Krankengeldfalle: Regierung sieht keinen Bedarf für Verbesserungen
Bei einer längeren Krankschreibung erhalten gesetzliche Versicherte in Deutschland nach sechs Wochen von ihrer Krankenkasse das sogenannte Krankengeld. Doch in einigen Fällen wird die Leistung trotz bestehender Krankheit nicht weiter gezahlt. Für Menschen, die inzwischen arbeitslos sind, bedeutet das unter Umständen den finanziellen Ruin. Die Politik unternimmt dagegen wenig.
Oftmals dauert eine Krankschreibung nur wenige Tage, etwa aufgrund einer Erkältung. Doch manchmal brauchen Körper oder Psyche längere Zeit, um sich von einer Erkrankung oder einem Unfall zu erholen. Arbeitnehmer in Deutschland können sich in solch einem Fall sicher sein, dass sie sechs Wochen lang eine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber erhalten. Danach springt die Krankenkasse ein und zahlt das Krankengeld. Auch für gesetzlich versicherte Selbstständige und Freiberufler, die den normalen Beitragssatz an ihre Krankenversicherung zahlen, haben Anspruch auf Krankengeld.
Jährlich endet aber für tausende Bezieher von Krankengeld der Bezug der Leistung abrupt, weil zwei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aufgrund derselben Erkrankungen nicht nahtlos aneinander anschließen. Wer inzwischen arbeitslos geworden ist, hat dann plötzlich nur noch Anspruch auf das meist weitaus geringere Arbeitslosengeld I beziehungsweise II. Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) wünscht sich daher mehr Kulanz von den gesetzlichen Krankenkassen.
Krankengeld: Seit Juli 2015 Erleichterungen in Kraft
Vor dem 23. Juli 2015 tappte gesetzlich Versicherte noch schnell in die Krankengeldfalle. Bis dahin galt, dass sich Erkrankte schon am letzten Tag ihrer aktuellen Krankschreibung beim Arzt eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abholen müssen. Denn eine Krankschreibung gilt normalerweise erst ab dem Folgetag. Das Bundessozialgericht hatte sogar geurteilt, dass die Krankenkasse darüber hinaus rechtzeitig über die erneute Krankschreibung informiert werden muss. Doch der Gesetzgeber lenkte hier ein und änderte den entsprechenden Abschnitt im Sozialgesetzbuch. Seitdem reicht es aus, wenn die nächste Krankschreibung am Tag nach Ablauf der vorhergehenden ausgestellt wird.
Politik sieht Krankengeldfalle entschärft
Dennoch versäumen jährlich tausende Betroffene den nahtlosen Übergang ihrer Krankschreibungen. Manch ein Patient geht zum Beispiel davon aus, dass eine Krankschreibung auch rückwirkend ausgestellt werden kann, wenn die Praxis wegen Urlaub geschlossen ist oder der Arzt an dem Tag, an dem die Bescheinigung fällig ist, keine Sprechzeiten hat. Die Krankenkassen könnten sich hier kulant zeigen. Doch allzu oft geschieht das nicht. Schließlich machen Krankschreibungen einen nicht geringen Teil ihrer Ausgaben aus. Allein im letzten Jahr waren es etwa 11,68 Milliarden Euro. Die Krankengeldfalle ist somit für die Kassen eine Möglichkeit, Kosten zu sparen. Karl-Josef Laumann (CDU), Patientenbeauftragter der Bundesregierung, sieht laut Welt am Sonntag dennoch keinen Grund für weitere Nachbesserungen. "In der Vergangenheit hatten sich auch bei mir viele Bürger darüber beschwert", räumte er gegenüber der Zeitung zwar ein. Nun erreichen ihn jedoch nur noch vereinzelt Beschwerden von Bürgern.
Auch Privatpatienten müssen aufpassen
Privat Krankenversicherte haben nur dann Anspruch auf Krankengeld, wenn sie diese Leistung mit ihrem Versicherer vereinbaren. Für sie gilt dabei ebenfalls, dass es wichtig ist, bei einer längeren Krankheit auf den Übergang der Bescheinigungen zu achten.
Wie lange besteht Anspruch auf Krankengeld?
Das Krankengeld wird nach sechs Wochen im Anschluss an die Lohnfortzahlung des Arbeitsgebers gezahlt. Sie beträgt 70 Prozent des Brutto-, jedoch maximal 90 Prozent des Nettolohns. Auf Grund der gleichen Erkrankung können Patienten bis zu 78 Wochen Krankengeld innerhalb von drei Jahren erhalten. Tritt beispielsweise nach einem Bandscheibenvorfall eine zeitweise Besserung ein, verlieren Patienten nicht ihren Anspruch, wenn sie nach mehreren Wochen erneut arbeitsunfähig werden.