Faktencheck: Stimmt die Kritik an Germanwings-Ermittlungen?

Düsseldorf (dpa) - Der Vater des Copiloten Andreas Lubitz und Luftfahrtexperte Tim van Beveren kritisieren die Ermittler und ihre Ergebnisse zum Germanwings-Absturz vor zwei Jahren. Haben sie Recht?

AUSSAGE: Die Ermittler seien von einem dauerdepressiven Copiloten Andreas Lubitz ausgegangen.

BEWERTUNG: Falsch.

FAKTEN: Die Staatsanwaltschaft versichert, das habe sie nie behauptet. Vielmehr sei Lubitz 2009 wegen einer Depression erfolgreich behandelt worden. Erst Ende 2014 hätten sich dann Symptome gezeigt, die auf eine neue (psychische) Erkrankung deuteten. Fachärzte hätten aber diesmal keine Depression diagnostiziert, sondern eine andere Störung. In der Pressekonferenz von Günter Lubitz wird dies dann auch so wiedergegeben und der Vorwurf damit selbst ad absurdum geführt.

AUSSAGE: Die Ermittler seien voreingenommen gewesen.

BEWERTUNG: Zweifelhaft, eher falsch.

FAKTEN: Die Ermittlungen waren aufwendig, haben lange gedauert und füllen 19 000 Blatt Papier. Außerdem waren damit Ermittlungskommissionen mit einer größeren Zahl Polizisten befasst, sowie Experten der französischen und der deutschen Flugunfalluntersuchung. Experte Tim van Beveren greift die Aussagen des französischen Staatsanwalts 48 Stunden nach dem Absturz als verfrüht an. Doch sollten deswegen auch alle anderen voreingenommen gewesen sein?

AUSSAGE: Die These von der Alleinschuld von Andreas Lubitz sei unhaltbar.

BEWERTUNG: Zweifelhaft, eher falsch.

FAKTEN: Auch wenn es für den Vater des Copiloten schwer zu ertragen sein mag: Die Indizien sprechen fast alle gegen seinen Sohn. Der recherchierte vor dem Todesflug im Netz nach Selbstmordmethoden, in seinem Gewebe wurden zwei Antidepressiva festgestellt, wie die Ermittler feststellten. Er hatte eine depressive Vorerkrankung, litt an Schlaflosigkeit und der Angst, zu erblinden, manipulierte schon beim Hinflug kurzzeitig die Flughöhe am Autopiloten, beschäftigte sich mit dem Schließmechanismus der Cockpittür.

AUSSAGE: Van Beveren behauptet, er habe Hinweise auf eine Crew, die sich in dem Unglücksjet schon einmal selbst ausgesperrt habe. Ein irrtümliches Aussperren der Cockpit-Crew sei also möglich.

BEWERTUNG: Fraglich.

FAKTEN: Erfahrene Verkehrspiloten weisen darauf hin, dass so etwas am Boden unter ganz bestimmten Umständen vorkommen könnte, schließen es in der Luft aber aus. In der Regel ist die Cockpittür im Fluge elektronisch verriegelt und wird von der Crew erst geöffnet, wenn ein Besatzungsmitglied um Einlass bittet. Im Notfall kann ein Crewmitglied auch von außen per Notfall-Code die Tür entriegeln. Piloten können aber auch diesen Mechanismus umgehen, wenn sie von innen bewusst den Schalter auf «lock» (Verriegeln) stellen.

Der Copilot hat nach Überzeugung der Ermittler den Chefpiloten ausgesperrt, sein Klopfen ignoriert, die Maschine auf Kollisionskurs programmiert, zum Schluss auch noch beschleunigt. Das alles auf gleichzeitiges technisches Versagen zurückzuführen, bei plötzlich eintretender Ohnmacht des Copiloten, scheint abwegig.

AUSSAGE: Andreas Lubitz könnte bewusstlos gewesen sein.

BEWERTUNG: Zweifelhaft, eher falsch.

FAKTEN: Seine Atemzüge sind auf dem Stimmrekorder zu hören. Sie verändern sich nicht. Im Cockpit wurden bewusste Manöver durchgeführt, die Maschine am Ende beschleunigt - so steht es im Untersuchungsbericht. Eine Bewusstlosigkeit könnte allenfalls kurz vor dem Aufschlag eingetreten sein - da war die Maschine aber schon auf Kollisionskurs programmiert. Vor einer Bewusstlosigkeit - etwa durch giftige Dämpfe - hätte er vermutlich gehustet oder schneller geatmet.

AUSSAGE: Luftlöcher könnten dazu geführt haben, dass Lubitz eine niedrigere Flughöhe wählte und die Maschine schließlich abstürzte.

BEWERTUNG: Zweifelhaft, eher falsch.

FAKTEN: Die Flughöhe wurde nicht bloß niedriger, sondern auf Kollisionskurs eingestellt. Zudem hätte ein Wechsel der Flughöhe per Funk mit den Fluglotsen abgestimmt werden müssen. Nur in sehr schweren Notfällen können Verkehrsjets ohne vorherige Genehmigung der Luftaufsicht ihre Flughöhe verlassen. In allen anderen Fällen ist dazu eine Freigabe erforderlich. Andernfalls drohen Kollisionen mit Flugzeugen, die wegen der Höhenstaffelung in unteren Luftschichten unterwegs sind. Eine Bitte der Germanwings-Besatzung um Freigabe für einen Sinkflug wurde bisher jedoch nicht bekannt. Dies geben die Aufzeichnungen von Flugdatenschreiber und Stimmrekorder nicht her. Die Untersuchung ergab daher: Das Wetter hatte keinen Einfluss.

Unfälle / Luftverkehr / Deutschland / Frankreich
24.03.2017 · 14:37 Uhr
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