Unterhalt fürs Kind einfordern: Was Alleinerziehende tun können

Seit dem Jahresanfang müssen getrennt lebende Mütter oder Väter mehr Unterhalt für ihr Kind zahlen. Der Mindestunterhalt ist je nach Alter des Nachwuchses zwischen sieben und elf Euro monatlich gestiegen. Wird Alleinerziehenden jedoch kein Unterhalt gezahlt, haben sie einige Optionen, dennoch an ihr Geld zu kommen, erklärt Maria Demirci, Fachanwältin für Familienrecht.

Das Thema Unterhalt beschäftigt seit Wochen viele Alleinerziehende. Denn einerseits wollte die Regierung bereits zum Jahreswechsel den Unterhaltsvorschuss ausweiten. Statt bis zum 12. soll die Leistung vom Jugendamt unter anderem künftig bis zum 18. Lebensjahr des Kindes gezahlt werden. Doch da es Unklarheiten bei der Finanzierung gibt, verschoben sich die Änderungen beim Unterhaltsvorschuss. Sie sollen nun zum 1. Juli 2017 kommen. Allerdings sollten Bezugsberechtigte schon jetzt einen Leistungsantrag mit Verweis auf die geplante Neuregelung stellen, rät der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht.

Andererseits erhalten Alleinerziehende seit dem 1. Januar 2017 durch eine Anpassung der sogenannten Düsseldorfer Tabelle mehr Unterhalt. Sie regelt bundesweit die Ansprüche auf den Unterhalt von Trennungs- und Scheidungskindern. Doch häufig bekommen Alleinerziehende keinen, zu geringen oder nur unregelmäßig Unterhalt. Laut Bertelsmann Stiftung trifft dies auf 75 Prozent der Alleinerziehenden zu. Was Betroffene tun können, wenn ihnen kein Unterhalt gezahlt wird, was der Unterhaltstitel damit zu tun hat und wer zahlen muss, wenn der Unterhaltsstreit vor Gericht landet, erläutert die Fachanwältin für Familienrecht, Maria Demirci, im Gespräch mit finanzen.de.

Frau Demirci, welche Schritte können Alleinerziehende einleiten, wenn ihnen kein Unterhalt gezahlt wird?

Maria Demirci: Um Unterhaltsansprüche durchzusetzen, muss zunächst das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen des zur Zahlung verpflichteten Elternteils ermittelt werden. Dieser muss daher nachweislich zur Offenlegung seines Einkommens aufgefordert werden. Erst danach kann der Unterhalt berechnet werden. Die Ermittlung und Berechnung von Unterhaltsansprüchen dauert oft länger. Ist der alleinerziehende Elternteil dringend auf den Kindesunterhalt angewiesen, kann er den Unterhalt mit einem gerichtlichen Eilverfahren beantragen.

Verweigert der Unterhaltspflichtige die Offenlegung seiner Einkünfte beziehungsweise zahlt er trotz Aufforderung nicht oder zu wenig, helfen nur gerichtliche Schritte. Ist der unterhaltspflichtige Elternteil nicht auffindbar, nicht zur Zahlung von Unterhalt bereit beziehungsweise dazu fähig, kann beim Jugendamt ein staatlicher Unterhaltsvorschuss beantragt werden. Dieser ist jedoch der Höhe nach immer niedriger als der eigentliche Unterhalt.

Der Unterhaltsvorschuss soll künftig bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres vom Amt gezahlt werden. Doch auch danach hat das Kind Anspruch auf Unterhalt. Welche Möglichkeiten hat der Nachwuchs, seine Ansprüche durchzusetzen?

Maria Demirci: Bis zum 18. Lebensjahr schuldet nur derjenige Elternteil Unterhalt in Geld (sogenannter Barunterhalt), der nicht mit dem Kind unter einem Dach lebt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass derjenige Elternteil, der das Kind betreut, seiner Unterhaltsverpflichtung durch Pflege und Erziehung des Kindes nachkommt. Ab dem 18. Lebensjahr ändert sich das: Ab dann schulden beide Elternteile den sogenannten Barunterhalt, daher Unterhalt in Geld. Jeder Elternteil haftet für den Unterhalt des Volljährigen anteilig nach seinen jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen.

Um seine Ansprüche durchsetzen zu können, muss das volljährige Kind beide Elternteile auffordern, Auskunft über ihr Einkommen zu erteilen. Nur wenn das volljährige Kind über die Einkommen beider Elternteile Kenntnis hat, kann es - wegen der anteiligen Haftung der Eltern - seinen Unterhaltsanspruch erfolgreich durchsetzen.

Alleinerziehende in Deutschland

Mehr als 2,7 Millionen Alleinerziehende verzeichnete das Statistische Bundesamt 2015, darunter 2,3 Millionen Frauen und rund 400.000 Männer. Dabei versorgen 1,6 Millionen Ein-Eltern-Familien ein oder mehrere Kinder unter 18 Jahre.

Streiten sich getrennt lebende Elternteile um die Zahlung von Unterhalt, ist oft von einem Unterhaltstitel die Rede. Warum ist dieser wichtig?

Maria Demirci: Beim Unterhaltstitel handelt es sich um einen gerichtlichen Beschluss beziehungsweise eine vor Gericht getroffene Vereinbarung, eine notarielle Urkunde oder eine Jugendamtsurkunde. In der Urkunde ist die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt in vollstreckbarer Form festgeschrieben. Bleibt die Unterhaltszahlung später aus oder wird immer nur verspätet gezahlt, kann mithilfe des Unterhaltstitels jederzeit die Zwangsvollstreckung betrieben und zum Beispiel das laufende Einkommen oder Bankguthaben des unterhaltspflichtigen Elternteils gepfändet werden.

Es besteht immer ein Anspruch auf Errichtung eines Titels, auch wenn der unterhaltspflichtige Elternteil regelmäßig und pünktlich bezahlt. Die einfachste Variante ist die Erstellung eines Titels beim örtlichen Jugendamt, da hierfür dem Unterhaltspflichtigen keine Kosten entstehen.

Kommt es nach einer Trennung zum Streit um den Kindesunterhalt, suchen sich die Parteien nicht selten anwaltliche Unterstützung. Ist es bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung üblich, dass die Gerichts- und Anwaltskosten von der unterliegenden Partei übernommen werden müssen?

Maria Demirci: In familiengerichtlichen Verfahren kann das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen entscheiden. In Unterhaltsverfahren spielt bei der Kostenentscheidung des Gerichts nicht nur das Gewinnen beziehungsweise Verlieren eine Rolle, sondern auch, ob Auflagen des Gerichts, zum Beispiel eine Auskunft über das Einkommen zu erteilen, missachtet wurden.

Grundsätzlich gilt jedoch: Wer in einem Gerichtsverfahren unterliegt, muss auch die Anwaltskosten des Gegners und die Gerichtskosten übernehmen.

Haben Rechtssuchende bei strittigen Unterhaltsfragen, die vor Gericht geklärt werden, Anspruch auf Prozesskostenhilfe?

Maria Demirci: In Familiensachen, darunter auch Unterhaltssachen, wird die Prozesskostenhilfe Verfahrenskostenhilfe genannt. Für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe reicht es nicht aus, dass der Antragsteller sich lediglich das Gerichtsverfahren finanziell nicht leisten kann. Das Verfahren darf nicht offensichtlich sinnlos sein und der Unterhaltsantrag muss Aussicht auf Erfolg haben. Nur wenn diese drei Voraussetzungen erfüllt sind, wird das Gericht Verfahrenskostenhilfe gewähren.

Vielen Dank für das Interview, Frau Demirci!

Verbrauchernews
[finanzen.de] · 23.01.2017 · 09:56 Uhr
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