Report: Übervolle Züge unter leerem Aschehimmel
Die riesige Aschewolke über Europa hat einen Ansturm auf die Schiene ausgelöst. Auch am Sonntag, einem der Hauptreisetage für die Bahn, wurden alle Flüge ausgesetzt. Und am Montag kommen noch die Berufspendler dazu.
Bereits am frühen Sonntagmorgen ist die Schlange vor den Service- Centern am Berliner Hauptbahnhof mehr als 100 Meter lang. Zahlreiche Fahrgäste warten auf Informationen, an den meisten Koffern hängen noch die Schilder der Fluggesellschaften. «Das ist alles eine Katastrophe», sagt ein etwa 50-jähriger Mann, der eigentlich nach Frankreich fliegen wollte und jetzt eine Zugverbindung sucht.
Auf dem Bahngleis 13 fährt am Sonntag der ICE Richtung Kopenhagen ein. Mehrere hundert Menschen drängen Richtung Türen und versuchen, noch einen Sitzplatz zu ergattern. Die meisten werden aber die Fahrt auf dem Boden in den Gängen des Zuges verbringen müssen.
Alles auf den Schienen, «was rollen kann»
Wie auch andere europäische Bahnunternehmen versucht die Deutsche Bahn, einen Ausgleich für die gestrichenen Flugverbindungen zu schaffen. Die beispiellose Naturkatastrophe könnte für das Unternehmen aber auch eine Chance sein, ihr angekratztes Image aufzupolieren. Schließlich setzt der Konzern jetzt mehr auf Pünktlichkeit und Service. «Alles muss jetzt rollen, was rollen kann», sagt ein Sprecher. «Wir stehen sozusagen Gewehr bei Fuß». Wer aber am Montagmorgen nicht unbedingt müsse, solle Zugfahrten vielleicht auf den Mittag verlegen.
Das Unternehmen folgt auch politischem Druck: Schon am Freitag hatte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) Bahnchef Rüdiger Grube per Telefon aufgefordert, alles zu tun, um den Verkehr in Deutschland so gut wie möglich aufrecht zu erhalten. Der Fahrgastverband Pro Bahn nimmt den Konzern indes in Schutz. Die Bahn habe jetzt das Mögliche getan, sagt der Bundesvorsitzende Karl-Peter Naumann. Dass nicht mehr Züge eingesetzt würden, liege daran, dass die Bahn keinen Ersatz einplanen könne. Hier müsse die Politik entscheiden, ob zusätzliche Gelder für mehr Züge zur Verfügung gestellt werden.
ICE-Tür fliegt weg - Brand an Brücke
Wie schnell das komplizierte Bahnnetz besonders bei außergewöhnlichen Belastungen durcheinandergerät, zeigte sich am Samstag. So waren sechs ICE-Reisende zwischen Montabaur und Limburg leicht verletzt worden, weil ein entgegenkommender ICE-Zug während der Fahrt eine Tür verlor. Sie schlug nahe dem Bistrowagen ein. Die ICE-Strecke musste fast zehn Stunden lang gesperrt werden.
Am Samstagmorgen war außerdem der Bahnverkehr vom Hamburger Hauptbahnhof Richtung Süden für den Fernverkehr gesperrt worden. Unbekannte hatten nach Polizeiangaben einen Lastwagen unter einer Bahnbrücke angezündet und dadurch die Elektronik auf der Strecke beschädigt. Fernverkehrszüge von Hamburg nach Hannover wurden umgeleitet. Auch am Sonntag waren die Reparaturarbeiten noch nicht abgeschlossen. Die Reisezeit verlängerte sich um bis zu 20 Minuten.
Ob sich der isländische Gletschervulkan Eyjafjalla beruhigen wird, ist derzeit noch völlig unklar.