Im Test: Super Toy Cars (Wii U)
Als Kind in den 90ern, welches auf Autorennen stand, gab es kaum etwas Cooleres, als mit Freunden und Fernlenkautos die Straße unsicher zu machen. Beladen mit Rucksäcken voller Ersatzakkus, baute man sich aus Stöckern, Dosen und allem, was man finden konnte, Streckenbegrenzungen, baute aus Kartons und Brettern Sprungschanzen oder fuhr mit den RC-Flitzern wenige Minuten durch den Schlamm, um sie daraufhin zu Hause in stundenlanger Kleinstarbeit zu reinigen, damit diese überhaupt wieder fahrtüchtig werden.
The Good, the Bad and the Ugly
Aber was macht man nun, wenn es draußen stürmt und regnet oder der Winter eingebrochen ist? Mit Sierras Funk-Flitzer begann bei mir die Leidenschaft zu digitalen Spielzeugautos und gipfelt kurz darauf bei dem für mich jahrelang unangefochtenem König des Genres: Re-Volt. Und auch, wenn ich längst keine echten Fernlenkautos mehr besitze, hat die Freude an ihrem digitalem Äquivalent nie wirklich abgenommen. Viele Spiele und Jahre zogen vorüber, aber erst MotorStorm: RC konnte mich wieder vollends überzeugen und gehört zu einem meiner Lieblingstitel auf der PS3. Als unserer Redaktion also eine Testversion von Super Toy Cars für Wii U zur Verfügung gestellt wurde, zögerte ich nicht lang. Wie viel kann man bei einem Fun-Racer schon falsch machen? Sehr viel, wie ich leider erneut lernen musste.
Fangen wir bei der Präsentation an. Super Toy Cars sieht nicht wirklich zeitgemäß aus, was bei einem eShop-Titel für 7,99 Euro sicher noch zu verschmerzen ist. Dennoch erinnert das Spiel von der Optik an frühe PS2-Titel wie Penny Racers, was durch einen hässlichen und verbuggten Umrandungseffekt versucht wurde zu kaschieren, das Spiel dadurch aber wie ein Cel-Shadding-Unfall aussehen lässt. Aber Grafik ist ja bekanntlich nicht alles, auf die inneren Werte des Spiels kommt es an. Leider ist Super Toy Cars hier auch nicht viel hübscher.
Pleiten, Pech und Pannen
Mein größter Kritikpunkt ist wohl, dass das Spiel schlicht und einfach selbst nach einem Monat auf dem Markt noch immer nicht fertig ist. Trotz unaufwendiger Grafik zwingt das Spiel die Wii U des Öfteren in die Knie, sodass manche Starts zur Ruckelorgie werden. Inkonsistente Bildwiederholraten tauchen aber nicht nur am Start auf, sondern auch bei fast jedem Explosionseffekt und wenn viele Fahrzeuge in eurer Nähe sind. Das kann sogar zur kompletten Resignation der Konsole führen, welche einem durch einen Komplettabsturz wohl zeigen möchte, dass sich auch die Hardware von diesem Machwerk distanzieren möchte.
Auch wenn das Geschehen auf dem Wii U Gamepad gespiegelt wird, könnt ihr ohne Fernseher nicht spielen, da weder die Anzeigen noch der Sound auf das Gamepad übertragen werden. Auf dem Miiverse erklärte der Entwickler, dass hierfür noch ein Patch erscheinen wird, das ist nun aber auch über einen Monat her.
Immerhin kann man sich auch den letzten Nervenkitzel aus dem Spiel nehmen lassen, indem man einfach nach wenigen Rennen das schnellste Auto kauft. Über diesem prangert zwar noch in großen Lettern das Wort “Locked”, scheinbar muss einem dies aber nicht weiter kümmern.
Die inneren Werte
Aber auch wenn ein Patch all diese Kritikpunkte aushebeln würde, steckt auch im Rest des Fun-Racers nicht wirklich viel “fun” drin. Die Steuerung ist bestenfalls praktikabel und unterscheidet sich bei den verschiedenen Boliden nur marginal. Das Driften fühlt sich in etwa so gut an, wie wenn man sich Backpflaumen unter die Schuhe binden würde und versucht über eine Kieselpiste zu schliddern.
Abwechslung braucht man ebenso nicht zu suchen. Hat man einmal die verschiedenen “kreativen” Settings wie Kinderzimmer, Küche oder Garage gesehen, fühlen sich alle weiteren Streckenvariationen immer gleich an. Zwar könnt ihr später im Spiel auch mal über eine Melonenscheibe rutschen, dass ich dies aber schon als Highlight anführe, sagt denk ich genug über das Spiel aus. Auch die vielen unsichtbaren Wände befeuern den Spielspaß nicht wirklich. Wo Bauklotz-Brücken am Straßenrand wie der ideale Eingang für eine Abkürzung wirken, fährt man doch wieder vor eine unechte Begrenzung.
Das Waffenarsenal weiß auch nicht wirklich zu überraschen, von Minen über zielsuchenden Raketen bis zu Billardkugeln hat man eigentlich alles schon in diesem Genre gesehen. Die Ausführung lässt aber auch hier wieder zu wünschen übrig. So wird man nach einem Treffer oft automatisch wieder auf die Strecke zurückgesetzt, ohne dass man die Chance hat, die Situation selber wieder unter Kontrolle zu bekommen, was die Feuergefechte an sich zu einem eher sinnfreien Unterfangen lassen wird.
Fazit
Ein guter Freund hat mir einmal gesagt, dass wir Spielejournalisten aufgrund unseres Wissens über Videospiele schnell dazu tendieren, Spiele mit anderen Spielen zu vergleichen und oft dabei den eigentlichen Titel nicht für sich selbst sprechen lassen. Für sich selbst gesprochen ist Super Toy Cars sicher kein kompletter Reinfall, es ist durchaus spielbar und funktioniert (meistens). Dennoch kann es weder von der Qualität noch der Kreativität überzeugen. Jetzt könnte man wieder mit dem Argument kommen “aber es ist doch eher an eine jüngere Zielgruppe gerichtet”, aber ich finde, dass auch jüngere Spieler nicht dazu verdammt sein sollten, schlechte oder unfertige Spiele zu spielen.
Und um abschließend doch wieder zu vergleichen: Super Toy Cars ist für Wii U und PC erhältlich, beides Plattformen, die im Fun-Racer-Segment durchaus bessere Alternativen bieten. Ob nun das exzellente Mario Kart 8 (Wii U), das durchaus überzeugende Sonic & All-Stars Racing Transformed oder auch meinen Langzeitfavoriten Re-Volt (PC), welches 1999 erschien, grafisch fast auf demselben Niveau ist und weitaus mehr Abwechslung und Spielspaß als Super Toy Cars bietet.