Volksbegehren/Volksentscheid

... Denn in Deutschland ist mir bis auf den Petitionsausschuss (e-petitionen.bundestag.de) keine Möglichkeit bekannt offiziell etwas zu unternehmen.

- Wählen gehen
- Mit dem Abgeordneten des Wahlkreises sprechen
- Partei gründen, aktiv werden
- in bestehende Partei eintreten
- Gemeinderat
...

gruss kelle!
 
[...] Konkret:
Steigerung der Gewerbesteuer und Senkung der Einkommenssteuer -> das Volk feiert
Senkung der Gewerbesteuer und Steigerung der Einkommenssteuer -> das Volk buht
Ja, da ist sicher Aufklärungsarbeit nötig. Das können aber auch die Betriebe übernehmen, spart dem Staat im Zweifel Millionen.

[...]
Zum einen stören mich da erstmal die Rentner.
Mit ca. 20 Mio. haben die ne relativ große Macht, wie Kohl anno dazumal eindrucksvoll unter Beweis stellte. Die sind quasi unberechenbar.
Dazu 4 Mio Arbeitslose.
2 Mio Studenten.
Ziehen wir davon 10% Ausländeranteil ab, sind wir bei 23,5 Mio Stimmen die nicht betrieblich beeinflussbar bleiben.
Nun hat jeder Mitarbeiter auch eine Familie. Die Rentner, Studenten und Arbeitslosen kommen ja nicht aus Erdlöchern gekrochen. Am abendlichen Esstisch werden sie vielleicht das Thema auch mal zur Sprache bringen und auch aus der Familie das Pro und Contra zu hören bekommen.

Wollen wir auch mal die Rentner nicht ganz beiseite schieben. Die allermeisten haben ein Leben lang in und für dieses Land gearbeitet, Steuern und Rentenbeiträge eingezahlt. Jetzt, wo sie nicht mehr können, sind sie aber noch lange nicht unmündig. Studenten arbeiten nicht selten nach ihrem Studium in Deutschland und sind (hoffentlich) unsere zukünftige intellektuelle Elite. Man darf ja auch nicht vergessen, dass über kurz oder lang Deutschland nur noch auf dem Gebiet der Forschung, Entwicklung und Innovation punkten kann. Bleiben die Arbeitslosen. Die meisten von denen warten förmlich darauf, endlich wieder einen Job zu bekommen. Wenn sie wieder einen Job haben, wechseln sie viel schneller ihre "Gruppenmitgliedschaft" als ein Student oder Rentner. Obgleich alle nicht "betrieblich beeinflussbar" sind, haben sie doch die Möglichkeit der Meinungsbildung. Renter und Arbeitslose wahrscheinlich noch viel mehr, denn sie haben die Zeit, das Pro und Contra genau abzuwägen.

Und wenn Du sagst, dass jetzt schon kaum politisches Interesse vorhanden ist, dann sage ich nur, dass sich das nicht zum Negativen ändern wird durch Volksentscheide. Eher zum Positiven oder es ändert sich gar nix. Aber wenigstens wäre das größte Argument für "Politikverdrossenheit" schlagartig hinfällig: "Die machen sowieso was sie wollen, uns fragt man nie! Die wissen doch gar nicht, was das Volk will..."

Dazu noch die Kleinbetriebe des täglichen Bedarfs. Bäcker Lehman mit drei Angestellten ist doch egal, was aus der EU wird. sein Dorf braucht pro Tag immer noch X Brötchen und Y Brote.
Wenn dem so ist, dann geht Bäcker Lehmann halt nicht zur Wahl. Vielleicht war Bäcker Lehmann noch nie wählen oder wählt das, was Opa und Papa wählt. Bei einer Volksabstimmung gibt es jedoch keine "Traditionswahl" und keine Stammparteien.

Und dann wirds ja noch ganz komisch.
Wenn dann eine Firma ein Rundschreiben an die Mitarbeiter schickt, wo in etwa drinsteht:
"Abhängig von der Volksabstimmung über Pieselpampe wird die jährliche Bonusausschüttung ausfallen."
Alles klar?
Nun wollen wir den Firmen doch wenigstens etwas Führungsgeschick zutrauen. Aber selbst wenn eine unbedarfte Vorzimmerdame so ein Rundschreiben in der Firma heraus gibt - was soll's? Dass eine Firma ihre Mitarbeiter in ihrem Sinne beeinflusst, ist doch schon heute so und gewollt. Wenn eine Firma eine Abstimmung zum Anlass nehmen kann, eine Bonusauszahlung ausfallen zu lassen, dann wird die Chefetage auch notfalls schlau genug sein, einen anderen (politischen) Grund an den Haaren herbei zu ziehen, um sich um die Zahlung zu drücken. Ich sehe darin keinerlei Veränderungen zum heutigen Stand.

NOBODY schrieb:
Den "bürokratischen Aufwand" könntest Du aber ganz leicht dadurch umgehen, in dem Du Volksentscheide einfach mit der Bundestagswahl zusammenlegst. Alle vier Jahre über die wichtigsten Entscheidungen abstimmen lassen, das würde doch genügen, oder?
Also der bürokratische Aufwand würde nicht unbedingt weniger werden. Vielleicht mit Ausnahme dessen, dass die Wahlhelfer nur ein Mal weniger zum Lokal müssen. Ausgezählt müssen die Stimmen so oder so werden.

Außerdem würde es mich nicht sonderlich befriedigen, wenn es nur alle 4 Jahre wäre. Alle 2 Jahre wäre ok, maximal ein Mal jährlich. Von mir aus zu einem festen Termin - 3. Oktober beispielsweise. Dann hat wenigstens der Tag auch einen Hauch von Bedeutung und ist nicht nur einer von vielen Feiertagen in Bayern :)

Gruß,
Photon
 
- Wählen gehen
- Mit dem Abgeordneten des Wahlkreises sprechen
- Partei gründen, aktiv werden
- in bestehende Partei eintreten
- Gemeinderat
...

gruss kelle!

Mit dem Wahlkreisabgeordneten reden bringt meist recht wenig, entweder er ist meiner Meinung oder er ist es nicht. Wenn er meiner Meinung ist, dann kann es sein das er zwar eigentlich "frei ist" was Abstimmungen betrifft, aber sich doch aus Angst an die Partei hält.

Partei gründen ist in Deutschland ein sehr aufwendiges Verfahren (mag zwar berechtigt sein und hatte ich vor Jahren auch mal mit paar Leuten vor) und erfordert einiges an Kapital

Parteieintritt, würde für mich persönlich nur auf kommunaler Ebene etwas bringen, denn die Parteibasis ist meist eh nix wert und wird nur mit Füßen getreten

Gemeinderat, es ging um die bundesweite Ebene und eine Tätigkeit im Gemeinderat kostet Zeit.

Kandidatur für Bundestag als freier Abgeordneter, kostet auch Geld und man muss Zeit/Lust dazu haben.

Wählen gehen bringt sicher etwas und sollte jeder, hier könnte man nun wieder wie in anderen Threads über eine Wahlpflicht streiten, wäre aber zu sehr OffTopic.
 
Naja, - mir erscheint es eher so, als würde die Regierung es vorziehen, irrelevante Reizthemen über die in Deutschland gleichgeschalteten Medien unter das "normale Volk" zu streuen, um eher von den wirklichen Mißständen bundesdeutscher Politik abzulenken.. Mangergehälter im Konsens mit HartzIV-Debatte und Mindestlohn ist ein klassisches Beispiel dafür, wie man Themen verknüpft um das "Neidgefühl" schön zu puschen - das "Bild-Volk" sieht in diesem Moment nichtmehr, wie die ehemals deutsche Demokratie durch scheibchenweise Beschneidung der Freiheitsrechte in Richtung "Demokratur" verschoben wird.

Mittlerweile scheint mir, durch das jahzehntelangelange Ausblenden einer aktiven politischen Beteiligung des Volkes, die "kollektive Intelligenz" der Bevölkerung so weit heruntergefahren, dass sich selbst solche Leute wie Pofalla,Koch,Merkel etc. zu den geistigen Eliten zählen dürfen... ;)

Zusammengefasst sähen die letzen 25 Jahre Politik der BRD inetwa so aus:

Kohl führte dieses Land - behäbig zwar - an den Abgrund, Schröder ließ uns kurz innehalten und hinunterschauen... die GROKO unter Merkel *brr schüttel*
wird dieses Land den entscheidenden Schritt nach vorne bringen... :mrgreen:
 
Wollen wir auch mal die Rentner nicht ganz beiseite schieben. Die allermeisten haben ein Leben lang in und für dieses Land gearbeitet, Steuern und Rentenbeiträge eingezahlt. Jetzt, wo sie nicht mehr können, sind sie aber noch lange nicht unmündig.

Ich will hier um Himmels Willen keine Rentner entmündigen oder aufs Abstellgleis schieben.

Aber frag mal meine Oma, was Ihr ältester Enkel macht.
Meine Oma hat Ihr Leben lang bei der Bahn gearbeitet, ist geistig topfit und Mitte 70.
Als Antwort wirst Du kriegen "Irgendwas mit Computern."
Würde ich da anfangen, Ihr etwas von Softwareentwicklung, Konfigurationsmanagement, Versionierungssysteme, Fehlermanagement ... zu erzählen, wäre der Ofen aus.

Es gibt halt einfach Entwicklungen, die bevorzugt an Rentnern vorbeigehen, weil es Ihnen an Mobilität fehlt, an breitgefächerten Kommunikationspartnern, weil prinzipielle Grundlagen im Wissen fehlen.

Wird uns sicherlich auch so gehen, weil es in der Natur der Sache liegt.

Und in dieser direkten Stimmmacht, deren Anteil ja stetig wächst, sehe ich einfach Gefahren.

Eher zum Positiven oder es ändert sich gar nix. Aber wenigstens wäre das größte Argument für "Politikverdrossenheit" schlagartig hinfällig: "Die machen sowieso was sie wollen, uns fragt man nie! Die wissen doch gar nicht, was das Volk will..."

Schwer.
Mir fiel da gerade ganz unabhängiges ein...
Gesetze müssen ja vorbereitet werden.
Diese Arbeit wird vermutlich immer noch in der Hand der Politik liegen.

Dann macht man ein Volksbegehren über die Anhebung des Hartz IV Maximalsatzes auf 400 €. Wird angenommen, nun muss das Gesetz her, worüber entschieden werden muss.
Uns gut Peer gibt Auftrag an seinen Rechenknecht.
Kostet wie viel?
Betrag X.
Gegenfinanzierung?
Steuererhöhung Steuer A um n%.

Was kriegt das Volk schlussendlich vorgelegt:
Ne Entscheidung mehr Geld für Hartzer, weniger für Arbeiter.
Meinst Du, das Volk würde dann die Meinung ändern?
Selbst wenn man den Rechenweg mit Endergebnis in den Entscheid mit reinpackt, der Bürger würde von Verarschung reden.

Bei einer Volksabstimmung gibt es jedoch keine "Traditionswahl" und keine Stammparteien.

Womit wir bei der Berechenbarkeit einer Umgebung sind.
Kreisverkehr - Du erinnerst Dich?
Mit dem Instrument der (breiten) Volksabstimmung begibt man sich u.U. in einen Zustand, wo es für Unternehmen absolut zu gefährlich wird, hier eine 25 Jahres Investition zu tätigen.

gruss kelle!
 
Es gibt halt einfach Entwicklungen, die bevorzugt an Rentnern vorbeigehen, weil es Ihnen an Mobilität fehlt, an breitgefächerten Kommunikationspartnern, weil prinzipielle Grundlagen im Wissen fehlen.

Dadurch das es aber immer mehr Rentner gibt und die Menschheit immer länger lebt, wird diese Gruppe immer größer und hat sicher auch Anliegen die ein junger Mensch nicht wahrnimmt.
 
Dadurch das es aber immer mehr Rentner gibt und die Menschheit immer länger lebt, wird diese Gruppe immer größer und hat sicher auch Anliegen die ein junger Mensch nicht wahrnimmt.

Zweifelsohne.
Das wird zwischen allen Gruppen so sein.

Nur wonach soll denn Politik/Gesetze gemacht werden?

Nach der Meinung/Interesse der größten Splittergruppe, oder unter Abwägung verschiedener Einflussfaktoren als Kompromiss der alle Gruppeninteressen einschließt?

gruss kelle!
 
[...] Aber frag mal meine Oma, was Ihr ältester Enkel macht. Meine Oma hat Ihr Leben lang bei der Bahn gearbeitet, ist geistig topfit und Mitte 70. Als Antwort wirst Du kriegen "Irgendwas mit Computern."
Ok, nun setze Deine Oma vor den Fernseher zum Zeitpunkt einer aktuellen Bundestagsdebatte. Lass' sie die Debatte anschauen, rüttle sie ab und an wach und frage sie danach, was dort besprochen und letztlich vielleicht abgestimmt wurde. Das, was schon die meisten der zwischen 18 und 48-jährigen nicht mehr verstehen (wollen), soll ein älterer Mensch verstehen? Und ein älterer Mensch soll nun entscheiden, was er wählen soll? Also wenn dieses Beispiel repräsentativ sein sollte, dann gewinnt die nächste Wahl wahrscheinlich die Dame mit dem kürzesten Rock oder der Mann mit dem markantesten Kinn...

[...] Dann macht man ein Volksbegehren über die Anhebung des Hartz IV Maximalsatzes auf 400 €. Wird angenommen, nun muss das Gesetz her, worüber entschieden werden muss.
[...]
Was kriegt das Volk schlussendlich vorgelegt:
Ne Entscheidung mehr Geld für Hartzer, weniger für Arbeiter.
Meinst Du, das Volk würde dann die Meinung ändern?
Selbst wenn man den Rechenweg mit Endergebnis in den Entscheid mit reinpackt, der Bürger würde von Verarschung reden.
Das sind ja auch Dinge, die keiner Volksabstimmung bedürfen. Aber wie wäre es gewesen, wenn man generell über die Reform der Sozialhilfe / Arbeitslosenhilfe abgestimmt hätte? Man hätte ja nicht schreiben müssen, dass der korrupte Peter Hartz am meisten daran verdient. Man hätte gut und gerne gegenrechnen können und ein beidseitig bedrucktes A4-Blatt für jedes der beiden Positionen (pro / Contra) zusammenstellen können.

Die Politiker hätten ihrerseits die Aufgabe, die wichtigsten Eckpunkte kurz und prägnant zu formulieren. Eine Fraktion ist für das Pro zuständig, eine für das Contra. Je mehr Fremdworte, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, die breite Masse zu erreichen. Je mehr Schachtelsätze, desto unwahrscheinlicher, Stimmen zu fangen. Politik wird so verständlich für Jedermann. Und wie gesagt: Ich will keine Abstimmung über Pieselpampe - ob nun der Hartz IV-Satz von 345 Euro auf 347 angehoben wird, muss nun wirklich nicht vom Volk entschieden werden.

[...]Womit wir bei der Berechenbarkeit einer Umgebung sind.
Kreisverkehr - Du erinnerst Dich?
Mit dem Instrument der (breiten) Volksabstimmung begibt man sich u.U. in einen Zustand, wo es für Unternehmen absolut zu gefährlich wird, hier eine 25 Jahres Investition zu tätigen.
Ja, aber auch hier gilt: Nicht jede politische Entscheidung hat weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen. Wenn es um derartige Entscheidungen geht, wird es sicher Möglichkeiten und Lösungen geben. Und bei diesem Punkt kann man sich sehr wohl an der Schweiz orientieren. Der geht es nämlich wirtschaftlich alles andere als schlecht. Vor allem ist die Neutralität der Schweiz, die sie sich trotz aller Entwicklungen auf der Welt stets bewahrt hat, ein absoluter Magnet für Investoren. Obgleich das eigentlich ein enormer Unsicherheitsfaktor sein müßte, aber in der Praxis sieht es ganz anders aus. Ich würde folglich Deutschlands Mitgliedschaft in der NATO und der EU als viel problematischer einschätzen. Wer weiß, wozu Deutschland aufgrund dessen alles gezwungen werden kann...

Gruß,
Photon
 
Oder auch nicht. Volksentscheide würden viel stärkeren Wahlkampf mit sich führen.

Was wiederum Aufklärungsarbeit bedeutet => Das Volk bekommt Informationen über aktuelles Politikgeschehen.

Größere Wahlbeteiligung wäre schon mal ein Anfang... :p

Ich denke, dass viele Bürger aufgrund dem Gefühl, dass sie sich ausgeschlossen fühlen vom System( "Alle 4 Jahre Kreuzchen machen um darauf verarscht zu werden...") nicht wählen gehen. Da könnte die Möglichkeit eines Volksentscheides durchaus entgegenwirken.
Außerdem wählt man beim Buta zumindest eigentlich nur Parteien(und Direktmandaten, die aber eh nur CDU/Spd sein können...), was macht nun ein Wähler, der zu 70% mit einer Partei übereinstimmt? Durch einen Volksentscheid könnte er auch zeigen, dass ihn etwas an der Partei stört und dass er nicht zu 100% hinter dieser steht.


Partei gründen ist in Deutschland ein sehr aufwendiges Verfahren (mag zwar berechtigt sein und hatte ich vor Jahren auch mal mit paar Leuten vor) und erfordert einiges an Kapital

Mal abgesehen von der 5% Hürde, bei einem Volksentscheid bräuchte man ja nur die Überzeugung des Volkes für ein Thema, nicht für das ganze Wahlprogramm...

Parteieintritt, würde für mich persönlich nur auf kommunaler Ebene etwas bringen, denn die Parteibasis ist meist eh nix wert und wird nur mit Füßen getreten

Als Parteimitglied kann ich dir sagen, dass es nicht so ist, man kann sich auf kommunaler Ebene ja für Landes-/Bundesdelegiertenkonferenzen deligieren und somit am Landes-/Bundesgeschehen der Partei als Basismitglied teilnehmen.

Allgemein denke ich, dass durch ein gewisses Quorum irrelevante Fragestellungen von Anfang an abgewiesen werden würden...
 
Die Politiker hätten ihrerseits die Aufgabe, die wichtigsten Eckpunkte kurz und prägnant zu formulieren. Eine Fraktion ist für das Pro zuständig, eine für das Contra. Je mehr Fremdworte, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, die breite Masse zu erreichen. Je mehr Schachtelsätze, desto unwahrscheinlicher, Stimmen zu fangen. Politik wird so verständlich für Jedermann.

Um mal ein Zitat eines Kollegen zu modifizieren...
Politik ist nicht bildungsfrei.

Sicherlich dürfen sich Politiker nicht in juristischen Winkelzügen verlieren.
Aber die andere Variante, die von den Flügelparteien bevorzugt wird, ist mir ein bissl arg flach.

Politik ist halt nicht ganz so trivial wie es manche sich wünschen/denken.
So als Beispiel:
In den Staaten gibt es ne Finanzkrise, in Sachsen wird daraufhin am Stuhl des Ministerpräsidenten gesägt.

Alternativ: Der Ami zieht in den Krieg, der Dollar sinkt und unsere Exporte stehen etwas ungeplant seltsam da.

Kriegt man die Komplexitäten die durch unseren Status als Weltwirtschaftsmacht Nr. 3 und die Globalisierung kommen, so trivial dargestellt, dass sie auf nen Bierdeckel passen?

Ja, aber auch hier gilt: Nicht jede politische Entscheidung hat weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen.

Sicherlich nicht.
Aber bei der derzeitig herrschenden (populistischen) Meinung würde die Industrie mächtig eins auf ihre imaginäre Nase bekommen.

Und bei diesem Punkt kann man sich sehr wohl an der Schweiz orientieren. Der geht es nämlich wirtschaftlich alles andere als schlecht. Vor allem ist die Neutralität der Schweiz, die sie sich trotz aller Entwicklungen auf der Welt stets bewahrt hat, ein absoluter Magnet für Investoren.

Die Eidgenossen sollen es mir nicht übel nehmen, aber was außer Banken, Tourismus und traditionelle Landwirtschaft gibt es denn in der Schweiz?

"Der tertiäre Sektor zählt bei weitem die meisten Erwerbstätigen (72%). Dominant sind der Handel, das Gesundheits- und Bildungswesen sowie das Banken- und das Versicherungswesen.

Seit etwa 150 Jahren ist auch der Fremdenverkehr ein Wirtschaftszweig in der Schweiz, begünstigt durch die Alpen, die Schönheit des Landes und die zentrale Lage in Europa."

Wer weiß, wozu Deutschland aufgrund dessen alles gezwungen werden kann...

Naja, bei der NATO ist nur der V Fall interessant.
Bei der EU kann man ganz entspannt sein, da, mit sehr wenigen Ausnahmen, die Regelungen für alle EU Länder gelten.

Was mich bei der ganzen Sache noch generell abschreckt:
Es werden gesunkene Arbeitslosenzahlen präsentiert, Gewinne der AA, sinkende Arbeitslosenversicherungsbeiträge, Positivrekord bei den sozialversicherungspflichtigen Jobs, unerwartet hohe Steuereinnahmen.
Und das normale Volk wirft der Politik umgehend Fälschung der Statistiken und Schönrednerei vor.
Werden nach Jahren des Nullwachstums 2,6 % Wirtschaftswachstum präsentiert, gibt es sofort den Vorwurf, dass es nicht 5 % waren...

Bei so einem Klima frage ich mich echt, ob man Volksabstimmungen zulassen sollte, weil dann die Politik erst recht populistisch und jenseits jeglicher Realität laufen würde.

gruss kelle!
 
[...] Kriegt man die Komplexitäten die durch unseren Status als Weltwirtschaftsmacht Nr. 3 und die Globalisierung kommen, so trivial dargestellt, dass sie auf nen Bierdeckel passen?
Vielleicht. Hat aber noch niemand versucht. Die Politik zieht es vor, sich in gegenseitigen Vorwürfen und Wortspielerein zu verlieren, statt auch dem Bürger die Notwendigkeit oder Unsinnigkeit eines Vorhabens zu erklären. Man muss nicht Einblicke in komplexe Wirtschaftsstrukturen haben oder gar BWL'er sein, um eine für sich persönlich sinnvolle Entscheidung zu treffen. Zumal die Beachtung der komplexen Strukturen erst dann an Bedeutung gewinnt, wenn es an die Realisierung geht (gehen sollte).

[...] Die Eidgenossen sollen es mir nicht übel nehmen, aber was außer Banken, Tourismus und traditionelle Landwirtschaft gibt es denn in der Schweiz?
Na zumindest haben sie so gut wie keine Arbeitslosigkeit. Nebenbei eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen. Ich denke, dass ist das, was zählt.

[...]
Was mich bei der ganzen Sache noch generell abschreckt:
Es werden gesunkene Arbeitslosenzahlen präsentiert, Gewinne der AA, sinkende Arbeitslosenversicherungsbeiträge, Positivrekord bei den sozialversicherungspflichtigen Jobs, unerwartet hohe Steuereinnahmen.
Und das normale Volk wirft der Politik umgehend Fälschung der Statistiken und Schönrednerei vor.
Nicht ganz grundlos. Denn es gibt (wie bei jeder Medaillie) die Kehrseite. 1-Euro-Jobber fallen nicht mehr in die Statistik, ebenso keine Umschüler und Weiterbildler. Die sind aber de facto nur temporär aus der Statistik genommen und bekommen trotzdem staatliche Zuwendungen. Folglich: Arbeitslosenzahl sinkt, Ausgaben bleiben etwa gleich. Augenwischerei. Ebenso die Gewinne der Arbeitsämter. Meist wird nur die Kasse gewechselt, aus der der Arbeitslose bezahlt wird. Trotzdem ist keine individuelle Verbesserung erkennbar. Worauf die hohen Steuereinnahmen zurückzuführen sind, weiß ich nicht, habe mich bislang damit noch nicht beschäftigt.

Dieses Wissen und das Wissen, dass im engeren und weiteren Freundeskreis keine oder nur kaum spürbare Veränderungen erfolgten, veranlasst die Menschen dazu zu glauben, dass die Statistiken zumindest geschönt sind.

In meinem Freundeskreis ein ähnliches Bild. Da ist jemand Parkettleger. Hat früher auf Akkord gearbeitet bis seine Firma peite ging. Er hat stets zwischen 3000 und 5000 DM brutto verdient. Er war dann 5 Jahre arbeitslos und ist vor 6 Monaten endlich wieder in Arbeit gekommen. Für sage und schreibe 7,80 Euro/Stunde, kein Akkord. Unter dem Strich hat er also knapp 100 Euro mehr als ALG II. Er findet sich nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik wieder, kann und möchte allerdings auch nicht von "Aufschwung" sprechen. Verständlich. Zumal seine polnischen Kollegen noch weniger verdienen...

[...]Werden nach Jahren des Nullwachstums 2,6 % Wirtschaftswachstum präsentiert, gibt es sofort den Vorwurf, dass es nicht 5 % waren...
Von den Wirtschafts"weisen", ja. Aber doch nicht aus dem Volk.

Bei so einem Klima frage ich mich echt, ob man Volksabstimmungen zulassen sollte, weil dann die Politik erst recht populistisch und jenseits jeglicher Realität laufen würde.
Ich verstehe Deine Bedenken durchaus. Aber wie gesagt: Man muss das Volk ja nicht wegen jedem Futzelchen befragen. Dennoch gibt es Belange, die jeden betreffen. Und da finde ich Abstimmungen sinnvoll, mehr noch - notwendig.

Gruß,
Photon
 
Na zumindest haben sie so gut wie keine Arbeitslosigkeit. Nebenbei eines der Länder mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen. Ich denke, dass ist das, was zählt.

Ist nur die Frage, ob das allein an Plebisziten liegt, oder eher an Fakten wie keine Ausschreitungen in verlängerter Folge mieser Kolonialpolitik a la Frankreich, oder die Folgen zweier interkontinentaler Kriege, aus denen sich die Schweiz einfach rausgehalten hat?

Nicht ganz grundlos. Denn es gibt (wie bei jeder Medaillie) die Kehrseite. 1-Euro-Jobber fallen nicht mehr in die Statistik, ebenso keine Umschüler und Weiterbildler. Die sind aber de facto nur temporär aus der Statistik genommen und bekommen trotzdem staatliche Zuwendungen. Folglich: Arbeitslosenzahl sinkt, Ausgaben bleiben etwa gleich. Augenwischerei.

Du hast da einen Haken übersehen.
Die Zählweise ist seit ewig und drei Tagen konstant.

Ebenso die Gewinne der Arbeitsämter. Meist wird nur die Kasse gewechselt, aus der der Arbeitslose bezahlt wird.

Dann müssten ja jetzt die Kommunen über mörderische Ausgabenlasten klagen.
Bzw. ungeplante. Macht aber irgendwie keine.

Trotzdem ist keine individuelle Verbesserung erkennbar.

Worauf die hohen Steuereinnahmen zurückzuführen sind, weiß ich nicht, habe mich bislang damit noch nicht beschäftigt.

Mehr sozailversicherungspflichtige Arbeitnehmer -> Mehr Einkommenssteuer...

Er findet sich nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik wieder, kann und möchte allerdings auch nicht von "Aufschwung" sprechen.

Wenn er es nicht als Fortschritt empfindet, nach fünf Jahren verordneter Nichts-Tuerei wieder einen geregelten Job zu haben, dann find ich das erstmal seltsam.
Das in Berlin das normale Handwerk nicht mehr auf dem goldenen Boden steht wie früher, ist nun auch nicht unbedingt ein Geheimnis.

Das Löhne seltsame Fahrstuhlbewegungen in beide Richtungen in den letzte 5/8 Jahren durchhaben, ist auch nix neues.

Wie Du selbst sagst, in Zukunft müssen wir mit Forschung und Entwicklung punkten. Das sind somit die Bereiche wo das Geld offen auf der Straße rumliegt.

Nur fände es Dein parkett-legender Kumpel sicher etwas unromantisch von Dir, wenn Du sagst "Nimm Dir nen Beispiel an Kelle, der ist bei F&E und bekommt mehr als Du jemals hattest."

Vielleicht sollten wir zur Steigerung der Motivation mal die Zahlen der Erwerbstätigen nennen, anstatt über die Zahl der Erwerbslosen zu debattieren.

Aber doch nicht aus dem Volk.

Unterschreiben würde ich das nicht ;-)

Vor kurzem gabs da ne News, wo Glos ein paar Fakten vorgestellt hat, die sich im Vergleich mit dem Vorjahr verbessert haben.
Genau da kamen dann so Anmerkungen...

Dennoch gibt es Belange, die jeden betreffen. Und da finde ich Abstimmungen sinnvoll, mehr noch - notwendig.

Hast Du da mal ne Liste? ;-)

gruss kelle!
 
Ist nur die Frage, ob das allein an Plebisziten liegt, oder eher an Fakten wie keine Ausschreitungen in verlängerter Folge mieser Kolonialpolitik a la Frankreich, oder die Folgen zweier interkontinentaler Kriege, aus denen sich die Schweiz einfach rausgehalten hat?
Ja, dann sollten wir uns mal ein Beispiel daran nehmen ;)

[...] Wenn er es nicht als Fortschritt empfindet, nach fünf Jahren verordneter Nichts-Tuerei wieder einen geregelten Job zu haben, dann find ich das erstmal seltsam.
Individuell betrachtet nein. Sehe ich auch nicht so. Wir wollen mal nicht vergessen, dass Parkettleger ein körperlich schwerer Job ist. Das ist nunmal nicht das Gleiche wie ein Job im Büro. Er wird sich mit 67 sicherlich nicht mehr ohne Probleme allein die Schuhe anziehen können, weil die Knie schlicht im Arsch sind (fast buchstäblich *fg*). Und mit diesem Lohn sind Zusatzversicherungen definitiv ausgeschlossen. Die Wahrscheinlichkeit, nochmal einen anständig bezahlten Job zu bekommen, geht in seiner Branche schon fast gegen Null. Jetzt geht er zwar arbeiten und schaut sich nicht mehr Vera am Mittag an. Aber er kommt trotzdem zu nichts. Nur das Gefühl, der Gemeinschaft nicht mehr auf der Tasche zu liegen. Bin mir nicht sicher, ob mir persönlich das Gefühl 8 Stunden täglicher schwerer Arbeit wert wäre.

Gut, ich habe das Glück, einen Job zu haben, der mir Spaß macht. Und auch wenn ich nur 100 Euro mehr als Hartz IV verdienen würde, würde ich es machen, weil es mir Spaß macht. Aber ich mache mich auch nicht tot und mein Körper ist mit 67 kein Klumpen...

An der Stelle kommen wir mal wieder zum Thema zurück und verknüpfen es "geschickt" mit einem anderen: Volksentscheid zum Thema Mindestlohn je Branche in Deutschland?

Gruß,
Photon
 
Inklusive Maximalgehälter für Manager, keine Unternehmenssteuerreform etc.

Armes Deutschland.

Bei der derzeitigen Anti-Unternehmenshatz wird nämlich vergessen, dass es einzig und allein Unternehmen sind, die uns Arbeit geben können, die uns unseren Lebensstandard sichert.

Wir können ja mal die ganzen großen AGs zum Teufel jagen, was bei ner Volksabstimmung sicherlich der Fall wäre, und uns dann mit Hacke und Spaten auf dem Feld treffen, weil Kartoffeln kaufen mit keinem Geld geht schlecht.

gruss kelle!


Ja, Verzeihung, kelle, aber mach bitte mal die Augen auf! WER hat es denn selbst in der Hand? Es ist doch die Wirtschaft selbst, die quasi alles selbst regeln könnte - nimm nur mal diese utopischen Managergehälter. Hätten die Unternehmen diese erst gar nicht gewährt, hätte es doch überhaupt keinen solchen Aufschrei gegeben. Es ist doch gerade die Wirtschaft, die diese mehr als utopischen Gehälter ausgereizt haben. Und wenn sie sich nicht selbst regeln möchten / können, dann muss eben der Gesetzgeber ran, wie in allen anderen Bereich auch...

Die Wirtschaft hat doch längst viel zu viel Macht an sich gerissen - es vergeht doch keinen Monat, wo nicht irgendetwas aus dieser Richtig gefordert wird. Egal ob Abschaffung / Verlegung von Feiertagen, weitere Senkungen bei Gewerbe- bzw. Unternehmensbesteuerungen oder einen lockeren Kündigungsschutz. Man könnte ja wirklich über vieles reden, wenn die Wirtschaft auch mal etwas "dafür bringen" würde, aber da kommt und kam NICHTS bzw. viel zu wenig!

Wenn die Politik eingreifen soll, stossen wir wiederum auf ein anderes Problem - nämlich der, der Lobbyistenarbeit. In der ARD gab es mal einen sehr interessante Dokumentation, wie "Lobbyarbeit" in Berlin abläuft. Ganz ehrlich: Da können einem als Normalbürger die Haare nur zu Berge stehen. Die Politik also, vertritt längst nicht mehr das, wozu sie gedacht und gewählt wurde - nämlich für das Volk! Und hier sage ich dann ganz klar, auch wenn Du dagegen bist bzw. dagegen argumentierst, dass es eben nur einen "richtigen Weg" geben kann - nämlich den WILLEN DES VOLKES!

Und der Wille des Volkes kann eben nur über Volksentscheide abgefragt werden - wie bei einer Bundestagswahl, jeder Bürger ein Stimme, die Mehrheit zählt. Dadurch würde auch die Verantwortung der Wähler / Bürger gestärkt, wenn plötzlich jeder wirklich mitentscheiden könnte, was die Zukunft für Deutschland angeht. Man sollte die Bürger nicht für zu blöd halten, als dass sie sich nicht für Themen interessieren und sich darüber informieren. Und generell: Kann es so schlecht oder falsch sein, was das Volk per Mehrheit verfügt oder entscheidet? Ich denke nicht...

Wenn die Mehrheit des Volkes einen Mindestlohn als richtig empfindet, dann soll es auch so sein! Du solltest Dich dann eher fragen, WARUM die Menschen diesen als richtig empfinden! Meinst, diese -laut Umfragen- überwältigende Mehrheit sagt dies "einfach so"? Nein, die Mehrheit sieht eben, dass die Löhne immer weiter gesunken sind und dass es viele von Vollzeitarbeit nicht mehr "richtig" leben können. Und wenn die Mehrheit des Volkes dies so sieht, dann Verzeihung, dann sollte es auch so sein! Es gibt doch niemandem das Recht (ausser viell. dem Bundesverfassungsgericht, welches das Grundgesetz wahren soll), gegen die Mehrheit des Volkes zu handeln. Politiker haben den "Auftrag", die Interessen des Volkes zu wahren und umzusetzen. Und wenn eben ca. 80% einen Mindestlohn für richtig empfinden, dann bitte, gibt es eigtlich auch KEINEN Grund, gg. das Volk zu handeln. Oder willst Du behaupten, das 80% (wenn die Umfragewerte stimmen) wirklich "sooooo falsch" liegen mit ihrer Auffassung?

Und so könnte man diese Liste immerzu fortsetzen, denk an die Diskussion über den Atomausstieg oder die Begrenzung der Managergehälter, die Du angesprochen hast. Auch hier vertrete ich ganz klar die Meinung, dass das Volk ebtscheiden sollte. Besorg doch einfach die Mehrheit für immer höhere Managergehälter. Ich denke, man kann dem Volk ruhig vertrauen, dass es klug bedacht entscheiden würde...