Vorletzte Hürde für Lissabon-Vertrag beseitigt

Warschau (dpa) - Polen hat als vorletztes der 27 EU-Länder den Reformvertrag von Lissabon ratifiziert und damit ein starkes politisches Signal an Tschechien gerichtet. Präsident Lech Kaczynski unterzeichnete am Samstag in Warschau das Dokument. Jetzt fehlt nur noch ein tschechisches Ja.

Damit der Vertrag in Kraft treten kann, muss noch Staatspräsident Vaclav Klaus unterschreiben. Der verweigert bisher seine Unterschrift, weil er fürchtet, Angehörige der nach dem Zweiten Weltkrieg Vertriebenen deutschsprachigen Minderheit könnten Eigentumsansprüche geltend machen.

Beim Festakt zur Unterzeichnung im Warschauer Präsidentenpalast sagte Kaczynski, durch die Entscheidung der irischen Nation sei der Vertrag belebt worden, es gebe keine Hindernisse mehr. Kaczynski hatte lange gezögert, seine Zustimmung zu dem Reformwerk zu geben. Obwohl das Parlament in Warschau bereits im April vergangenen Jahres das Dokument gebilligt hatte, verweigerte er - trotz internationaler Appelle - unter Hinweis auf Irland seine Unterschrift. Erst vor einer Woche sprachen sich die Iren dann im zweiten Anlauf per Referendum für den Reformvertrag aus.

An der Feier in Warschau nahmen der schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, der Chef des Europäischen Parlaments Jerzy Buzek und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso teil. Der Vertrag sei eine «Qualitätsänderung» der EU, betonte Kaczynski. Er sei überzeugt, dass das Experiment gelinge. Trotz enger Kooperation werde die Gemeinschaft ein «Verbund souveräner Nationalstaaten» bleiben, sagte das polnische Staatsoberhaupt und verwies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter in Karlsruhe hatten die Rechte des nationalen Parlaments in Europa-Fragen gestärkt.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte die polnische Unterschrift und äußerte die Hoffnung, «dass nun zeitnah auch in Tschechien der Weg für den Vertrag frei wird». In der Bundesregierung wird davon ausgegangen, dass Sondierungsgespräche der schwedische EU-Ratspräsidentschaft mit Prag erfolgreich sind. Der von Klaus behauptete Zusammenhang der Ratifizierung des EU-Vertrags mit den sogenannten Benes-Dekreten zu den Eigentumsrechten der Vertriebenen wird in Berlin nachdrücklich bestritten.

In Tschechien zeigte sich Ministerpräsident Jan Fischer überzeugt, «dass das Dokument in absehbarer Zeit in der Republik Tschechien ratifiziert werden kann». Fischer will an diesem Montag mit seinem Kabinett darüber beraten, wie man mit den neuen Forderungen von Klaus umgeht. Dieser hatte am Freitag eine Aussetzung der EU-Grundrechtecharta gefordert, um Schadensersatzforderungen der Vertriebenen vorzubeugen - eine Position, die die tschechische Regierung nicht teilt. Er bedauere, dass Klaus seine neue Forderung nicht mit der Regierung abgestimmt habe, erklärte Fischer. Das tschechische Parlament hatte dem Lissabon-Vertrag Anfang des Jahres zugestimmt.

Der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, der CSU- Europaabgeordnete Bernd Posselt, kritisierte Klaus für seine zum Lissabon-Vertrag geforderte «Fußnote». Klaus wisse genau, dass die EU-Grundrechtecharta keine juristischen Auswirkungen auf die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten entfalte.

Kaczynski rief dazu auf, die EU-Skeptiker nicht auszuschließen, sondern sie für Europa zu gewinnen. Vor dem Präsidentenpalast demonstrierten rund hundert EU-Gegner. Auch Buzek plädierte für Dialog mit Kritikern. Er zeigte sich aber trotz der tschechischen Sonderwünsche zuversichtlich: «Dieser Vertrag ist wichtig, weil er uns neue Kraft gibt.» Er sei überzeugt, dass in «nicht ferner Zeit» alle 27 Länder den Vertrag ratifiziert haben werden und das Dokument noch in diesem Jahr in Kraft treten kann.

Buzek hatte am Freitag in Prag mit Klaus über seine Sonderwünsche gesprochen. Klaus verlangt Ausnahmen bei der Grundrechtecharta wie für Polen und Großbritannien, die 2007 durchgesetzt hatten, dass sie die Rechtsverbindlichkeit der Charta nicht anerkennen. Reinfeldt drängte in Warschau, Europa warte auf Klaus´ Unterschrift. Der Kontinent brauche keine Verspätungen.

Der Lissabon-Vertrag war am 13.12. 2007 unterzeichnet worden. Er soll die EU handlungsfähiger und demokratischer machen. Damit er in Kraft treten kann, müssen ihn alle 27 EU-Staaten ratifizieren.

EU / Reformvertrag / Polen
10.10.2009 · 15:55 Uhr
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