Merkel mit Denkzettel als Kanzlerin wiedergewählt

Berlin (dpa) - Angela Merkel hat bei ihrer Wiederwahl zur Kanzlerin einen Dämpfer bekommen. Mindestens neun Abgeordnete aus dem schwarz-gelben Lager gaben der CDU-Chefin am Mittwoch nicht ihre Stimme - nach einem Bericht der «Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» waren darunter ostdeutsche CDU-Abgeordnete.

Die Mehrheit für die 55-Jährige, die als erster Regierungschef in der 60-jährigen Geschichte der Bundesrepublik auch bei einem Koalitionswechsel im Amt bleibt, war im Bundestag aber nicht in Gefahr. Die Opposition sprach von einem Fehlstart der Koalition von Union und FDP. Bundespräsident Horst Köhler ermahnte das neue Kabinett bei der Ernennung der Minister, die gigantischen Schulden abzubauen.

Der Start in ihre zweite Amtszeit lief für die Kanzlerin nicht optimal. Bei der Abstimmung votierten 323 der 612 anwesenden Abgeordneten für Merkel. Insgesamt haben Union und FDP aber 332 Abgeordnete, so dass ihr mindestens neun Stimmen aus dem eigenen Lager fehlten. Trotzdem erhielt Merkel 11 Stimmen mehr als die nötigen 312 Stimmen. Sie zeigte sich aber zufrieden.

Erste Kabinettssitzung am Abend

Nach der Ernennung der Minister startete die neue schwarz-gelbe Regierung gleich mit der Arbeit und kam zur ersten Kabinettssitzung zusammen. Im Anschluss reiste Merkel nach Paris, um mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy den EU-Gipfel vorzubereiten.

Merkel will für die Umsetzung der schwarz-gelben Pläne für eine milliardenschwere Steuerentlastung 2011 keine Garantie «auf Punkt und Komma» geben. «Wir versuchen, die Dinge, die wir verabredet haben, umzusetzen», sagte sie der ARD. Dies hänge zum Beispiel auch vom Willen der Bundesländer ab. Steuererhöhungen erteilte sie erneut eine Absage. «Dazu stehe ich», sagte sie im ZDF.

SPD und Grüne reagierten empört darauf, dass Merkel erst am 10. November eine Regierungserklärung vor dem Bundestag abgeben will. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem «Fehlstart» für die Kanzlerin, was sich auch in Gegenstimmen aus den eigenen Reihen niedergeschlagen habe. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast rügte eine «Missachtung» des Bundestages.

Merkel äußert Verständnis für Kritiker

Merkel zeigte Verständnis für die Abweichler. «Ich habe Respekt vor denen, die mich nicht wählen wollten, aus welchen Gründen auch immer», sagte sie der ARD. «Das gehört zur Demokratie dazu. Ansonsten bin ich sehr glücklich, wieder Bundeskanzlerin sein zu können.»

Wie die «Hannoversche Allgemeine Zeitung» berichtete, stimmten mehrere ostdeutsche CDU-Abgeordnete nicht für Merkel. Sie kritisieren eine unzureichende Berücksichtigung ostdeutscher CDU-Politiker im neuen Kabinett. Ein Abgeordneter aus Thüringen, der nicht genannt werden wollte, sagte der Zeitung: «Die Empörung über das neue Personaltableau von Schwarz-Gelb ist groß.» Der Abgeordnete hatte Merkel nicht gewählt. «Dieses westdeutsche Kartell dient sicherlich nicht dem Zusammenwachsen Deutschlands», meinte er.

Das Ergebnis der Wiederwahl gab Bundestagspräsident Norbert Lammert um 10.59 Uhr bekannt. Anschließend wurde Merkel vom Bundespräsidenten ernannt und legte dann ihren Amtseid im Bundestag mit religiöser Bekräftigung ab. Die 15 Minister erhielten am frühen Nachmittag ihre Ernennungsurkunden von Köhler und wurden ebenfalls auf das Grundgesetz vereidigt. Dabei sprachen alle die Formel: «So wahr mir Gott helfe.» Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) legte als erster aus dem Kabinett den Eid ab.

Bundespräsident Köhler warnte die neue Bundesregierung vor «unrealistischen Wachstumshoffnungen». Er forderte sie zum Abbau der Staatsschulden auf. «Ich (...) wünsche mir eine breite politische Aufmerksamkeit und Arbeit für das Ziel, die Staatsverschuldung wieder zurückzuführen. Das verlangen unsere Verfassung und das europäische Gemeinschaftsrecht.» Er mahnte die Koalition, ein Beispiel zu geben. «Unser Land schaut auf Sie.» 

Deutschland wird nun nach sieben Jahren Rot-Grün und vier Jahren großer Koalition erstmals seit 1998 wieder von einem Bündnis aus Union und FDP regiert. Merkel ist seit Oktober 2005 im Amt.   

Von den insgesamt 622 Abgeordneten des neuen Bundestages nahmen 10 Parlamentarier der Opposition nicht an der Kanzler-Wahl teil. Die 332 Abgeordneten von Schwarz-Gelb waren dagegen komplett dabei. Mit Nein stimmten 285 Parlamentarier, 4 enthielten sich. Merkels Ergebnis entsprach einer Zustimmung von 52,8 Prozent der abgegebenen Stimmen.

Der neue Kanzleramtsminister Ronald Pofalla nannte die fehlenden Stimmen aus dem eigenen Lager bedauerlich. Der künftige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte, so etwas könne bei «einer so großen Gruppe» immer passieren. «Manche denken nicht zu Ende», fügte er verärgert hinzu. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger sagte der dpa, ihre Fraktion habe geschlossen für Merkel votiert. «Das ist unsere Wunschkoalition, und wir werden dieser Regierung beim Start alle Unterstützung geben, die sie nötig hat.»

An diesem Donnerstag steht in den meisten Ministerien, die einen neuen Ressortchef bekommen, die Amtsübergabe an. Insgesamt gibt es in zwölf Häusern einen Wechsel. Merkel reist an diesem Donnerstag zusammen mit dem neuen Außenminister Westerwelle zum EU-Gipfel nach Brüssel. Nächste Woche ist sie in den USA. Westerwelle will dann zu seinen ersten Solo-Reisen starten.

Bundesregierung / Bundestag
28.10.2009 · 19:32 Uhr
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