Von wegen uncool: Wie ein Projekt Schülerinnen für MINT begeistert

Physik, Ingenieurswesen und Informatik - Studiengänge mit einer naturwissenschaftlichen oder technischen Ausrichtung werden noch immer eher von Männern gewählt als von Frauen. Dabei haben diese Fächer durch den Fachkräftemangel Zukunft. Projekte wie mint:pink helfen Schülerinnen MINT-Berufe kennenzulernen und sie in ihrer Wahl eines MINT-Profils zu stärken.

Nach der Einführung der Rente mit 63 klagen viele Arbeitgeber über einen verstärkten Mangel an Facharbeitern. Gerade im Bereich der MINT-Berufe (also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) wird befürchtet, dass sich der Fachkräftemangel nicht durch Zuwanderung ausgleichen lässt. Dabei gibt es noch eine weitere Möglichkeit, langfristig Nachwuchs für die MINT-Berufe zu finden. Schließlich sind es noch immer mehr junge Männer als Frauen, die sich für eine Ausbildung oder ein Studium im MINT-Bereich entscheiden. Bei den Frauen besteht somit weiterhin Potential, unter ihnen zukünftige Fachkräfte für MINT-Berufe zu gewinnen.

Der Frauenanteil bei Studienanfängern in MINT-Studiengängen ist zwar zwischen 2013 und 2015 von 26 Prozent auf 32 Prozent gestiegen. Das stellt eine deutliche Verbesserung zu den Zeiten dar, in denen in manchen naturwissenschaftlichen oder technischen Seminaren nur vereinzelt Studentinnen saßen. Allerdings ist es noch ein langer Weg bis zu einem ausgewogenen Geschlechterverhältnis.

Schülerinnen Wege in MINT-Berufe öffnen

Bundesweit gibt es mittlerweile verschiedene Projekte, die daran arbeiten, Schülerinnen für eine Karriere in einem naturwissenschaftlichen oder technischen Beruf zu begeistern. Eines davon ist mint:pink von der Initiative Naturwissenschaft und Technik in Hamburg. Gymnasialschülerinnen der neunten Klasse besuchen an mehreren Programmtagen Forschungslabore, Unternehmen und Hochschuleinrichtungen. Dabei bekommen sie die Möglichkeit, technisch-naturwissenschaftliche Berufsfelder zu entdecken und sich mit Experten und Fachkräften auszutauschen. Die Geschäftsführerin Sabine Fernau hat finanzen.de erklärt, warum Mädchen bereits in der Mittelstufe erreicht werden müssen.

Oftmals setzen die Bemühungen Schülerinnen für naturwissenschaftliche Studiengänge zu begeistern erst in der Oberstufe an. Sie haben sich für einen anderen Ansatz entschieden. Warum?

Sabine Fernau: In der Regel schlagen nur Schülerinnen, die in der Oberstufe die Naturwissenschaften auf Leistungskursniveau belegen, einen entsprechenden Studiengang oder Berufsweg ein. Die Wahl zum Profil oder Leistungskurs fällt in eine sehr sensible Phase. So sagen die Mädchen selbst: "Wer sich rege im Physikunterricht beteiligt, womöglich eine Eins im Zeugnis hat, gilt als Nerd." und "Als Mädchen darf man Physik quasi per se nicht cool finden und hält das Fach schließlich tatsächlich für überflüssig und schaltet ab." Dies haben mir Mädchen berichtet, die sich trotz Interesse und Begabung gegen ein Physikprofil entschieden haben. Wir möchten also die Mädchen erreichen, bevor sich das Tor zu den Naturwissenschaften schließt und sie ermutigen, ihre MINT-Begabung weiterzuentwickeln.

Was überrascht die Schülerinnen am meisten, wenn sie einen Einblick in MINT-Berufe erhalten?

Sabine Fernau: Sie überrascht am meisten, wie viele unterschiedliche Berufe oder Forschungsbereiche es gibt und wie vielseitig die MINT-Fächer sind. "Ich hätte nie gedacht, dass es so viele Möglichkeiten im Beruf und im Alltag gibt, die mit MINT-Fächern zu tun haben." Und dann erstaunt es sie immer wieder, wie begeisternd die Menschen sind, denen sie begegnen: "Besonders gut gefallen hat mir, dass ausnahmslos alle, die mir im Rahmen von mint:pink begegnet sind, sehr bemüht waren, viel Wissen zu vermitteln, alle Fragen zu beantworten und uns einen interessanten angenehmen Aufenthalt zu gestalten.", erklärte eine Teilnehmerin.

An vielen Schulen sind die Lehrerstellen in den MINT-Fächern noch vorwiegend mit männlichen Pädagogen besetzt. Welche Rolle spielen solche Vorbilder bei der Auswahl der späteren Fachrichtung?

Sabine Fernau: Generell spielen Role Models auch schon bei 14-Jährigen eine große Rolle (eine größere als wir dachten) - und beeinflussen die Berufswahl. Ob die Pädagogen männlich oder weiblich sind, ist meines Erachtens nicht so entscheidend - wichtiger ist hier eine offene und ermutigende Persönlichkeit. Wir haben erlebt, dass Lehrer selbst darüber erstaunt sind, welche entscheidende und wichtige Rolle sie spielen beispielsweise spielen könnten. Hier zu sensibilisieren, kann durchaus Effekte haben - und wenn man als Lehrer dann noch die Möglichkeit hat, Mädchen für ein Programm wie mint:pink vorzuschlagen, kann dies durchaus dazu führen, dass sie sich zukünftig stärker für MINT-Berufe interessieren.

Allgemein wird in den MINT-Fächern in der Schule leider immer noch viel Wissen sehr trocken und ohne genug Praxisbezug vermittelt. Was könnte sich Ihrer Meinung nach beispielsweise ändern, damit mehr Jugendliche sich schon früh für eine spätere Laufbahn im Bereich Naturwissenschaften oder Technik begeistern?

Sabine Fernau: Die Schule muss sich öffnen, über Freiräume verfügen und engagierte Lehrer müssen gestärkt werden. Praxis belebt beispielsweise den Unterricht. Das Spannendste an Fächern wie Physik, Chemie oder Biologie war schon immer, wenn es knallt, raucht oder sich bewegt. Im Austausch mit Ingenieuren und Wissenschaftlern erfahren die Schülerinnen und Schüler zudem, dass ihr Unterrichtsstoff im wirklichen Leben tatsächlich Anwendung findet.

Die Schüler müssen aber auch die Möglichkeit haben, den Alltags- und Praxisbezug wahrzunehmen - etwa indem sie einen Schülerkongress besuchen, der sehr nah an die aktuelle Forschung führt und für die Herausforderung des Klimawandels sensibilisiert, und sich im Vorfeld im Unterricht auf diesen vorbereiten. Dadurch wird auch die Relevanz der Naturwissenschaften und der Technik als Problemlöser verdeutlicht. Engagierte Lehrer gibt es bereits vielerorts und wenn sie von außerschulischen Partnern gewürdigt und durch Exkursionen, Austausch, Netzwerk gestärkt werden, sind sie der Schlüssel zum Erfolg aller MINT-Initiativen.

Vielleicht erlauben Sie mir noch eine persönliche Anmerkung. Es muss sich vielleicht gar nicht so viel ändern. In vielen Regionen wird schon sehr viel für den MINT-Nachwuchs getan. Aber es fehlt an professionellen, nachhaltigen Strukturen um wirksame Angebote weiterentwickeln zu können. Oft müssen sich engagierte Initiativen von einer Projektfinanzierung zur nächsten hangeln. Hier ist die Politik gefragt - Unternehmen, Hochschulen und viele Stiftungen leisten ihren Beitrag.

Vielen Dank, Frau Fernau!

Bildquelle: ©Copyright Initiative NAT, Claudia Höhne

Verbrauchernews
[finanzen.de] · 22.05.2017 · 09:01 Uhr
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