Merkel will Eskalation in Edathy-Affäre vermeiden

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist in der Edathy-Affäre um Schadensbegrenzung bemüht. CDU und CSU verschärften aber zugleich den Druck auf die SPD, Aufklärung zu leisten. Der in der Affäre unter Druck geratene SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erhielt in einer Fraktionssitzung laut Teilnehmern breiten Rückhalt.

Überschattet wurde ein Krisentreffen Merkels mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer von der Ankündigung weiterer Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hannover. Dabei geht es darum, ob der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy vor drohenden Ermittlungen gewarnt wurde.

Merkel zeigte sich vor dem Dreiertreffen am Dienstagabend in Berlin zuversichtlich, dass das gegenseitige Vertrauen wieder hergestellt werden kann. Der Rücktritt von Minister Hans-Peter Friedrich (CSU) war für sie notwendig. Friedrich habe die politische Verantwortung für einen möglichen Vertrauensverlust der Bürger in den Rechtsstaat übernommen, «gerade in einem so schrecklichen Feld wie Kinderpornografie», sagte sie. Der CSU-Politiker ist sich keiner Schuld bewusst. «Es war meine Pflicht», sagte er im ZDF.

Friedrich droht nun auch ein Ermittlungsverfahren. Die Staatsanwaltschaft Berlin prüft einen entsprechenden Schritt. Als Innenminister hatte Friedrich im Oktober 2013 SPD-Chef Sigmar Gabriel informiert, dass der Name Edathys bei internationalen Ermittlungen aufgetaucht sei. Deshalb war Friedrich am Freitag zurückgetreten. Die Ermittlungsbehörden aus Hannover und Berlin vereinbarten, dass sich die Berliner Behörde um die Prüfung eines Verfahrens kümmert.

Merkel forderte weitere Aufklärung zu offenen Fragen. Beim Treffen der Parteichefs werde Klartext geredet: «Wir werden das auf den Tisch legen, wo Fragen aufgetreten sind.» Gabriel, Seehofer und sie hätten die Verpflichtung, das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat und die Arbeit der Koalition zu sichern.

Die CSU sieht das Verhältnis zur SPD belastet. «Es geht um Vertrauen. Das ist gestört», sagte Seehofer. Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) sagte: «Es ist die Bringschuld der SPD (...), dafür zu sorgen, die Sache vollständig aufzuklären.» Dabei gehe es darum, ob Edathy aus der SPD gewarnt worden sei.

Oppermann sieht keinen Anlass für persönliche Konsequenzen oder inhaltliche Zugeständnisse, wie er bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit Tagen deutlich machte. «Ich bin zusammen mit Herrn Kauder ein Stabilitätsanker dieser Koalition», sagte er mit Blick auf den Unionsfraktionschef. Die Koalition werde zur Sacharbeit zurückkehren und nichts verknüpfen, die nichts miteinander zu tun habe. Oppermann hatte öffentlich gemacht, dass Friedrich Gabriel informierte.

Mit Spannung wird eine Sitzung des Innenausschusses des Bundestages an diesem Mittwoch erwartet. In nicht-öffentlicher Beratung sollen von der SPD Gabriel, Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Oppermann und Fraktionsgeschäftsführerin Christine Lambrecht Aufkunft geben, außerdem BKA-Präsident Jörg Ziercke und Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Die Fraktionsgeschäftsführerin der Linken, Petra Sitte, kritisierte: «Es ist der Versuch, (...) der Öffentlichkeit weis zu machen, dass sich alle Beteiligten richtig verhalten hätten.»

Möglich scheint ein Untersuchungsausschuss zu dem Fall. Grosse-Brömer und die CSU-Spitzenpolitikerin Gerda Hasselfeldt wollen sich einem von Linken und Grünen beantragten Untersuchungsausschuss nicht verschließen. Für Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ist dies denkbar. Doch der Innenausschuss könne schneller Aufklärung bringen.

Der Fall Edathy wird vermutlich weitere Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hannover zur Folge haben. Dabei würde es um den Verdacht gehen, dass Edathy gewarnt wurde. «Sicherlich wird man dem nachgehen müssen», sagte Sprecherin Kathrin Söfker der dpa. Der frühere niedersächsische Innenminister Heiner Bartling (SPD) hatte dem NDR gesagt, dass Edathy ihm von einem Informanten berichtet habe, der ihn vor den Ermittlungen gewarnt habe.

Mehr als eine Woche nach Durchsuchungen bei Edathy sollen auch seine Computer und Speichermedien aus dem Parlament untersucht werden. Voraussetzung ist, dass der Immunitätsausschuss dem entsprechenden Ersuchen der Staatsanwaltschaft stattgibt, teilte der Bundestag mit. Die Parlamentsverwaltung habe die Geräte auf Bitten von Edathys Nachfolgerin aus dessen ehemaligem Büro geräumt und verwahrt. Seinen Dienst-Laptop hatte Edathy als allerdings gestohlen gemeldet. Die Bundespolizei fahndet nun europaweit nach dem Laptop.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt zudem gegen unbekannt, weil ein Brief der Staatsanwaltschaft an Bundestagspräsident Norbert Lammert über geplante Ermittlungen geöffnet dort angekommen war.

Die Kinderpornografie-Ermittlungen lösten eine neue Diskussion über mögliche schärfere Gesetze aus. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte: «Wir wollen klären, wie wir das gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern oder Jugendlichen unter Strafe stellen können.» Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will schärfere Regeln für Kinderfotos prüfen, die aufreizend, aber nicht explizit pornografisch sind: «Diese Bilder verletzten die Rechte von Kindern.»

Bundesregierung / Bundestag / Kriminalität
18.02.2014 · 18:31 Uhr
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