News AfD-Ärger im Bundestag - Merkel kündigt Macron-Antwort an

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25 April 2006
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Folgende News wurde am 16.05.2018 um 15:31:51 Uhr veröffentlicht:
AfD-Ärger im Bundestag - Merkel kündigt Macron-Antwort an
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Berlin (dpa) - Mit einer provokanten Kritik an der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat AfD-Fraktionschefin Alice Weidel für Empörung im Bundestag gesorgt.
«Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern», sagte sie in der Aussprache über den Haushalt 2018. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble tadelte sie dafür. Weidel diskriminiere damit alle Frauen, die Kopftuch tragen, sagte der CDU-Politiker. «Dafür rufe ich Sie zur Ordnung.»
Aus dem Plenum waren nach Weidels Äußerung Buh- und Pfui-Rufe zu hören. Es war das erste Mal, dass die AfD als größte Oppositionspartei eine Generaldebatte im Bundestag eröffnen durfte. Die Generalaussprache ist traditionell der Höhepunkt der Haushaltsberatungen - Regierung und Opposition nutzen die Aussprache über den Kanzleretat stets für einen Schlagabtausch.
Merkel ging nicht auf Weidel ein. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) betonte dagegen: Das habe «null» mit einem christlichen Menschenbild zu tun. «Was Sie heute gemacht haben, ist das glatte Gegenteil davon. Dafür sollen Sie sich schämen.» Der Grünen-Politiker Cem Özdemir meinte zu Weidel: «Es sitzen Rassisten im Bundestag».
Der Haushaltsentwurf sieht Ausgaben von 341 Milliarden Euro vor. Die große Koalition von Union und SPD will mindestens 46 Milliarden Euro bis 2021 investieren, etwa in Bildung, Wohnungsbau und schnelleres Internet. Die Bürger sollen zudem entlastet werden, etwa durch ein Abschmelzen des Solidaritätsbeitrags, geringere Krankenkassen- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge und eine Kindergeldaufstockung. Bis Anfang Juli soll der Bundestag das Zahlenwerk beschließen.
Die wichtigsten Erkenntnisse und Streitpunkte der Bundestagsdebatte:
EUROPA-REFORM: Merkel kündigte angesichts der Krisen in der Welt und der Probleme im Verhältnis zu den USA ein engeres Zusammenrücken in Europa an. Dafür soll es bis Ende Juni eine deutsche Antwort auf die Reformvorschläge von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron geben. Merkel gab sich sicher, dass der Streit über die EU-Reformen bis zum nächsten Gipfel, dem Europäischen Rat, gelöst werden kann: «Wir werden bis zum Juni-Rat darüber auch Einvernehmen erzielen.»
Macron hatte jüngst Deutschland einen zu strikten Sparkurs und «Fetischismus» für Budget- und Handelsüberschüsse vorgeworfen. Merkel sagte mit Blick auf Deutschland: «Der Finanzminister ist großzügig, aber irgendwie gelten auch für ihn die Grundrechenarten.» Die EU-Kommission hat Mehrbelastungen von elf bis zwölf Milliarden Euro für Deutschland veranschlagt, auch wegen des EU-Austritts Großbritanniens, das als Zahler ausfällt. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nennt eine Summe von etwa zehn Milliarden Euro.
VERTEIDIGUNGS-STREIT: Merkel will mehr Geld, SPD-Minister Scholz tritt auf die Bremse. «Es geht nicht um Aufrüstung, sondern ganz einfach um Ausrüstung», betonte Merkel. Für 2018 sind bislang 38,5 Milliarden Euro an Verteidigungsausgaben vorgesehen, für das kommende Jahr 41,5 Milliarden Euro. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) möchte, dass ihr Etat mittelfristig auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigt - rund 60 Milliarden Euro jährlich.
FALSCHE AKZENTE? Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt vermisst einen Plan gegen steigende Mieten und Klimawandel. Die Fraktionsspitzen von Union und SPD hätten sich jüngst auf dem schmelzenden Gletscher der Zugspitze getroffen und «nicht einmal den Hintern in der Hose, mit einem einzigen Beschluss zu mehr Klimaschutz da wieder runterzufahren». Die Linke vermisst ein Schließen der Steuerschlupflöcher und geißelt eine soziale Schieflage. AfD-Fraktionschefin Weidel forderte eine stärkere Entlastung der Bürger, statt das Geld «mit vollen Händen zum Fenster rausschmeißen».
KAMELLE: FDP-Chef Christian Lindner warf Merkel Führungsschwäche vor, weil nichts gelöst werde. «Führen Sie dieses Land», appellierte er an die Kanzlerin. Im Koalitionsvertrag seien Mehrausgaben von 100 Milliarden Euro vereinbart worden, um die Zustimmung der Wähler zu kaufen. Mit einer solchen «Kamelle-Politik» könne man im rheinischen Karneval beliebt werden, aber nicht die größte Volkswirtschaft Europas führen. Notwendig seien Steuerentlastungen und die Senkung der Sozialabgaben.
MEHR ENTLASTUNG? Wegen weiter sprudelnder Steuereinnahmen sollen untere und mittlere Einkommen immerhin um einige Euro pro Monat zusätzlich bei der sogenannten kalten Progression entlastet werden. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat nun zusätzlich eine Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge um 0,5 Prozentpunkte gefordert. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Senkung um 0,3 Punkte auf 2,7 Prozent des Bruttolohns verständigt. «Wir können an dieser Stelle mehr machen», forderte Dobrindt.
KOALITIONS-KNATSCH: SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles hat die Union gewarnt, das geplante Rückkehrrecht für Beschäftigte zu blockieren, die von Teilzeit- wieder auf Vollzeitstellen wechseln wollen. «Wir haben auf Seite der SPD keinen Redebedarf mehr, sondern nur noch Umsetzungsbedarf». Wenn Beschäftigte in Betrieben mit mindestens 45 Arbeitnehmern arbeiten, sollen sie Anspruch auf eine befristete Teilzeitphase bekommen. Nahles warf Dobrindt mit seinem Wettern gegen eine «Anti-Abschiebe-Industrie» vor, dem Land zu schaden. SPD-intern hatte es zuvor Unmut über den bisher zahmen Kurs von Nahles gegeben.
IRAN: Den Ausstieg der USA aus dem Iran-Abkommen kritisierte Merkel deutlich, betonte aber die Bedeutung der Einbindung Deutschlands in die Nato und in die Europäische Union. «Ein Land alleine kann mit Sicherheit Sicherheit nicht garantieren.» Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht lobte Merkel für ihre Kritik an US-Präsident Donald Trump. «Wir haben schon lange eine eigenständige und selbstbewusste europäische Außenpolitik gefordert. Und wir sind froh, dass wir mit dieser Politik heute nicht mehr alleine stehen».