Schäuble kann 20 Milliarden weniger Schulden machen

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung wird deutlich weniger Schulden machen müssen als bisher befürchtet. Für dieses Jahr werden neue Kredite von 60 bis 63 Milliarden Euro erwartet - bis zu 20 Milliarden weniger als geplant, wie am Dienstag in Koalitionskreisen bestätigt wurde.

Grund sind höhere Steuereinnahmen und geringere Arbeitsmarktkosten dank der besseren Wirtschaftslage sowie die einmaligen Milliarden-Erlöse aus dem Verkauf von Mobilfunklizenzen.

Auch für die Folgejahre zeichnet sich ein weniger dramatisches Defizit ab: Für 2011 könnte die Neuverschuldung des Bundes bei etwa 55 Milliarden Euro liegen - oder sogar noch darunter, hieß es weiter. Die bisherige - mittlerweile aber völlig überholte - Finanzplanung der schwarz-roten Vorgängerregierung hatte für 2011 noch einen Fehlbetrag von fast 72 Milliarden Euro unterstellt. Union und FDP wollen trotz des gebremsten Schuldenanstiegs am Sparpaket festhalten.

Das Finanzministerium bestätigte frühere Zahlen, wonach die Neuverschuldung 2010 «aus heutiger Sicht» um rund 15 Milliarden Euro geringer ausfallen werde. Diese Entwicklung sei jedoch bereits bei der Kabinettklausurtagung am 6./7. Juni in das Sparpaket eingeflossen. Aktuell ergebe sich keine neue Sachlage.

FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich erfreut, dass die Bemühungen der Bundesregierung, wieder zu soliden Staatsfinanzen zurückzukehren, verstärkt werden durch einen Wirtschaftsaufschwung. «Das zeigt, die Regierung ist auf einem guten Weg.»

Die Opposition kritisierte erneut, dass nur ein geringer Teil der Sparmaßnahmen auch den Bundesländern zur Abstimmung vorgelegt wird. Dieses Vorgehen ist allerdings nicht ungewöhnlich und war bei früheren Koalitionen mit fehlender Mehrheit im Bundesrat ebenfalls üblich. Zudem können die Länder den Etat des Bundes nicht aufhalten.

Eine Nettokreditaufnahme von bis zu 63 Milliarden Euro wäre immer noch die mit Abstand höchste Neuverschuldung des Bundes. Der Grünen-Haushaltsexperte Alexander Bonde verwies zudem darauf, dass noch neue Schulden in den Sondervermögen hinzukämen. «Allein beim Bankenrettungsfonds SoFFin wurde (...) ein Verlust von über 4 Milliarden Euro bekanntgegeben.» Hier drohten weitere Risiken.

Der Etatentwurf für 2011 sowie der Finanzplan bis 2014 sollen am 7. Juli vom Bundeskabinett beschlossen werden. Dann sollen auch die Eckpunkte für das gut 80 Milliarden Euro umfassende Sparpaket der Koalition vorliegen. Der Entwurf für ein Haushaltsbegleitgesetz, mit dem die Sparvorhaben umgesetzt werden, soll im August folgen.

Das Gesetz soll in einen zustimmungspflichtigen und einen nicht- zustimmungspflichtigen Teil aufgespalten werden. Demnach soll der Bundesrat nur über den Wegfall des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger abstimmen. Hier geht es um jährlich 100 Millionen Euro. Schwarz-Gelb kann sich in der Länderkammer nach der Wahl in Nordrhein-Westfalen nicht mehr auf eine Mehrheit stützen.

Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Norbert Barthle (CDU), sieht den Spardruck nicht sinken. «Es ist richtig, dass das Kabinett bereits 2011 mit dem Sparen beginnen will», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». Es wäre ein fatales Signal, wenn im ersten Jahr, in dem die Schuldenbremse greift, darauf verzichtet würde, «nur weil die Lage etwas besser ist als angenommen».

Auch der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Haushaltsexperte Otto Fricke, forderte ein Festhalten am Sparkurs. «Die 60 Milliarden Euro mögen möglich sein, wären aber immer noch eine Rekordverschuldung. Und deshalb führt am eingeschlagenen Sparkurs kein Weg dran vorbei», sagte er der «Bild»-Zeitung.

Nach der Schuldenbremse muss der Bund das um Konjunktur- und Einmaleffekte bereinigte strukturelle Defizit bis zum Jahr 2016 laut «Süddeutscher Zeitung» auf 8,5 Milliarden Euro reduzieren. Zunächst hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für 2010 mit einem Fehlbetrag von 67 Milliarden Euro kalkuliert, was für die Folgejahre Sparschritte von je knapp 10 Milliarden Euro notwendig gemacht hätte.

Zuletzt war Schäuble von etwa 53 Milliarden Euro beim strukturellen Defizit - der Lücke zwischen laufenden Ausgaben und dauerhaften Einnahmen - ausgegangen. Der jährliche Sparbedarf reduziert sich auf rund 7 Milliarden Euro.

Aus Sicht des Steuerzahlerbundes sind weniger Neu-Schulden kein Grund für abgespecktes Sparpaket. «Es gibt trotz der guten Nachricht keinen Grund zur Entwarnung», sagte Steuerzahlerbund-Geschäftsführer Reiner Holznagel der «Leipziger Volkszeitung» (Mittwoch).

Infos zum Sparpaket

Geplante Einsparungen in Zahlen

Grundgesetz mit neuer Schuldenbremse

Haushalt / Finanzen
22.06.2010 · 21:25 Uhr
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