Kindermörder ist Folteropfer - Kein neuer Prozess

Straßburg/Berlin (dpa) - Der Kindermörder Magnus Gäfgen hat als Folteropfer der Polizei einen Anspruch auf Schadenersatz. Eine Neuauflage seines Prozesses schloss der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Dienstag aber aus.

So bleibt der Erfolg des 35-Jährigen mit seiner Folterbeschwerde gegen den deutschen Staat eher symbolisch. Seine Hoffnung auf ein neues Verfahren hat sich mit dem Urteil der Straßburger Richter ein für alle Mal zerschlagen.

Gäfgen hatte vor knapp acht Jahren den Bankierssohn Jakob von Metzler entführt und ermordet. Fahnder drohten dem Festgenommenen damals mit körperlichen Schmerzen, damit er das Versteck des Jungen nenne. Die Polizisten glaubten, der Entführte sei noch am Leben. Tatsächlich war der Elfjährige längst tot.

Die Straßburger Richter befanden, dass «die Drohung mit vorsätzlicher Misshandlung als unmenschliche Behandlung im Sinn des absoluten Folterverbots der Menschenrechtskonvention einzustufen ist». Doch einem neuen Gerichtsverfahren, wie es Gäfgen erhofft hatte, schoben die Grundrechts-Richter einen Riegel vor. Der Strafprozess gegen Gäfgen «muss im Ganzen als fair betrachtet werden», hieß es in der Urteilsbegründung.

Die Richter äußerten sich nicht näher zum Schmerzensgeld für Gäfgen, forderten Deutschland aber auf, das Schmerzensgeldverfahren «zügig zu beenden». Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) schloss sich dieser Forderung an: «Der Gerichtshof hat hervorgehoben, dass der Verstoß gegen das Verbot der unmenschlichen Behandlung nicht ausreichend wieder gut gemacht wurde. Es ist jetzt Sache des damit befassten Gerichts, das bereits seit mehr als drei Jahren anhängige Schadensersatzverfahren unter Beachtung dieses Urteils zu Ende zu bringen».

Die Ministerin stellte zugleich klar: «Das Folterverbot gilt absolut. Die Menschenwürde ist das kostbarste Gut der Menschenrechte und Grundlage unseres gesamten Rechtssystems. Diese rote Linie darf niemals überschritten werden.» Auch Gäfgens Anwalt Michael Heuchemer betonte diesen Tenor des Urteils. «Dies ist ein Signal, dass derartige Methoden bei der Polizei nicht einzusetzen sind», sagte Heuchemer nach der Urteilsverkündung.

Positiv äußerte sich auch der Anwalt der Familie des Mordopfers Jakob von Metzler. «Die Familie ist erleichtert, dass es keinen neuen Prozess geben wird», sagte Rechtsanwalt Eberhard Kempf. Hessens Innenminister Volker Bouffier (CDU) hob hervor, dass der Prozess gegen Gäfgen laut EGMR fair war und eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht in Frage komme: «Das ist insbesondere für die Familie des Opfers wichtig, damit die ganze Geschichte nicht noch einmal aufgewühlt wird», erklärte Bouffier in Wiesbaden. Der Menschenrechtsgerichtshof hielt fest: Gäfgen habe in der Hauptverhandlung seine Tat «freiwillig» gestanden, dies sei die Grundlage seiner Verurteilung gewesen. Man habe ihn informiert, dass seine früheren Aussagen nicht als Beweis gegen ihn verwendet werden dürfen. Die erste Kammer des EGMR hatte vor zwei Jahren Gäfgens Beschwerde abgewiesen. Der 35-jährige ehemalige Jura-Student verbüßt im hessischen Schwalmstadt eine lebenslange Haftstrafe. Entführt hatte er den Jungen aus Habgier und Geltungssucht. Er war pleite, wollte aber seiner Freundin und gut situierten Freunden vortäuschen, er arbeite bei einer Kanzlei. Kurz nachdem er das erpresste Lösegeld von einer Million Euro abgeholt hat, wurde er von der Polizei festgenommen.

Homepage des Anwalts: http://dpaq.de/7k88N

Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte

Menschenrechte / Urteile / Deutschland
01.06.2010 · 21:33 Uhr
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