Preview: Until Dawn – PS4 Teenie-Horror auf Filmniveau
Die Spannung war groß, als mich Sony auf der gamescom 2014 dazu einlud einen bisher unangekündigten Titel vorzustellen. Als ich jedoch das Auditorium betrat und den Namen des Spiels las, flackerte in mir eine alte Erinnerung an ein eigentlich bereits bekanntes Spiel auf: Until Dawn. Ganz genau heute vor zwei Jahren berichteten wir euch frisch von der Messe von dem Horrorspiel für PS3.
Teenie-Horror für PS4
Pete Samuels (Executive Producer) und Will Byles (Executive Creative Director) von Supermassive Games klärten das Rätsel sofort auf: Zwar kannten wir den Titel bereits seit zwei Jahren, doch hat sich seit damals so ziemlich alles geändert. Die Grundidee blieb jedoch erhalten: Wie in einem typisch amerikanischen Horrorfilm zieht es anlässlich des Jahrestages ihres verstorbenen Freundes acht junge Menschen in ein Blockhaus im Wald, um dort für einen Tag zu nächtigen. Wie zu erwarten fangen jedoch einige Personen an zu verschwinden. Und natürlich sind einige Paare unter ihnen, die für die typische Softporno-Erotik sorgen und später zu ethisch verwerflichen Entscheidungen getrieben werden. Die Story stammt aus der Feder der beiden New Yorker Indie-Horror-Autoren Larry Fessenden (Wendigo, Habit) und Graham Reznick (I Can See You).
Supermassive Games bezeichnet sich eher als kleines Indie-Studio, welches von Sony für verschiedenste Tätigkeiten beauftragt wird. So waren sie an dem Killzone HD-Remake von PS2 auf PS3 beteiligt, haben Maps für Guerrilla Games’ Killzone: Shadow Fall gebastelt und eine Dinosaurier-Demo für Project Morpheus gebaut. Von einem typischen Indie-Studio, von dem man meistens eher grob pixelige Arbeiten oder simple 3D Spiele erwartet, ist Supermassive Games weit entfernt. Dank der Beziehungen zum niederländischen Vorzeigestudio von Killzone basiert Until Dawn auf der gleichen Engine wie Killzone: Shadow Fall. Und die kann sich verdammt nochmal sehen lassen.
Der Butterfly-Effekt
Until Dawn wurde deshalb erneut als unangekündigter Titel beworben, weil sich seit der ersten Ankündigung vieles geändert hat. Damals sollte das Spiel für PS3 erscheinen und ein innovatives Horrorspiel aus der Egoperspektive werden, indem man via Move-Controller die Geheimnisse der Geschichte aufdeckt. Doch das war einmal. Aus PS3 wurde PS4. Aus der Egoperspektive eine Third-Person-Ansicht und der Move-Controller wurde für den DualShock 4 ersetzt. Mit diesen fundamentalen Entscheidungen änderte sich entsprechend auch das gesamte Gamedesign und Gameplay.
Wirklich interessant dürfte der Wiederspielwert sein, dessen Spielspaß von Anfang bis Ende zwar nur neun Stunden beträgt, aber jedem Spieler ein völlig eigenständiges Spiel beschert. Hunderte von Entscheidungen im Spiel werden vom Spieler getroffen und enden letztendlich in Millionen verschiedenen Variationen und Strängen. Sollte man in Until Dawn sterben, bedeutet dies tatsächlich den endgültigen Tod. Wer stirbt und ob überhaupt wer stirbt … oder überlebt, hängt ganz vom Spieler ab und speziell von seinen moralischen Entscheidungen. Diese können mitunter so beschissen sein, dass keine der Entscheidungen, die zur Wahl stehen, befriedigen. Um ein Beispiel zu nennen: Zwei Verliebte sitzen angebunden auf einem Stuhl und rostige Kreissägen fahren von der Decke hinab in Richtung Schädel. Als Hommage an verschiedene Horrorfilme erinnert diese Szene an SAW, wobei auch Jason und andere auszumachen waren. Ein Spiel von echten Horrorfans eben. Die Aufgabe, die unser Killer uns stellt, damit wenigstens einer überlebt, ist, sich mit der vor uns befindlichen Pistole zu töten. Oder die Freundin. Oder gar keinen, doch dann übernehmen die Sägen den Tod beider Charaktere. So wirklich glücklich dürfte man mit keiner der Optionen sein.
Die wichtigste Message der Entwickler ist übrigens: “Nichts ist wie es scheint”. Was auf eine spannende Auflösung der Geschichte in allen möglichen Strängen hindeutet, so zahlreich sie auch sind. Und damit man nichts von ihr vergisst, wird einem bei Wiederaufnahme des Spiels ein personalisierter “Was bisher geschah”-Trailer gezeigt.
Killzone: Shadow Fall Engine
Obwohl sich Supermassive Games selbst als Indie-Studio bezeichnet, ist davon nichts zu sehen. Der Sprung von der PS3 zur PS4 und die Verwendung der Engine vonseiten Guerrilla Games machen aus dem Titel eine AAA-Produktion, die technisch selbst große Studios beeindrucken dürfte. Hinzu kommt die tolle schauspielerische Leistung der Synchronsprecher und die glaubwürdigen Animationen bei Mimik und Gestik. Durchweg sprechen die Charaktere miteinander und rattern so unendliche Zeilen an Script herunter. Jede Person hat seinen eigenen ausgefeilten Charakter und bringt so neben den typischen Schockern, die in amerikanischen Horrorfilmen zum Großteil über den kurzzeitig auftauchenden und ohrenbetäubenden Soundeffect entstehen, durchaus auch Spaß mit rein, um sich nach dem Herzrasen mit etwas Wortwitz wieder zu beruhigen.
Die Lightbar des PS4 Controllers dient als Richtung der Taschenlampe und auch der Kopf der Person kann unabhängig zum Herumschauen bewegt werden. Das dient dazu, dass das Spiel völlig ohne HUD auskommt, um die Atmosphäre nicht zu zerstören. Symbole werden erst eingeblendet, wenn man in die jeweilige Richtung schaut und sich in der Nähe befindet. Aktionen werden dann durch Buttoneinblendungen erklärt, die etwas an Quantic Dreams Heavy Rain und Beyond: Two Souls erinnern. Mithilfe des Gyroskops im DualShock 4 Controller drehen wir Schlüssel um oder Blättern mit Hilfe des Touchpads durch Seiten eines Tagebuchs. Diese und andere versteckte Hinweise ändern die Geschichte immer dann, wenn sie entdeckt oder missachtet werden. Zudem versteht man mitunter Hintergründe für bestimmte Ereignisse und deckt so einmal mehr Infos auf und in einem anderen Durchgang einmal weniger … oder völlig andere. Dass das Spiel am Ende des Tages aber Angst machen soll, wird damit garantiert, dass Testspieler über eine spezielle Vorrichtung während der Entwicklung des Spiels beobachtet werden und so ein sogenannter Angstlevel bestimmt wird. Speziell im Gesicht kann mit dieser “Angstmaschine” bei Testern herausgefunden werden, wie man fokussiert für Angst sorgen kann und wie oder warum ein Schocker gut oder weniger gut funktioniert. Diese Angst entsteht dann in drei Schritten. Dem Terror, der ausgelöst wird durch etwas Unbekanntes, Bedrohliches. Der sich verändert und zu Horror herankeimt. Bis aus diesem der Ekel wächst. Und das ist dann Angst.
Mir hat die Präsentation von Until Dawn bei Sony für PS4 sehr gut gefallen. Das Spiel sieht verdammt gut aus, das Gameplay scheint auch nach dem Durchspielen für weitere Durchgänge zu motivieren und die Entscheidung aus dem von vor zwei Jahren zum ersten Mal vorgestellten Titel eine 180-Grad-Wende zu gehen, hat dem Titel ausgesprochen gut getan. Und das, obwohl es damals schon genial aussah. Eine mutige Entscheidung, die sich lohnen wird. Bestimmt! Ich freue mich drauf. 2015 geht der “Spielfilm” an den Start.