Ex-Schüler tötet seinen Berufsschullehrer

Ludwigshafen (dpa) - Aus Wut über schlechte Noten hat ein ehemaliger Schüler einer Ludwigshafener Berufsschule einen Lehrer erstochen. Gegen den 23-Jährigen, der die Tat gestanden habe, werde wegen Mordverdachts ermittelt, sagte der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Lothar Liebig.

Der Pädagoge starb in dem Schulkomplex am Fundort auf einer Kellertreppe, wie der Einsatzleiter der Polizei, Franz Leidecker, mitteilte. Als Motiv gab der 23-Jährige an, er habe als früherer Schüler der Berufsschule eine große Wut auf den 58-jährigen Lehrer empfunden, weil dieser ihm viel zu schlechte Noten gegeben habe.

Der Lehrer, ein verheirateter Familienvater mit Hauptwohnsitz in Hessen, erlitt laut Polizei mindestens eine Stichverletzung. Der Verdächtige schoss zudem mehrfach mit einer Schreckschusspistole und griff auch weitere Lehrer an. Sie wurden aber nicht verletzt. Die Leiche des Lehrers soll obduziert werden. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) und auch der in Trier weilende Bundespräsident Horst Köhler zeigten sich bestürzt.

«Niedrige Beweggründe»

Der 23-Jährige aus Ludwigshafen, der nach eigener Aussage 2004 die Schule verlassen hatte und bislang nicht vorbestraft ist, soll an diesem Freitag dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Staatsanwaltschaft geht nach Liebigs Worten von «niedrigen Beweggründen» und damit Mord aus. Auffällig war, dass Polizei und Staatsanwaltschaft das Wort «Amoklauf» vermieden.

Nach Informationen der Koblenzer «Rhein-Zeitung» soll sich der 23- Jährige schon länger mit Gewalttaten beschäftigt haben. In sozialen Netzwerken im Internet habe er als sein Todesdatum 2010 und als Hobbys «Schützensport & alles was mit Waffen zu tun hat» angegeben. Auch habe der junge Mann ein Video mit Fotos des Amoklaufs von Erfurt mit 17 Toten im Jahr 2002 hochgeladen. Die Staatsanwaltschaft konnte zu dem Bericht zunächst noch keine Angaben machen.

Bengalisches Feuer

Ersten Ermittlungen zufolge hatte der ehemalige Schüler am Morgen mit dem Messer und der Schreckschusspistole zunächst ein Nebengebäude und dann die Schule betreten. Er soll ein bengalisches Feuer entzündet haben. Die Polizei ging zuerst von einem Brand aus, bekam aber dann zugerufen, dass ein Mann mit einer Schusswaffe im Gebäude sei. Als sie ihn stellte, ließ er sich widerstandslos überwältigen.

Schwarz uniformierte Spezialeinsatzkräfte durchkämmten mit Maschinenpistolen zur Sicherheit Raum für Raum, machten aber keine weiteren Täter ausfindig. Die Polizei setzte dabei auch einen Hubschrauber über dem weitläufigen Schulkomplex ein. Nach dem Feueralarm hatten alle etwa 1000 anwesenden Schüler das Gebäude verlassen. Viele Schaulustige fanden sich ein.

Bildungsministerin äußert Entsetzen

Die nach Ludwigshafen geeilte rheinland-pfälzische Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) kündigte an, dass die Berufsbildende Schule Technik 2 am Freitag und Samstag geschlossen bleibe. Für die schockierten Schüler und Lehrer wurde in einer anderen nahen Schule eine Anlaufstelle mit Schulpsychologen und Notfallseelsorgen eingerichtet.

Sichtlich mit den Tränen kämpfend sagte Ahnen: «Die gesamte Landesregierung drückt ihre tiefe Trauer aus.» Eine solche entsetzliche Tat stelle alles infrage: «Man überlegt, was hätte man noch mehr tun können.» Bundespräsident Köhler forderte eine verstärkte «Kultur der Aufmerksamkeit». «Das ist ein Langzeitthema, das uns beschäftigen wird», sagte das Staatsoberhaupt in Trier.

Bestürzter Ministerpräsident dankt Einsatzkräften

Der ihn begleitende Ministerpräsident Beck sagte: «Die Gedanken der Menschen in unserem Land sind heute bei dem Opfer und den Angehörigen. Die grausame Tat erschüttert uns alle.» Beck dankte Polizei, Rettungsdiensten, Schulleitung und Lehrern, die «noch Schlimmeres» verhindert hätten.

Auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) sprach allen Beteiligten ihre Anteilnahme aus. «Ich bin sehr betroffen, dass wenige Tage vor dem Jahrestag von Winnenden wieder eine Bluttat an einer Schule geschehen ist», sagte sie laut Mitteilung. Vor knapp einem Jahr hatte ein Amoklauf mit 16 Toten an einer Schule in Winnenden (Baden-Württemberg) schockiert.

Nach der Tat von Ludwigshafen äußerten sich zahlreiche andere Politiker ebenfalls tief bestürzt. Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte mehr Anti-Gewalt-Trainings an Schulen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Rheinland-Pfalz sprachen sich für «ein besser abgestimmtes Vorwarnsystem» aus.

Notfälle / Schulen
18.02.2010 · 18:41 Uhr
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