Merkel und Hollande forcieren Gipfel-Kompromiss zum Klima

Brüssel (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande haben beim EU-Gipfel gemeinsam für einen europäischen Klima-Kompromiss gekämpft. Sie trafen am Donnerstag in kleiner Runde mit Gipfelchef Herman Van Rompuy und Polens Regierungschefin Ewa Kopacz zusammen.

Die konservative Politikerin aus Warschau trat bei den bis 2030 reichenden EU-Energieziele auf die Bremse. Die Wirtschaft Polens ist abhängig vom klimaschädlichen Energieträger Kohle.

Der Verhandlungen in der großen Gipfel-Runde mit 28 Staaten verzögerten sich wegen der Gespräche in kleinen Kreisen um mehrere Stunden, wie Teilnehmer in Brüssel berichteten.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) rief die Staats- und Regierungschefs zur Geschlossenheit auf. «Die Entscheidungen, die Sie heute über die Klima- und Energiepolitik treffen, sind eine Botschaft an den Rest der Welt», sagte er den Gipfelteilnehmern. «Nur wenn wir mit einer Stimme sprechen und uns als Vorreiter im Klimaschutz bewähren, können wir mit gutem Beispiel vorangehen.»

Auf Druck Großbritanniens und Polens wollte der Gipfel allerdings die Zielmarke für das Energiesparen abschwächen. Nun werden 27 Prozent statt der bisher geplanten 30 Prozent angestrebt. Das Ziel ist zudem nicht bindend, wie es in der neuesten Fassung der Gipfel-Erklärung hieß.

Kritik kam von Umweltschützern. Mehrere «Chefs» verlangten weiter ein ehrgeizigeres Ziel. So hielt der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven an der 30-Prozent-Marke für die Einsparungen fest.

Der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) soll im Vergleich zu 1990 verbindlich um mindestens 40 Prozent sinken. Der Anteil der erneuerbaren Energien aus Wind oder Sonne soll auf mindestens 27 Prozent steigen. Auch dies in ein verbindlicher Wert.

Merkel forderte ein starkes Signal: «Ich möchte, dass wir ein anspruchsvolles Klimaprogramm vorlegen.» Hollande gab sich zum Auftakt betont optimistisch: «Ich glaube, dass eine Einigung in Sicht ist.» Eine europäische Klima-Einigung gilt als Voraussetzung für einen Erfolg des Weltklimagipfels Ende 2015 in Paris. Hollande wird der Konferenz-Gastgeber sein.

Merkel und Hollande liegen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik nicht auf einer Linie. Während Hollande vor allem Wachstum fordert, pocht die Kanzlerin auf die Einhaltung des Euro-Stabilitätspakts.

Einige Länder, die stark von Kohlekraftwerken abhängig sind wie etwa Polen, halten die Vorgaben für die CO2-Verminderung für zu hoch. Sie fürchten steigende Strompreise und Wettbewerbsnachteile. Für ihre Zustimmung zum Energie- und Klimapaket erwarten Länder aus der Mitte und dem Osten des Kontinents zudem Fördergelder in Milliardenhöhe. Kanzlerin Merkel sprach von einer «gewaltigen Kraftanstrengung» bei der CO2-Reduzierung. «Wir müssen natürlich auf unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit achten», schränkte sie zugleich ein.

Auf Druck Warschaus soll festgelegt werden, dass die Staats- und Regierungschefs bei dem Klimarahmen bis 2030 auch in Zukunft nicht das Heft aus der Hand geben. Polen will dem Vernehmen nach verhindern, bei Schlüsselentscheidungen überstimmt zu werden. In der Runde der Staats- und Regierungschefs ist das nicht möglich, denn es gilt das Konsensprinzip.

Große Teile der Industrie sehen neue EU-Vorgaben kritisch. So verweist der Industrie-Dachverband Business Europe darauf, dass Wettbewerber in anderen Weltregionen deutlich weniger für den Klimaschutz zahlen müssten. Das 40-prozentige CO2-Reduktionsziel in der EU sei nur machbar, wenn sich China oder die USA auf dem Weltklimagipfel 2015 auf Klimafortschritte verpflichteten.

Dagegen sind Umweltschützer enttäuscht. Nicht verbindliche Ziele seien «inakzeptabel und nicht ausreichend», sagte der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zeigte sich besorgt über das «lächerlich niedrige Effizienzziel».

Die «Chefs» sprachen zudem über den Kampf gegen die Ebola-Epidemie in Westafrika und die Lage in der krisengeschüttelten Ukraine. Weitreichende Beschlüsse dazu wurden nicht erwartet.

Am Rande des Gipfels kam es zu einem handfesten Streit über die europäische Haushaltsaufsicht. EU-Kommissionschef José Manuel Barroso beschwerte sich in scharfer Form darüber, dass ein Mahnschreiben seiner Behörde vom italienischen Finanzministerium veröffentlicht wurde. Mahnschreiben gingen auch Frankreich und Österreich. Italiens Regierungschef Matteo Renzi wies die Kritik zurück: «Ich dachte, die Zeit von Geheimbriefen in diesem Gebäude sei vorbei.»

Der zyprische Präsident Nikos Anastasiades konnte nicht zum Gipfel kommen, da er in einem Brüsseler Krankenhaus behandelt wurde. Als Folge hohen Blutdrucks hatte er starkes Nasenbluten.

EU / Gipfel / Klima / Gesundheit / Wissenschaft / Ebola / Konflikte / Finanzen
23.10.2014 · 21:19 Uhr
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