das eigentlich, dieses "Volk"? Oder anders gefragt: Zu wessem Wohle soll denn Politik gemacht werden? Die Bevölkerung ist doch keine homogene Massen mit gleichen Interessen, (Werte)Vorstellungen, Voraussetzungen. Ehern das Gegenteil, sie sind häufig entgegengesetzt. Und vor allem sind die Standpunkte recht häufig schwankend (s. Atomausstieg, S21 usw.) Wer definiert also, was zum Wohle des "Volkes" ist?

Meines Erachtens ist das nur eine blumige Phrase für "zu meinem eigenen Wohle". Wenn ich mehr Geld in der Tasche habe, dann ist es auch zum Wohle des "Volkes".
 
Wir sehen rüber zur USA und sehen, wohin wir steuern. Wir sehen die Zustände, in denen inzwischen die meisten Menschen der USA leben: Sie arbieten entweder gar nicht oder für wenig Geld.

Ich habe ein Problem damit, wenn in Diskussionen die Begriffe "Mehrheit", "die meisten" oder ähnliche fallen, ohne dies belegen zu können.

Wenn es denn die meisten wären, denen es dreckig geht, wie kann dann eine Partei, deren Klientel tendenziell dem gut situierten Bürgertum nahe steht, die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen?

Aber ernsthaft: Das größte Problem der etablierten Parteien ist doch, dass sie nicht zum Wohle des Volkes und des Landes agieren, sondern in ihrem eigenen Sinne und zu ihrem eigenen Wohle (und natürlich ihrer kleinen, aber finanzkräftigen Lobby).

Mal abgesehen davon, dass die lokale Politik immer nur der globalen Wirtschaft hinterher rennen kann (siehe oben);
Wer definiert "Wohl des Volkes"?
Welche Maßstäbe legt man an die Definition an?

In Stuttgart wird ein MP wegen nem explodierenden AKW in Japan und wegen einem Bahnhof abgewählt, Renate sieht die Resozialisierung der Piraten als größte Aufgabe für die nächste Wahlperiode, hier in Braunschweig wurde ne Volksbefragung zum Stadionumbau organisiert, in diversen Gegenden wird kontrovers drüber diskutiert, ob die neue Hochspannungstrasse links oder rechts ums Dorf geht usw. usf.

Wir haben die schwerste Wirtschaftskrise der letzten knapp 90 Jahre hinter uns, und trotzdem weniger Arbeitslose als vorher, so dass in Teilen der Industrie kaum brauchbare Kräfte zu finden sind, und da rede ich schonmal von einem Estrichleger, wovon mein Bekannter zwei sucht, aber keiner aufm Amt gemeldet ist.

Wir definieren bei uns den Begriff Armut nicht über Obdachlosigkeit oder Hunger, nein, wir definieren einen Azubi und Student pauschal als arm, ebenso wie die Leute, die mit einem durchschnittlichen Verdienst mal drei Monate Kurzarbeit fahren müssen.

Das könnte ich jetzt beliebig fortsetzen.

Klar, nehme ich als Maßstab Vollbeschäftigung mit Gehältern, wo niemand mehr auf staatliche Zuschüsse angewiesen ist, was wiederum diverse Probleme a la Bildung in Abhängigkeit vom sozialen Stand etc. behebt, dann haben wir sicher noch einiges zu tun, und nach den Maßstäben geht es auch Leuten mies.

Nur sind diese Maßstäbe gerechtfertigt, wenn man bedenkt, was wir allein durch die Wiedervereinigung aufgehuckt bekamen?

Ich sehe an Deinen Beispielen nichts schlimmeres auf uns zu kommen, als das, was ohnehin irgendwann kommt.

Wenn man die Möglichkeit hat, mit zu gestalten, kann man wenigstens was ändern, ob es klappt, da streiten sich unsere Kristallkugeln drüber.
Verlegt man sich diese Möglichkeit, na dann richtig gute Nacht.

gruss kelle!
 
Was ist denn das eigentlich, dieses "Volk"? Oder anders gefragt: Zu wessem Wohle soll denn Politik gemacht werden?
[...]
Meines Erachtens ist das nur eine blumige Phrase für "zu meinem eigenen Wohle". Wenn ich mehr Geld in der Tasche habe, dann ist es auch zum Wohle des "Volkes".
Mir selbst geht es finanziell gar nicht so schlecht. Mehr Geld in der Tasche ist zwar immer schön, aber ich entbehre nichts.

Ganz im Gegensatz zu vielen anderen in diesem Lande. Angeblich liegt ja das Durchschnittseinkommen in Deutschland für 2011 bei 2700 Euro netto. Wenn man mal bedenkt, dass 22 Prozent der Vollzeitbeschäftigten für 1800 Euro brutto oder weniger arbeiten, dann ist das eine nicht unerhebliche Anzahl. Hinzu kommen mindestens 3 Millionen Arbeitslose, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegt. Wir sind also schon bei 30% der Menschen, die an der Armutsgrenze leben müssen. Und die vergisst man, wenn man vom "Volk" redet? Auch wenn 30% noch nicht die Mehrheit sind, sehen wir doch aber deutlich, wohin wir steuern, oder nicht? Und Arbeitslosigkeit kann auch mich, Dich und jeden treffen. Später vielleicht sogar Hartz IV. Wer (außer vielleicht Beamte und Millionäre) ist denn dieser Tage davor sicher?

Stattdessen versuchst Du mir in den Mund zu legen, dass ich eigene Interessen verfolgen würde, wenn ich das erwähne. Aber das ist nicht wahr. Ginge es nur nach mir, könnte es mir eigentlich egal sein. Aber Sorge um das Wohl meines Landes beginnt in meinem Fall nicht am Stammtisch und endet auch nicht vor meiner Wohnungstür.

[...]
Wenn es denn die meisten wären, denen es dreckig geht, wie kann dann eine Partei, deren Klientel tendenziell dem gut situierten Bürgertum nahe steht, die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen?
"Dreckig" ist ja auch Definitionssache. Mir ginge es sehr dreckig, wenn ich im Monat nur 500 Euro zur Verfügung hätte. Für einen Hartz-IV-Empfänger wäre das allerdings schon eine Verbesserung von über 50%.

Davon mal ganz abgesehen. Ich habe mich ja schon viel mit Leuten unterhalten. Mit Wählern und Nichtwählern. Die meisten, denen es "dreckig" geht, gehen doch gar nicht mehr wählen. Und diese Erfahrung habe ich auch gemacht. Die meisten derer, mit denen ich gesprochen habe, haben sich längst aufgegeben. Und mit sich auch ihre Zukunft und die ihres Landes. Das wird dann "Politikverdrossenheit" genannt, umschreibt aber eigentlich nur das Problem.

Von denen, die wählen gehen, kann ich 3 Lager erkennen: Die Protestwähler ("Den Bonzen werden wir es schon noch zeigen"), die Traditionswähler ("Opa hat schon XY gewählt, Papa auch, nun wähle ich sie - die anderen sind auch nicht besser" oder "ich bin Mitglied bei XY aus Überzeugung. Außerdem ist das jeder aus meiner Familie"). Und ein Teil denkt auch selbst nach und gibt seine Stimme "variabel". Dabei wird diese Gruppe scheinbar immer kleiner, denn einige werden zu Nichtwählern, andere zu Protestwählern - auch mit der Begründung "es ist doch scheißegal, was wir wählen, es ändert sich ohnehin absolut gar nichts". Und so unrecht haben sie ja auch gar nicht. Weil das Problem nunmal nicht Steuern oder Lohnnebenkosten, Kita-Kosten oder sonstwas sind. Sondern der so genannte "Kasino-Kapitalismus", der ja heute in aller Munde ist. Aber auch der ist weiter nix als die radikalste Form des Kapitalismus.

Wenn nun wie in MV 48% der Bürger schon gar nicht mehr wählen gehen, und diese 48% in der Mehrheit von jenen gestellt wird, denen es dreckig geht, dann kann ich Dir Deine Frage ganz leicht beantworten...

Mal abgesehen davon, dass die lokale Politik immer nur der globalen Wirtschaft hinterher rennen kann (siehe oben);
Wer definiert "Wohl des Volkes"?
Welche Maßstäbe legt man an die Definition an?
Das Wohl des Volkes ist das Wohl der Mehrheit und das Wohl des Einzelnen. Nun fragst Du mich nach Maßstäben und hast sicher schon im Hinterkopf die Zustände in Afrika, Südostasien oder sonstwo, wohingegen jeder Hartz-IV-Empfänger noch immer in Deutschland wie die Made im Speck lebt.

Aber das ist nur eine Momentaufnahme. Je ruhiger es wird, desto größer folgt der Sturm, das sollte man mal nicht vergessen. Lieber wäre es mir, dass es beispielsweise jeden Sonntag Demos gegen Hartz-IV und für Mindestlohn gäbe in einem Land des Überflusses. Stattdessen lässt man das Fass lieber überlaufen.

[...]
Wir haben die schwerste Wirtschaftskrise der letzten knapp 90 Jahre hinter uns, und trotzdem weniger Arbeitslose als vorher, so dass in Teilen der Industrie kaum brauchbare Kräfte zu finden sind, und da rede ich schonmal von einem Estrichleger, wovon mein Bekannter zwei sucht, aber keiner aufm Amt gemeldet ist.
Schwer zu glauben, aber irgendwas wird es schon liegen. So weit ich weiß, kann ein Fußbodenleger auch Estrich ziehen. Ein Kumpel von mir ist Fußbodenleger, legt Laminat, Parkett, Lino und Estrich für 1200 Euro netto. Dafür macht er sich die Knie und den Rücken kaputt. Für das Geld würde ich selbst es nicht tun. Aber wenn Dein Bekannter genug zahlt, schule ich sogar noch um :)

Das Problem ist doch meist, dass die Arbeitsbedingungen beschissen und der Lohn noch viel beschissener ist. Nicht zuletzt auch Dank der Zeitarbeitsfirmen. Was könnte er denn einem guten Estrichleger anbieten, damit sich jemand genötigt fühlt, aus vielleicht MV, BB oder B nach NS zu ziehen? Ich glaube keine Sekunde, dass er bundesweit niemanden finden würde für gute Konditionen.

[...]
Nur sind diese Maßstäbe gerechtfertigt, wenn man bedenkt, was wir allein durch die Wiedervereinigung aufgehuckt bekamen?
Wir waren selbst nach der Wiedervereinigung eines der reichsten Länder der Erde! Aus dem Osten kam ja nicht nur Dreck, sondern massenweise Kaufkraft (weil die Leute alles neu brauchten/wollten) und Know-How. Nur hat man das verschleudert, regelrecht verscherbelt und verschenkt. Der "Aufbau Ost" ist sowas von in die Hose gegangen. Und an welche Adresse geht wohl diese Kritik? So weit ich mich erinnere, war der Lafontaine seinerzeit der einzige, der vor den Kosten einer überstürzten Wiedervereinigung warnte. Nur wollte ihn niemand hören. Ob mir die Linkspartei, der Gysi und/oder Lafontaine persönlich sympathisch sind, spielt doch dabei keine Rolle. Aber recht haben sie.

Das beste ist, dass es theoretisch durchaus möglich ist, dass jeder Mensch in Deutschland von seinem Einkommen leben könnte ohne staatliche Zuschüsse. Allerdings nicht mit Union, SPD und schon gar nicht FDP.

Wenn man die Möglichkeit hat, mit zu gestalten, kann man wenigstens was ändern, ob es klappt, da streiten sich unsere Kristallkugeln drüber.
Verlegt man sich diese Möglichkeit, na dann richtig gute Nacht.
Genau richtig. Deswegen rege ich mich immer so dermaßen über Nichtwähler auf!
 
Der Punkt ist halt das die Leute trotz beschissener Löhne den Arsch nicht hochbekommen. Ich meine mal angenommen du bist ein Arbeiter und bekommst von deinem Chef 200€ weniger als deine Kollegen weil du nicht in der Gewerkschaft bist und daher der Tariflohn für dich nicht gilt... Was würdest du tun...
Mich 1. wundern, wie das überhaupt geht - wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, muss er das allen seinen Arbeitern zahlen, er kann ja nicht wissen, wer in der Gewerkschaft ist und wer nicht (er darf nicht mal danach fragen)
und 2. den Lohn einklagen.

Wer wagt es denn ernsthaft, einer Partei, der 25% der Bürger ihre Stimme schenken, die Daseinsberechtigung absprechen zu wollen?
Weiß ich nicht, aber damit hätte sie sehr gute Chancen auf Alleinmehrheit im Parlament.


Wenn es denn die meisten wären, denen es dreckig geht, wie kann dann eine Partei, deren Klientel tendenziell dem gut situierten Bürgertum nahe steht, die Mehrheit im Repräsentantenhaus gewinnen?
Wie kann eine Dumpinglohnpartei wie die FDP mit dem Slogan "Arbeit muss sich wieder lohnen" ein Rekordergebnis erzielen?

denn einige werden zu Nichtwählern, andere zu Protestwählern - auch mit der Begründung "es ist doch scheißegal, was wir wählen, es ändert sich ohnehin absolut gar nichts".
Wenn du hier auf der Straße Leute mit Wörtern wie "Partei" anredest, benutzen 60% auch das Fäkalienwort und weitere 30% drücken eine ähnlich liegende Unzufriedenheit aus.


Ich möchte die Frage mal andersrum stellen:
Wer von denen, die die niedrige Wahlrate beklagen, hat in diesem Jahr etwas politisches gemacht (und damit meine ich nicht nur mal was zu einer Wahl in einem Forum geschrieben), und wieviele haben jemandem versucht zum wählen oder zur Betätigung zu überreden.
 
Ich möchte die Frage mal andersrum stellen:
Wer von denen, die die niedrige Wahlrate beklagen, hat in diesem Jahr etwas politisches gemacht (und damit meine ich nicht nur mal was zu einer Wahl in einem Forum geschrieben), und wieviele haben jemandem versucht zum wählen oder zur Betätigung zu überreden.
Ich für meinen Teil rede mit vielen Leuten auch über Politik. Naturgemäß unterhalte ich mich aber nur mit den Leuten über dieses Thema, die sich ohnehin schon für Politik interessieren. Und die gehen auch alle wählen.

Alle anderen wollen damit nicht behelligt werden. Ich beschränke mich dann meist auf die Frage, warum sie nicht wählen gehen. Ist ja meist die gleiche Antwort. Und dann versuche ich den Leuten klar zu machen, dass die Frage, ob man sich für Politik interessiert oder nicht, irrelevant ist, weil sie auch bei Desinteresse von der Politik beeinflusst und gesteuert werden.

Ich lege keinen Wert darauf, mich aktiv politisch zu betätigen. Das liegt vor allem daran, dass ich noch immer eine Partei gefunden habe, der ich meine Stimme geben und am nächsten Tag noch in den Spiegel schauen konnte. Sollte sich das mal ändern, gründe ich vielleicht selbst eine, mal schauen. Auf der anderen Seite finde ich keine Partei, der ich mein Geld (in Form von Mitgliedsbeiträgen) anvertrauen möchte und auch nicht eine Partei, mit deren Programm ich so weit übereinstimmen würde, um meine Freizeit mit ihr zu verbringen.

Ich für meinen Teil halte auch nichts (mehr) von dem Argument, dass die Wahl einer Randpartei eine verschenkte Stimme ist. Denn schließlich muss jeder seinem Gewissen folgen. Und wenn das Gewissen am ehesten einer Randpartei nahe steht, nun - dann ist es wohl so.

Weißt Du, wenn diese Leute das Wort "Politik" hören, schalten sie gedanklich schon ab. Wenn Du fragst, was "Politik" eigentlich ist, sagen sie alle in etwa das Gleiche: "Verarsche", "Hohle Worte ohne Taten" und so weiter. Politiker sind "Maulhelden", "Betrüger" und so einiges mehr. Nun ist es schwer, was dagegen zu sagen, denn genau das denke ich ja auch von unseren Volksverrätern. Dass es nicht so sein muss und eigentlich auch nicht darf, ist ja eigentlich auch klar, aber niemand kann eine Garantie dafür geben, dass eine Partei, die heute eine Randpartei voller Ideale und guten Vorsätzen ist, nicht in der Regierungsverantwortung einen ganz anderen Kurs einschlägt und ebenso zu Volksverrätern werden.

Deswegen haben halt viele für sich entschieden, sich einfach nicht mehr um Politik zu kümmern. Können und wollen sich auch nicht die Namen aller Minister und die Funktion dieser Hohlköppe merken, wollen am liebsten wieder einen König. Einen gütigen König, wie bei Herr der Ringe. Dem kann man notfalls allein die Schuld geben oder ihn stolz vorzeigen. Den einen Namen und seine Funktion kann man sich auch gut merken. Und vor allem wird der Wunsch davon unterstrichen, dass bei einem König auch dieses elende tage- oder wochenlange Verhandeln und Ringen um ein Problem zwischen Regierung und Opposition aufhört, an dessen Ende meist ein Beschluss steht, der nur allen schadet und so rein gar nichts nutzt.

Ich sag es Dir ehrlich: Könnte ich so einen König wie den Aragorn bekommen, würde ich ihn nehmen. Ganz sicher. Wie ich das Glück der Deutschen aber kenne, würden wir entweder einen H****r, einen Ludwig XIV oder einen Caligula bekommen. Und weil ich unsere Volksverräter durchschnittlich für zu blöd halte, ein Loch in den Schnee zu pissen, bin ich auch ein bekennender Fan von echter, also direkter Demokratie. Aber bis dahin ist der Weg vermutlich viel weiter, als bis zum nächsten König.