Killing Room: Wie Videospiele einzigartige Erfahrungen erzeugen können

Mein Name ist Milan “Hulk” Moore. Killing Room kannte ich natürlich bereits aus dem TV. Seit diese Reality-Show das erste Mal ausgestrahlt wurde, war sie in aller Munde. Die einen behaupteten, es sei das größte Kunstwerk des 22. Jahrhunderts. Die anderen hielten es für den Rückfall in die Barbarei. Nun stehe ich selbst hier in diesem Fahrstuhl und warte darauf, dass sich die Türen öffnen und tausende Zuschauer meinem vermeintlichen Tod  . Aber ich habe mich vorbereitet. Ich habe mir jede Folge noch einmal angesehen, um zu sehen, mit welchen Fallen und Gegnern ich rechnen muss. Ich habe mir eine Strategie zurechtgelegt und ich habe trainiert. Warum ich an dieser Show überhaupt teilnehme? Nun ja, ich brauche das Geld. Aber es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass mir der Ruhm, der am Ende auf mich wartet, sollte ich da lebend raus kommen, egal wäre.

Die Fahrstuhltür öffnet sich. Wie jeden Kandidaten haben sie mich mit einer Pistole ausgerüstet. Im ersten Raum wartet noch eine weitere Waffe – eine kleine Maschinenpistole mit zwei Magazinen – auf mich. Die werde ich mir für härtere Kämpfe aufheben. Ich gehe durch die erste Tür. Fünf blaue, fliegende Babyköpfe rasen auf mich zu. Sehr gut! Diese Gegner kenne ich. Sie sind schnell, aber wenn man in Bewegung bleibt und gut zielt sterben sie wie die Fliegen. Ich sehe eines dieser explosiven Fässer, die überall in den Räumen verteilt sind. Dort locke ich die fünf hin und schieße auf das Fass. Es explodiert und mit ihm auch diese widerlichen Geschöpfe. Der erste Raum ist gesäubert. Es liegen zwar noch ein paar Stacheln und Bärenfallen auf dem Boden herum, aber es sind keine Gegner mehr zu sehen. Die Kamera, die um mich herum fliegt und die Bilder an das Publikum überträgt, fliegt summend an mir vorbei. Man hört die Menge jubeln.

Ich gehe in den nächsten Raum. Es sind keine Gegner zu sehen. In einem Kühlschrank neben der Tür liegt ein Verbandskasten, den ich mitnehme. Der könnte später noch einmal nützlich sein. In der Mitte des Raumes steht so eine Art Telefonzelle. Ich gehe näher. Es ist ein Schild angebracht und darunter befinden sich zwei Knöpfe. Man schlägt mir eine Wette vor: Knopf 1 tötet mich mit einer Wahrscheinlichkeit von 25%. Allerdings steigt meine Popularität um einen erheblichen Wert. Knopf 2 hingegen tötet mich mit einer Wahrscheinlichkeit von 80%, jedoch schießt meine Popularität in die Höhe und jeder weiß: Je höher meine Popularität, desto bessere Gegenstände bekomme ich am Ende der Etage. Welchen Knopf soll ich drücken? Ich will gewinnen und um die 8 Etage dieser Hölle zu überleben, werde ich gute Gegenstände benötigen. Manchmal muss man eben ein Risiko eingehen und 20% Überlebenschance sind gar nicht so übel. Also Drücke ich den Kn…

Mit diesen fliegenden Babyköpfen bekommt man es in Killing Room regelmäsig zu tun.

Rogue-like First Person Shooter

So in etwa muss sich ein Kandidat in Killing Room fühlen und so in etwa fühlt man sich auch als Spieler. Killing Room ist ein rogue-like First-Person Shooter von alda Games. Diese waren bisher nur für Kinderspiele, in denen es darum geht, eine Schnecke zu retten oder für andere kleinere Towerdefense Spiele bekannt. Killing Room fällt dabei regelrecht aus der Reihe. In Killing Room sind wir Teilnehmer in einer Reality Show bei der es darum geht, die acht Etagen eines Gebäudes zu durchqueren, in denen uns genetisch modifizierte Monstrositäten erwarten. Ähnlich wie bei anderen rogue-like Spielen wie The Binding of Isaac sind alle Räume zufallsgeneriert und auch die Eigenschaften und Fähigkeiten des Charakters sind bis zu einem bestimmten Punkt zufällig.

Besonderes Element bei Killing Room: viele Aktionen führen nach sich, dass die Popularität, die man bei der Zuschauerschaft hat, steigt oder fällt. Und je nach Popularitätsgrad fallen dann auch die Gegenstände und Eigenschaften aus, die man am Ende eines Levels erhält. Für Streamer gibt es außerdem noch ein sehr spezielles Feature: Sie können die virtuellen Zuschauer durch ihre tatsächlichen Zuschauer ersetzen.

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Am Ende jeder Etage erwartet einen ein Bossfight.

Wie ein Spiel einzigartige Erfahrungen schaffen kann

Was dieses Spiel allerdings wirklich besonders macht ist das Konzept und wie damit inhaltlich umgegangen wird. Die Idee einer solchen Reality-Show ist natürlich wie für unsere Gesellschaft gemacht. Sobald es um Mord und Gewalt geht, sitzen alle vor den TV-Geräten und fiebern mit. Da scheint es nahe zu liegen, eine Mischung aus Dschungelcamp und Irakkrieg als Grundlage für ein Computerspiel zu nehmen. Und tatsächlich übermittelt das Spiel eine seltsame Wirkung: Man fühlt sich ständig beobachtet, verflucht das Publikum, weil man selbst in der Scheiße steckt, während die gemütlich auf ihren Zuschauerplätzen sitzen und man merkt mit jedem Druck auf “New Game”, dass die Persönlichkeiten der Charaktere vollkommen egal sind. Arme Menschen werden für das Vergnügen der Reichen verbrannt. Doch in welcher Position befindet sich der Spieler? Zwar spielt man einen der Kandidaten, aber man findet natürlich selbst Unterhaltung an besonders bizarren Todesursachen. Und schließlich schickt man selbst vom Hauptmenü aus, einen Kandidaten nach dem nächsten in den Tod.

Das Spiel behandelt diese Problematik mit einer großen Portion Ironie. Nicht nur, dass es jeden Charakter benennt und ihm einen tollen Spitznamen wie “Hulk” oder “Hero” gibt. Auch die Reaktionen des Publikums und die Details der Level sind wunderbar zynisch. Das Publikum buht einen aus, wann immer einem etwas Positives geschieht. Egal ob man ein Schloss aufknackt, um an etwas mehr Leben zu gelangen oder ob man sich Munition an einem der Automaten kauft, bei denen man Vorteile durch das Aufgeben von Popularität erlangt. Natürlich kann man auch negative Eigenschaften in Kauf nehmen, um seine Popularität wieder zu steigen. Auch diese sind teilweise auf wundersame Weise tragisch-amüsant: Ich hatte schon Runs, in denen habe ich ein Auge verloren und hatte dadurch tatsächlich ein eingeschränktes Sichtfeld. Wenn man dann noch bedenkt, dass es keine Auto-Nachladefunktion gibt und alle Räume mit Fallen gespickt sind, kann es schnell hektisch werden.

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Eines muss man den Entwicklern lassen: sie sind kreativ im Erdenken von Todesursachen.

Wir sind nur die Spielfiguren in einem Spiel

Die Fallen reichen von Bärenfallen, über Stacheln am Boden bis hin zu riesigen Äxten, die von der Decke schwingen, sodass man sich wie Mario in Bowsers Schloss fühlt. Die cleverste Falle, die mir begegnet ist: ein riesiges Poster einer halbnackten Frau mit einer winzigen Bildunterschrift. Kommt man näher, um den Text zu lesen, fällt man in eine Grube mit tödlichen Stacheln. Die Gegnertypen sind ebenso vielfältig wie abgedreht. Fliegende Babyköpfe, Schneemänner oder Raktenwürmer. Am Ende jeder Etage wartet ein Boss auf einen.

Diese Mischung aus Ironie, Witz und Liebe zum Detail macht Killing Room zu einem großartigem Indietitel. Die Fallen und die Interaktionen mit dem Publikum machen einem deutlich, welchen Einfluss die Entwickler durch das Spiel auf die Erfahrung des Spielers nehmen. Das Spiel kann den Spieler jederzeit umbringen, ohne einen besonderen Grund dafür zu haben. Es ist eines dieser Spiele, die einem nicht nur Spielspaß bieten, sondern auch eine ganz spezielle Erfahrung, die man so schnell nicht wieder vergisst.

Gaming
[next-gamer.de] · 20.01.2017 · 18:32 Uhr
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