Regierung wegen Luftangriff weiter unter Druck

Berlin (dpa) - Die schwarz-gelbe Regierung bleibt durch den Luftangriff von Kundus auch nach den personellen Konsequenzen unter Erklärungsdruck.

SPD, Linke und Grüne forderten am Montag Aufklärung darüber, was Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der Bundestagswahl über zivile Opfer und Verstöße gegen Einsatzregeln bei der Bombardierung zweier Tanklastwagen auf deutschen Befehl wusste. Die Union unterstützte die Bemühungen um Klarheit. Am Dienstagabend will Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags auftreten. Voraussichtlich wird am Mittwoch ein Untersuchungsausschuss beschlossen.

Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans wies einen Bericht zurück, wonach das Verteidigungspolitik-Referat im Kanzleramt den Luftschlag schon vor der Bundestagswahl vom 27. September als militärisch unangemessen eingestuft hat. «Es gibt diese Bewertung nicht», sagte er.

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte, jeder außenpolitische Berater müsse der Kanzlerin Auskunft über einen so gravierenden Angriff geben. «Dann haben wir aber keinen "Fall Jung", sondern dann ist sozusagen die Spitze mit in dieser Geschichte drin.» Laut «Kölner Stadt-Anzeiger» waren Experten im Kanzleramt schon vor der Wahl zur Einschätzung gekommen, dass der Angriffsbefehl vom 4. September in Afghanistan militärisch unangemessen gewesen sei und es zum Gerichtsverfahren kommen werde.

Unterdessen entließ Bundespräsident Horst Köhler Arbeitsminister Franz Josef Jung aus der Regierung und ernannte die bisherige Familienministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) zu seiner Nachfolgerin. Köhler dankte dem früheren Verteidigungsminister für seine Arbeit und wies darauf hin, dass Jung auf eigenen Antrag ausgeschieden sei. Jung hatte am Freitag die politische Verantwortung dafür übernommen, dass im Verteidigungsministerium nach dem Luftangriff Informationen über zivile Opfer zurückgehalten wurden. Zuvor waren der Generalinspekteur der Bundeswehr und ein Staatssekretär entlassen worden.    

Steegmans versicherte, das Kanzleramt werde alle Unterlagen dem Verteidigungsausschuss oder einem Untersuchungsausschuss vorlegen. Ferner verwies er auf die Vorgabe von Merkel zur lückenlosen Aufklärung wenige Tage nach dem Angriff. Auch das Auswärtige Amt betonte am Montag, Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erwarte, dass «der gesamte Sachverhalt gründlich und zügig aufgeklärt wird».

Das Verteidigungsministerium arbeitet «fieberhaft und mit großem Nachdruck» an der Auswertung der zunächst zurückgehaltenen Papiere mit Hinweisen auf zivile Opfer des Angriffs, sagte Guttenberg am Sonntagabend in der ARD. Klar sei, dass rund um den Luftangriff Fehler gemacht worden seien, sagte er der «Bild-Zeitung» (Montag). Besonders geprüft werde die Frage, ob es überhaupt zu dem Luftschlag habe kommen müssen. «Gleichzeitig werden wir uns selbstkritisch fragen müssen, ob wir als internationale Gemeinschaft wirklich alles getan haben bzw. tun, damit solche Fehler in Zukunft unterbleiben.»

Guttenberg hatte das Vorgehen des Bundeswehr-Obersts Anfang November noch als militärisch angemessen bezeichnet - auch wenn es Verfahrensfehler gegeben haben sollte. Wann seine neue Bewertung vorliege, stehe noch nicht fest, sagte Sprecher Steffen Moritz.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, es gehe nicht in erster Linie darum, Merkel als Zeugin vor einen Untersuchungsausschuss zu laden. Auskunft sollten der Chef des Kanzleramts und Beamte in der Regierungszentrale geben. Paul Schäfer (Linke) meinte wiederum, es müsse auch geklärt werden, was der damalige SPD-Außenminister Frank- Walter Steinmeier gewusst habe. Immerhin sei das Außenministerium intensiv in die Betreuung der Auslandseinsätze eingebunden. Sollten Informationen vor der Wahl bewusst zurückgehalten worden sein, habe das «eine andere Qualität als die Schlampereien, für die Ex- Verteidigungsminister Jung seinen Hut nehmen musste». Der CDU- Verteidigungsexperte Ernst-Reinhard Beck sagte: «Es geht darum, wer hat zu welchem Zeitpunkt was gewusst.»

Der Untersuchungsausschuss könnte noch vor Weihnachten seine Arbeit aufnehmen. Die Entscheidung darüber werde voraussichtlich am Mittwoch fallen, sagte der Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour der dpa. Wahrscheinlich werde der Verteidigungsausschuss des Bundestags in seiner Sitzung beschließen, sich als Untersuchungsausschuss zu konstituieren. Mit der inhaltlichen Arbeit könne dann noch im Dezember begonnen werden. Nouripor sagte: «Ein Untersuchungsausschuss ist keine Guillotine, sondern ein Aufklärungsinstrument.»

Konflikte / Bundesregierung / Afghanistan
30.11.2009 · 17:14 Uhr
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