Doch kein «Charlie-Hebdo»-Wagen im Kölner Karneval

Köln (dpa) - Schnell noch ein Rosenmontags-Wagen zum Anschlag auf die Satire-Zeitschrift «Charlie Hebdo» - diese Kölner Idee ist noch keine zwei Wochen alt und nun schon wieder begraben. Dazwischen lagen eine Abstimmung auf Facebook über das beste Motiv und Gerüchte, dieser Wagen könne Attentäter provozieren.

Nun hat das Festkomitee Kölner Karneval den Plan gestoppt und erntet dafür massive Kritik.

«Traurig», «peinlich», «schwach» lauteten Kommentare auf der Facebookseite des Komitees. Als Französin, die als Zuschauerin dabei sein werde, habe sie sich sehr über die Kölner Aktion gefreut, mit einem Wagen die Meinungs- und Pressefreiheit zu verteidigen, schreibt eine Frau: «Und jetzt das! Enttäuschend. Aber ich komme trotzdem und feiere mit.»

Vereinzelt gab es auch Zustimmung zum Entschluss, den Terror von Paris nicht zum Thema im Rosenmontagszug zu machen: «Ich glaube da gibt es andere Plattformen als den Karneval», hieß es sowie «war sicher keine leichte Entscheidung».

Genau dort, wo diese Kommentare stehen, hatte das Festkomitee bis vor einer Woche online über den Wagen abstimmen lassen. 14 Motive standen zur Auswahl, mehr als 7000 Menschen hatten sich beteiligt. Und ein Jeck, der mit einem Zeichenstift das Gewehr eines Terroristen verstopft, bekam die größte Zustimmung.

Schon während der Abstimmung hatten besorgte Jecken auch die Frage aufgeworfen, ob die Morde von Paris überhaupt Thema im «Zoch» sein sollten. «Dazu sagen wir ganz klar ja», hatte vor einer Woche Zugleiter Christoph Kuckelkorn erklärt, «denn die Angriffe waren ein Anschlag auf die Meinungsfreiheit - im Karneval auch bekannt als Narrenfreiheit».

Dazu steht Kuckekorn nach wie vor. Aber viele Karnevalfans hätten sich nach Gerüchten über angebliche Risiken gemeldet und gesagt, sie trauten sich nicht zum Rosenmontagszug. «Und spätestens an diesem Punkt muss man als Karnevalist sagen, wir wollen in erster Linie Fastelovend feiern», begründete Kuckelkorn den Rückzieher.

In der Mitteilung des Festkomitees von Mittwochabend hieß es: «Einen Persiflagewagen, der die Freiheit und leichte Art des Karnevals einschränkt, möchten wir nicht.» Sicherheitsbedenken spielten bei der Entscheidung ausdrücklich keine Rolle, es habe auch genug Karnevalisten gegeben, die auf dem Wagen mitfahren wollten.

Nicht nur Kölner Karnevalfans reagierten. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte der «Rheinischen Post» (Freitag), es sei auch Teil der Meinungsfreiheit, etwas nicht zu tun, und fügte hinzu: «Wir dürfen jetzt nicht in Angst und Furcht erstarren und uns einschüchtern lassen.»

Sven Lehmann, Vorsitzender der NRW-Grünen und Kölner, meinte: «Wie kann man einen so breiten Beteiligungsprozess machen und dann das Ergebnis einfach zurückziehen?» Von einem Einknicken vor extremistischen, radikalen Kräften sprach der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. Er äußerte im «Express» (Freitag) aber Verständnis: «Wir alle wollen Rosenmontag als großes Volksfest unbeschwert erleben. Ohne, dass es von möglichen Gefahren oder Ängsten überschattet wird.»

Das Comitee Düsseldorfer Carneval wollte die Kölner Kehrtwende ausdrücklich nicht kommentieren. Ob Wagenbauer Jacques Tilly den islamistischen Anschlag von Paris thematisiert, steht ihm frei. Die Düsseldorfer Wagen sind traditionell erst beim Umzug selbst zu sehen.

Brauchtum / Extremismus / Karneval
29.01.2015 · 17:20 Uhr
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