Roland Koch macht Schluss mit der Politik

Wiesbaden (dpa) - Der ebenso profilierte wie umstrittene hessische Ministerpräsident und CDU-Parteivize Roland Koch zieht sich überraschend aus der Politik zurück.

Der 52-jährige Anwalt kündigte den Wechsel in die Wirtschaft an. «Politik ist ein faszinierender Teil meines Lebens. Aber Politik ist nicht mein Leben», begründete Koch am Dienstag in Wiesbaden seine Entscheidung. Koch will Ende August nach elf Jahren als Ministerpräsident abtreten. Bei der Nachfolge läuft alles auf den bisherigen Innenminister Volker Bouffier (58) zu. Koch will auch auf seine Ämter als stellvertretender Vorsitzender der Bundes-CDU und als CDU- Landesvorsitzender in Hessen verzichten.

Der Landesvorstand und die Kreisvorsitzenden der Hessen-CDU empfahlen am Dienstagabend einstimmig der CDU-Landtagsfraktion, Bouffier für das Amt des Ministerpräsidenten vorzuschlagen. Zuvor sollen die Delegierten beim CDU-Landesparteitag am 12. Juni Bouffier als neuen Landesvorsitzenden wählen.

Koch nimmt nach eigenen Worten ohne Streit mit der Partei Abschied aus der Politik. Koch sagte im ZDF, er werde auch in Zukunft Gelegenheit haben, in der CDU freundschaftlich seine Meinung zu sagen.

Die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie seine Familie hätten schon seit mehr als einem Jahr von seinen Plänen gewusst, wenngleich nicht den genauen Termin, sagte Koch. «Ich habe mir diesen Zeitpunkt heute sehr genau ausgesucht.» Sein Ziel einer langfristigen bürgerlichen Mehrheit in Hessen habe er erreicht. «Jetzt ist sie stabil.» Welche Aufgaben er in der Wirtschaft anstrebe, sagte Koch nicht.

Merkel sprach von einem Verlust nicht nur für ihre Partei. «Ich bedaure den Rückzug von Roland Koch aus der Politik», sagte die Kanzlerin bei ihrer Golfstaaten-Reise auf dem Flug nach Saudi Arabien. Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff (CDU) beklagte den Verlust profilierter Politiker in der Union. «Ich habe damals bedauert, dass wir Friedrich Merz verloren haben, ich bedauere jetzt, dass wir Roland Koch verlieren», sagte Wulff in Hannover.

Koch, der sich selbst als «konservativer Reformer» sieht, zählt zu den umstrittensten Politikern in Deutschland. Seine Positionen zu Ausländer-Fragen im Wahlkampf, aber auch seine Rolle in der CDU- Spendenaffäre vor zehn Jahren machten ihn zur Reizfigur. Immer wieder war er in Berlin für wichtige Ministerämter gehandelt worden. Zu Jahresbeginn sorgte er mit seiner Forderung nach einer Arbeitspflicht für Hartz-IV-Empfänger für Empörung. Zuletzt ärgerte er selbst seine Parteifreunde mit dem Argument, in Zeiten der Finanznot müsse auch bei der Bildung gespart werden.

Die hessische FDP wird die Koalition mit der Union auch nach Kochs Rücktritt fortsetzen. Das sagten der FDP-Landesvorsitzende Jörg-Uwe Hahn und der Chef der liberalen Landtagsfraktion, Florian Rentsch, in Wiesbaden. Laut Hahn müsste nach Kochs Rücktritt in einer Landtags-Sondersitzung ein Nachfolger gewählt werden.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, wertet Kochs Entscheidung als «Tritt vors Schienbein der CDU-Führung». Er gehe davon aus, dass dies auch beabsichtigt gewesen sei, sagte Steinmeier der Nachrichtenagentur dpa in Mainz. Die SPD werde nicht vergessen, dass Koch «mit populistischen Kampagnen Wahlerfolge zu sichern versucht» habe. «Und jetzt ist er offenbar auch in Hessen am Ende seiner politischen Einflussmöglichkeit.»

Die hessische SPD wertete Kochs Rückzug als «politischen Offenbarungseid». Parteichef Thorsten Schäfer-Gümbel sagte: «Es ist ein gutes Stück Flucht aus der Verantwortung.» Kochs Nachfolger werde nicht mehr als ein Konkursverwalter sein, eine Erneuerung der Partei sei nicht in Sicht.

Koch kündigte an, beim Bundesparteitag der CDU im November nicht erneut als Partei-Vize zu kandidieren. Auch dem Landtag will er nicht mehr angehören. «Ich treffe diese Entscheidung jetzt, weil sie jetzt richtig ist für Hessen, für meine Partei und für mich. Nach dann elfeinhalb Jahren tut Hessen bei Beibehaltung des politischen Kurses ein personeller Wechsel gut, das gilt dann erst Recht für die CDU nach zwölf Jahren», sagte Koch.

Koch, der aus Eschborn bei Frankfurt kommt, regiert seit 1999 in Hessen. Dass er nach der für ihn miserablen Landtagswahl Anfang 2008 nicht vom Thron kippte, verdankte er nur dem Fiasko von Andrea Ypsilanti (SPD). Deren Versuch einer von den Linken geduldeten rot- grünen Koalition scheiterte an vier SPD-Abgeordneten. Seit 2009 koaliert die CDU wieder mit der FDP. In Wiesbaden hatte es schon seit einiger Zeit geheißen, dass Koch seine Nachfolge rechtzeitig vor der Landtagswahl Ende 2013/Anfang 2014 regeln werde.

Kochs Rücktrittserklärung: http://dpaq.de/llKn5

Regierung / Hessen
25.05.2010 · 22:24 Uhr
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