Westerwelle weist Rücktrittsgerüchte zurück
Berlin (dpa) - Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kämpft um seine politische Zukunft. Obwohl Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Parteifreunde sich hinter ihn stellten, rissen am Montag Spekulationen über eine drohende Ablösung nicht ab.
Westerwelle ließ erklären, Berichte über einen möglichen Rücktritt seien «frei erfunden». FDP-Chef Philipp Rösler machte deutlich, dass Westerwelle ein Minister auf Bewährung sei. Eine Pressekonferenz von Generalsekretär Christian Lindner sagte die Partei ab, um bohrenden Nachfragen zu entgehen. Die Grünen legten Westerwelle wegen dessen Libyen-Haltung einen sofortigen Rücktritt ans Herz.
Vizekanzler Rösler sagte der «Rheinischen Post», Westerwelle müsse sich wie alle FDP-Minister bewähren. «Es war meine wohl überlegte Entscheidung, uns mit diesem Team in der Bundesregierung zu bewähren, das gilt auch für den Bundesaußenminister.» Die FDP-Spitze hatte sich am Wochenende gegen eine Ablösung von Westerwelle entschieden.
Westerwelle selbst ging nicht näher auf die Rücktrittsforderungen ein. Auf eine solche Frage antwortete er knapp: «Dazu habe ich mich heute Morgen abschließend geäußert. Dem habe ich nach unserem Gespräch nichts hinzuzufügen», sagte er nach einem Treffen mit Frankreichs Außenminister Alain Juppé.
Auf der Herbstklausur der FDP-Fraktion, die am Dienstag bei Köln beginnt, will die Parteiführung eine Abrechnung mit Westerwelle verhindern. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte der dpa: «Wir sind in der Regierung eine gut funktionierende Mannschaft.» Mit der Klausur stelle sich die FDP für die zweite Regierungshälfte neu auf.
FDP-Parteivize Holger Zastrow forderte in der «Leipziger Volkszeitung» (Dienstag) die Liberalen zur Geschlossenheit auf. Auch wenn die FDP als Regierungspartei im Moment «Lieferschwierigkeiten» habe, «so ist Guido Westerwelle in unserem neuen Spitzenteam unverzichtbar».
Regierungssprecher Steffen Seibert betonte, die Kanzlerin mache sich keine Sorgen um ihren einstigen Vizekanzler. «Die Bundeskanzlerin arbeitet mit ihrem Außenminister vertrauensvoll zusammen.» CSU-Chef Horst Seehofer sagte in München zu Westerwelle: «Wir wollen, dass jedes Mitglied der Bundesregierung stark ist - was der Fall ist.»
Der Außenminister zollte erneut den Nato-Partnern für den Libyen-Einsatz Respekt. «Wir sind froh, dass die Herrschaft des Gaddafi-Regimes zu Ende ist», sagte Westerwelle bei einer Konferenz der deutschen Auslands-Botschafter in Berlin.
Westerwelle hatte den Erfolg der libyschen Rebellen zunächst auch mit der von der Bundesregierung unterstützten Sanktionspolitik begründet - nicht aber mit dem militärischen Nato-Einsatz, an dem Deutschland sich nach der Enthaltung im UN-Sicherheitsrat nicht beteiligte. FDP-Chef Rösler ging auf Distanz und lobte ausdrücklich die Nato-Partner. Am Wochenende lenkte Westerwelle schließlich ein.
Nach Einschätzung der Grünen ist Westerwelle als Minister nicht mehr tragbar. «Wir haben einen Außenminister, der 0,0 Ansehen im Ausland genießt und jetzt auch noch den Rückhalt in seiner Partei und in der Bundesregierung verloren hat», sagte Parteichefin Claudia Roth. Westerwelle sollte «jetzt der deutschen Politik einen Dienst tun» und abtreten.
Die SPD-Spitze schloss sich den Rücktrittsforderungen ausdrücklich nicht an. Es sei unfair, nur dem Außenminister die Schuld in die Schuhe zu schieben, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die Libyen-Entscheidung sei schließlich von der gesamten Regierung mitgetragen worden. Deshalb müsse man konsequenterweise auch den Rücktritt der Kanzlerin fordern. Die Linkspartei erklärte, Westerwelle sei «ein Unglückswurm», weil er einfach zu spät in den Chor der Nato-Unterstützer eingestimmt habe.