Körperscanner kommt: Striptease für die Sicherheit?

Amsterdam (dpa) - Angst in den Gesichtern beim Anflug auf Detroit. Ein finsterer Typ versucht, Sprengstoff zu zünden. Ein selbstloser Retter entreißt ihm die Bombe, erstickt die Flammen - und sagt dann in die Kamera: «Mit dem neuen Körperscanner XY wäre es nicht soweit gekommen.»

So ein Werbevideo wird es aus Gründen der Pietät wohl nie geben. Es wäre auch kaum erforderlich: Viele Experten scheinen sich nach dem knapp gescheiterten Bombenanschlag auf Flug NW253 einig zu sein, dass die umstrittenen «Nacktscanner» bald weltweit eingeführt werden. Ein Feldversuch auf dem Amsterdamer Airport Schiphol bestärkt sie darin.

«Das ging ja blitzschnell, ich habe überhaupt nichts gespürt», sagt eine etwa 30-jährige blonde Holländerin als sie aus dem sechseckigen und an zwei Seiten offenen «Kontrollschrank» mit dem Markenlogo «L3 ProVision» kommt. Ihren Namen will die Frau, die freiwillig als Testperson in den Scanner stieg, «lieber doch nicht» veröffentlicht sehen. «Das Ganze dauert nur zwölf Sekunden», lobt sie. «Man muss keine Schuhe ausziehen und keinen Gürtel abschnallen. Und wie beim Striptease kommt man sich wohl nur vor, wenn man auch sonst öfter mal glaubt, mit Blicken ausgezogen zu werden.»

Doch was ist mit der weit verbreiteten Vorstellung vom Scanner als «Spannerkasten»? Immerhin sorgt die Millimeterwellen-Technologie der Geräte doch dafür, dass jeder Mensch wie einst die Hauptfigur in Hans Christian Andersens Märchen «Des Kaisers neue Kleider» dasteht - also splitterfasernackt. Bis auf die Haut werden die Kontrollierten im Scanner durchleuchtet. Alle eventuell am Körper befestigten Gegenstände - also auch Waffen oder Plastiksprengstoff - machen die Geräte sichtbar.

Genau deshalb freilich verlangen viele Sicherheitsexperten die weltweite Einführung der Körperscanner. Bei herkömmlichen Kontrollen mit Metalldetektoren gebe es einfach «eine besorgniserregend hohe Anzahl von Sicherheitslücken und Pannen», warnt auch der Vorsitzende der deutschen Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg. Kritiker hingegen beklagen die Gefahr einer nicht hinnehmbaren Verletzung der Menschenwürde, manche sprechen vom «gläsernen Bürger».

Da können die Sicherheitsbeamten, die auf dem Amsterdamer Airport insgesamt 16 Test-Scanner bedienen, inzwischen nur noch abwinken. Sicher, so wird eingeräumt, die erste Generation der «Body Imager» - als noch Kontrolleure danebensaßen und die «Nacktbilder» in Sichtweite «durchleuchteter» Frauen, Männer und Kinder auswerteten - hatte schon etwas von einer «behördlichen Peepshow». Auch deshalb hatte das Europaparlament im Oktober 2008 die EU-Kommission gestoppt, die schon bereit war, Körperscanner generell für die Flugsicherheit zuzulassen.

Inzwischen, so Schiphol-Betriebsdirektor Ad Rutten, werde in Amsterdam ebenso wie in vielen Städten der USA, in Moskau, Zürich und London die neueste Scanner-Generation getestet. «Und die sollte dann eigentlich alle Bedenken des Europaparlaments zerstreuen.»

Die neuesten Geräte böten nämlich nicht nur gute Chancen, Sprengstoff zu erkennen, wie ihn am ersten Weihnachtstag der nigerianische Attentäter durch alle herkömmlichen Kontrollen schmuggeln konnte. Sie seien auch vollkommen automatisiert. Das heißt die Scanbilder von unbekleideten Körpern bekommt - angeblich zumindest - kein anderer Mensch mehr zu sehen, sondern nur noch der Computer.

Sobald dem Rechner an einem Körper irgendetwas gefährlich erscheint, gibt er eine Warnmeldung. Die betreffende Person, so schildert Rutten, werde dann - ähnlich wie wie bei Zweifelsfällen mit der bislang eingesetzten Metaldetektortechnik - einer herkömmlichen Leibesvisitation unterzogen.

Zudem werde jedes «Nacktbild» nach normalem Verlauf der automatisierten Kontrolle gelöscht. Mit diesen Nachbesserungen, so glauben die Scanner-Befürworter, werde sich das System bald weltweit durchsetzen. Dass sich damit auch Hoffnungen auf «Bombengeschäfte» verbinden, versteht sich.

Unternehmen wie der Konzern L3 Communications mit Sitz in Woburn (US-Bundesstaat Massachusetts), der nach eigenen Angaben mit einem Jahresumsatz von 14 Milliarden Dollar der weltweit größte Lieferant von Geräten für Sicherheits-Screenings ist und dem Amsterdamer Airport Scanner zum Testen zur Verfügung stellte, sehen international große Einsatzmöglichkeiten für die neue Gerätegeneration.

Unter anderem Gefängnisse, Einrichtungen der Post für den Paketverkehr, Regierungsgebäude, Verkehrskontrollen, zählt das Unternehmen in seiner Firmenwerbung auf. Der Fantasie sind da kaum Grenzen gesetzt. Allerdings gilt das wohl auch für die Terroristen. Längst habe sich das Terror-Netzwerk El Kaida mindestens einen der neuen Körperscanner verschafft und probiere, mit welchen Arten von Explosivstoffen sich die Geräte überlisten ließen, berichtete die Amsterdamer Zeitung «De Telegraaf» unter Berufung auf Kreise des niederländischen Militärgeheimdienstes.

Terrorismus / Luftfahrt / USA / Niederlande
29.12.2009 · 16:56 Uhr
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