Koalition nach Spar-Beschluss weiter unter Druck

Berlin (dpa) - Auch nach ihrer Einigung auf einen beispiellosen Sparkurs kommt die schwarz-gelbe Koalition nicht in ruhigeres Fahrwasser. Ein am Dienstag postwendend begonnenes internes Ringen um Einzelposten setzt die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter unter Druck.

Hinzu kommen der Gesundheitsstreit zwischen CSU und FDP sowie die massive Kritik von Opposition und Verbänden am Sparprogramm.

Führende Koalitionsmitglieder teilten mit, dass über die Pläne der gut 80 Milliarden Euro umfassenden Einsparungen hinaus nach weiteren Ausgabenkürzungen gesucht werde. Das könnte unter anderem die Atomwirtschaft treffen. Die CDU zeigte sich angesichts des Spardrucks bereit, nun doch über die Aussetzung der Wehrpflicht zu sprechen. Damit bricht sie mit einem bisherigen Tabu.

Während das Sparpaket von führenden Koalitionsmitgliedern als sozial ausgewogen verteidigt wurde, reagierten Gewerkschaften, Verbände und Opposition zum Teil «entsetzt». Aber auch der CDU- Sozialflügel kritisierte, die Regierung schone Vermögende und die Finanzbranche. Schuld daran sei die FDP, sagte der Bundesvize der CDU-Sozialausschüsse, Christian Bäumler, der Nachrichtenagentur dpa.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier kündigte massiven Widerstand an. Für DGB-Chef Michael hat «der gesellschaftliche Kampf» begonnen, das Bündnis «Wir zahlen nicht für eure Krise» rief zu einer Demonstration am Samstag in Berlin auf. Die EU-Kommission sieht Deutschland dagegen mit dem Sparpaket auf dem richtigen Weg zur Erfüllung europäischer Vorgaben. Unterstützung kam auch vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK).

Der FDP-Chef und Vize-Kanzler Guido Westerwelle wies den Vorwurf der sozialen Kälte zurück und machte zugleich deutlich, dass er mit heftigen Auseinandersetzungen bis zur Umsetzung des Sparpakets rechnet. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte: «Wir machen jetzt erst den Einstieg in die Konsolidierung (...).»

Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) kritisierte den Verzicht auf einen höheren Spitzensteuersatz. Saarlands Ministerpräsident Peter Müller (CDU) sagte, der Grundsatz, dass starke Schultern mehr tragen müssen als schwache, sei im bisherigen Konzept nicht zufriedenstellend umgesetzt. Die CSU- Landesgruppe will Änderungen am Sparpaket prüfen.

Die schwarz-gelbe Regierung hatte am Montag in Berlin das größte Sparpaket der bundesdeutschen Geschichte beschlossen. Mehr als 80 Milliarden Euro sollen in den kommenden vier Jahren gespart werden. Die größten Einschnitte stehen bei Arbeitslosen und öffentlichem Dienst an. Auch die Wirtschaft muss Milliarden zahlen. Die Frage, ob in dieser Wahlperiode Mehrwert- oder Einkommensteuer doch noch erhöht werden könnten, blieb am Dienstag offen.

Ungeachtet der Sympathien aus Union und FDP für den rot-grünen Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck glaubt die Koalition aber, dass sie ihren Bewerber Christian Wulff (CDU) bei der Wahl am 30. Juni erfolgreich durchbringen wird. Andernfalls wäre das schwarz- gelbe Bündnis wohl auch am Ende.

CSU-Chef Horst Seehofer forderte nach dem «Wildsau»-Vorwurf von Gesundheits-Staatssekretär Daniel Bahr (FDP) gegen die CSU eine Klarstellung von der CDU-Vorsitzenden Merkel und FDP-Chef Westerwelle. «Ich möchte mit den beiden Parteivorsitzenden reden», sagte Seehofer. Allerdings hatte die CSU die FDP ihrerseits eine «Gurkentruppe» genannt. Erneut wies Seehofer den Vorschlag von FDP- Gesundheitsminister Philipp Rösler für eine zusätzliche Belastung von 30 Euro pro Kassenmitglied im Monat zurück.

Merkel und Westerwelle hatten sich bereits am Vortag von den beidseitigen Verbalattacken distanziert. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Ich hoffe, dass jetzt nicht über Empfindlichkeiten geredet werden soll.» Dem Bayerischen Rundfunk sagte sie über die Koalition: «Das ist ein Zweckbündnis.» FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger sagte: «Ich glaube, dass diese Anstrengung, das Land zukunftsfähig zu machen, die Koalition weiter zusammenschweißt.»

Den Atomkonzernen Eon, RWE, EnBW und Vattenfall drohen neben einer neuen Brennelemente-Steuer weitere Milliardenbelastungen. Die Union will für längere Laufzeiten der Kernkraftwerke deutlich mehr Geld kassieren als die jährlich 2,3 Milliarden Euro aus einer neuen Brennelemente-Steuer. An der Börse gehörten die Aktien von Eon und RWE am Dienstag zu den größten Verlierern. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sah die neue Steuer kritisch.

Die Union zeigte sich unterdessen nun doch bereit, über den Vorstoß von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zur Aussetzung der Wehrpflicht zu sprechen. Damit erscheint erstmals nicht mehr ausgeschlossen, dass der in den 50er Jahren eingeführte Zwangsdienst für Männer als eines der letzten Tabus bei der Reformierung der Bundeswehr langfristig fällt. Die FDP ist schon lange für eine Aussetzung der Wehrpflicht.

Haushalt / Steuern
08.06.2010 · 22:47 Uhr
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