«Obamacare»-Fiasko: Blamage für «Macher» Trump

Washington (dpa) - Donald Trump war am Tag nach seinem «Obamacare»-Fiasko auffallend still. Nur einen Tweet von ihm zum Scheitern seiner Gesundheitsreform im Parlament gab es am Samstag, das Reden überließ Trump seinem Vize Mike Pence.

Ein Tag der inneren Einkehr für den Präsidenten, wie man es nach einer derartigen eklatanten Niederlage durchaus erwarten könnte?

Im Weißen Haus werde derzeit intensiv über die nächsten Schritte zur Umsetzung von Wahlversprechen nachgedacht, hieß es in Trumps Umgebung. Aber der Präsident selber hatte schon vorher angedeutet, wie es jetzt weitergehen könnte. Nachdem ihm die eigene Partei im Abgeordnetenhaus bei der Gesundheitsreform in die Suppe gespuckt hatte, soll nun auf anderem Feld ein großer Sieg her - bei der von ihm versprochenen Steuerreform.

Und «Obamacare»? «Macht Euch keine Sorgen», twitterte Trump. «Obamacare wird explodieren» und dann würden sich alle zusammensetzen und eine «großartige» Gesundheitsreform schaffen. Er setzt jetzt darauf, dass das bei den Republikanern so verhasste System von selber zusammenbricht, die dann entstehende Misere den Demokraten angelastet wird und diese dann bereitwillig an einer neuen Reform mitarbeiten.

Vielleicht sind es nur Floskeln, um das Ausmaß der Blamage herunterspielen. Aber ein Präsident, der die Hoffnung äußert, dass die Gesundheitsversorgung für Millionen Menschen zusammenbricht - das hat bei Trump-Kritikern neues Kopfschütteln ausgelöst. Und die Frage verstärkt, inwieweit Trump aus dem Fiasko vom Freitag, das er als «interessante Erfahrung» bezeichnet hat, wirklich lernt.

Seine Gesundheitsreform wollte er im Eiltempo durchziehen, wie die Flut seiner Dekrete, als gehe es ihm in erster Linie darum, seine Wahlversprechen Kästchen für Kästchen abzuhaken. Viele Details interessieren ihn dabei gar nicht, nur der «große Wurf». Vermeintlichen Kleinkram überlasse er anderen, sagen Kritiker.

Und wenn es nicht glatt läuft, wird Trump offensichtlich schnell ungeduldig - so wie er den Republikanern im Abgeordnetenhaus beim Gesundheitsgesetz die Pistole auf die Brust setzte und damit beinahe eine noch größere Blamage - eine klare Abstimmungsniederlage - heraufbeschwor.

Vor allem aber: Trump hat seine Macht kraft seiner Persönlichkeit maßlos überschätzt - und die Spaltung der Republikaner entweder grob unterschätzt oder ignoriert. Den ideologischen Hardlinern auf dem rechten Parteiflügel, die sich erfahrungsgemäß äußerst schwer auf Kompromisse einlassen, kam er deutlich entgegen und entfremdete damit Gemäßigte. Das Ende war ein verquaster Entwurf, der in dieser Form nie die langwierigen parlamentarischen Prozeduren überstanden hätte.

Nun will Trump offenbar als nächstes die Steuerreform angehen. Gewohnt bombastisch versprach er «sehr, sehr starke Steuerkürzungen für alle». Brächte er sie durch, könnte ihm das wohl helfen, die Schlappe um «Obamacare» etwas vergessen zu machen. Aber eine Steuerreform ist genauso kompliziert wie eine Gesundheitsreform - und wird sich mit dieser zersplitterten Republikaner-Fraktion im Abgeordnetenhaus ebenfalls nur schwer durchziehen lassen.

Einfachere Steuerregeln und Steuerkürzungen mögen zwar allen schmecken. Aber wenn es im Detail darum geht, wer im Gegenzug welche Vergünstigungen aufgeben muss, dürften sich rasch dieselben Spaltungen zeigen, die zum Aus der Gesundheitsreform führten. Und Trumps Image als «Dealmaker» ist stark beschädigt. Das verringere die Aussichten, diese Gräben zu überbrücken - und generell die Chancen auf «schnelle Siege», schrieb die «Washington Post» am Samstag.

Viele Experten glauben, dass Trump größere Aussichten hätte, seine Agenda umzusetzen, wenn er sich stärker an die Gemäßigten richten würde - vielleicht mit der Chance, am Ende im Kongress die eine oder andere Stimme der Demokraten zu gewinnen. Die bräuchte er auf jeden Fall, um sein billionenschweres Infrastrukturprogramm durchzubringen, das ebenfalls zu seinen Hauptversprechen zählt.

So sieht es unter dem Strich weiter eher nach einem parlamentarischen Hürdenlauf für Trump aus - obwohl die Republikaner im Abgeordnetenhaus und im Senat die Mehrheit haben. Und die Uhr tickt schon: Zwar hat Trump gute zwei Jahre Zeit, bis der nächste Präsidentschaftswahlkampf seine Schatten zu werfen beginnt. Aber historisch ist es so, dass ein Amtsinhaber - wohl wegen der noch herrschenden Aufbruchstimmung - in den ersten 200 Tagen die besten Chancen hat, große Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Und wegen des Trump-Faktors hängen schon die nächsten Kongresswahlen im November 2018 über den Köpfen vieler Abgeordneter. Damit haben die Republikaner noch weniger Zeit zu beweisen, dass sie regieren können. Dass das Scheitern der Gesundheitsreform Schäden hinterlässt, räumen manche unverblümt ein. «Es geht darum, im Schwung zu sein», sagt der Abgeordnete Mike Coffman aus Colorado. «Die Tatsache ist, dass wir sozusagen aus einer Tür getreten und gestolpert sind.»

Regierung / Gesundheit / Kongress / Präsident / USA
26.03.2017 · 11:29 Uhr
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