Kassen in Not: Weiterer BKK droht die Pleite

Düsseldorf/Berlin (dpa) - Viele Patienten der bankrotten City BKK stehen bei anderen Kassen vor verschlossener Türe - da droht schon der nächsten Betriebskrankenkasse die Insolvenz. Die Finanznot einzelner Kassen wird sich voraussichtlich auf viele weitere Versicherungen ausweiten.

Als nächstes erhebt die zweitgrößte deutsche Innungskrankenkasse Vereinigte IKK wegen schlechter Finanzlage einen Zusatzbeitrag von acht Euro.

Die Entscheidung des Verwaltungsrats begründete die Innungskasse am Freitag mit ihrer hohen Zahl von Versicherten in Ballungszentren. Viele Kliniken und eine hohe Arztdichte treiben hier die Kosten hoch. Kann der Aufschlag nicht doch noch im letzten Moment abgewendet werden, wird er erstmals zum 15. August fällig.

Nach der Pleite der City BKK droht jetzt der Betriebskrankenkasse (BKK) für Heilberufe in Düsseldorf die Zahlungsunfähigkeit. Das zeigte die Kasse dem zuständigen Bundesversicherungsamt (BVA) in Bonn an, wie aus einem der dpa vorliegenden Schreiben des Kassenbeirats hervorgeht. Die Schließungskosten belaufen sich nach Schätzungen demnach auf 34 Millionen Euro bis zum Jahresende, dazu komme ein bereits bekanntes Darlehen in Höhe von 48 Millionen Euro.

Um eine Insolvenz abzuwenden, sei die Kasse auf Partnersuche, sagte Sprecher Ulrich Rosendahl der dpa. Die Zeit ist knapp: Bis Anfang Juni solle entschieden sein, ob es Interesse gebe. Die angeschlagene Düsseldorfer Kasse hat 127 000 Versicherte. Allein 2010 sei die Hälfte ihrer Mitglieder verloren gegangen.

«Es laufen mehrere Gespräche mit Fusionskandidaten», bestätigte die Sprecherin des BKK-Bundesverbands, Christine Richter, der dpa. «Ökonomisch am vernünftigsten wäre eine Fusion mit Finanzhilfen aus dem BKK-Lager, weil Schließungskosten oder Insolvenzkosten mit hoher Wahrscheinlichkeit höher liegen würden.»

Ungeachtet aller Proteste aus der Politik und vom BVA finden viele Versicherte der bankrotten City BKK weiter keine neue Kasse. Wegen des Andrangs von City-BKK-Kunden hat die Barmer GEK ihre neun Kundencenter in Hamburg geschlossen. «Nun müssen sich die Mitarbeiter erst einmal um die Anliegen unserer Versicherten kümmern», sagte ein Sprecher. Am Montag sollten die Center wieder öffnen.

Die Techniker Krankenkasse versetzte Mitarbeiter in belastete Kundencenter. Ein Riesenansturm auf die AOK-Filialen in Berlin machten der AOK allmählich Probleme, sagte der Vorstandschef der AOK Nordost, Frank Michalak, dem «Tagesspiegel». Auf Einladung des BKK-Verbands wollen sich Vertreter der Kassen und ihrer Verbände am kommenden Donnerstag treffen, um eine Lösung für die City-BKK-Kunden zu suchen, wie Richter mitteilte.

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) zeigte sich empört über das Verhalten abweisender Kassen. Ein Sprecher nannte dieses unerhört und rechtswidrig. Der Minister wollte bei der Chefin des Kassenverbandes, Doris Pfeiffer, darauf dringen, dass die Kassen «alles unterlassen, was zu einer Verunsicherung der Versicherten führt».

Pfeiffer reagierte prompt: Sie erwarte von jeder Kasse, dass sie die Betroffenen mit offenen Armen aufnehme. «Alles andere wäre unsolidarisch und unakzeptabel.» Bisher aber bleibt die Lage für viele der 168 000 City-BKK-Versicherten angespannt, wie BVA-Sprecher Tobias Schmidt der dpa bestätigte. Bereits 40 Beschwerden lägen dem Amt vor. Der Chef der KKH-Allianz, Ingo Kailuweit, forderte ein gemeinsames Vorgehen. Die Kassen könnten die Versicherten entsprechend ihres Marktanteils aufnehmen, sagte er der dpa.

Weitere Schließungen oder Insolvenzen sind nicht ausgeschlossen. «Es gibt Kassen mit Schwierigkeiten», sagte der BVA-Sprecher. KKH-Allianz-Chef Kailuweit warnte vor fast flächendeckenden Zusatzbeiträgen: «Im kommenden Jahr dürften die Kassen mit vier bis fünf Milliarden Euro unterfinanziert sein. 70 bis 80 Prozent müssten dann Zusatzbeiträge nehmen.»

«Rutschbahneffekte wie bei der City BKK drohen: Lukrative Versicherte mit hohen Einkommen verlassen Kassen, wenn dort ein hoher Zusatzbeitrag eingeführt wird», sagte Kailuweit. Die Koalition dürfe Mehreinnahmen in Milliardenhöhe durch den Konjunkturboom nicht in die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds stecken. Zudem müsse der Finanzausgleich zwischen den Kassen - anders als heute - künftig auch höhere Kosten in teuren Städten wie Berlin oder Hamburg ausgleichen.

Der Essener Gesundheitsökonom Jürgen Wasem erwartet zunehmende Konzentration. «Das wird sich fortsetzen», sagte er der dpa. Derzeit gibt es noch 155 gesetzliche Versicherungen. Wasem erwartet in fünf Jahren nur noch rund 100 Kassen.

Gesundheit / Krankenkassen
13.05.2011 · 17:44 Uhr
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