Erdogan schaltet sich erneut in Integrationsdebatte ein

Düsseldorf (dpa) - Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat sich erneut strikt gegen eine allzu starke Anpassung der Türken in Deutschland gewandt.

Zugleich kündigte er am Sonntagabend vor rund 10 000 Landsleuten in Düsseldorf eine Gesetzesänderung in der Türkei an, mit der Türken in Deutschland die Entscheidung für eine Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft erleichtert werden soll.

Noch vor Erdogans Ankunft in Deutschland entbrannte ein neuer heftiger Streit über den EU-Beitritt des Landes. Unions-Fraktionschef Volker Kauder forderte einen Stopp der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. SPD und Grüne warnten davor, Ankara vor den Kopf zu stoßen.

«Ich sage Ja zur Integration», sagte Erdogan vor einem Fähnchen schwingenden Publikum, das ihm begeistert zujubelte. «Wir müssen uns in die Gesellschaft integrieren, in der wir leben.» Allerdings lehne er eine völlige Anpassung («Assimilation») ab. «Niemand wird in der Lage sein, uns von unserer Kultur loszureißen», sagte Erdogan. «Unsere Kinder müssen Deutsch lernen, aber sie müssen erst Türkisch lernen.»

Mit Blick auf eine ähnliche Rede, die Erdogan vor drei Jahren in Köln vor Landsleuten gehalten hatte und mit der er heftige Kritik in der deutschen Politik geerntet hatte, sagte der türkische Premier: «Wir werden nicht erlauben, dass meine Worte in den deutschen Medien verdreht werden.»

Um türkischen Bürgern die Entscheidung für die deutsche Staatsbürgerschaft leichter zu machen, sollen künftig alle, die den türkischen Pass abgeben, eine sogenannte Blaue Karte erhalten, die in der Türkei die Funktion eines Personalausweises erfüllen soll. An diesem Montag eröffnet Erdogan in Hannover zusammen mit Merkel die Computermesse CeBIT, bei der die Türkei das Partnerland ist.

Unionsfraktionschef Kauder sagte der «Rheinischen Post»: «Ich verlange von der EU, dass in den Gesprächen über eine Aufnahme der Türkei keine neuen Verhandlungskapitel eröffnet werden, solange die Türkei nicht die volle Religionsfreiheit gewährleistet.»

SPD-Fraktionsvize Gernot Erler warf der Union vor, sie verstoße gegen den eigenen Koalitionsvertrag, der ein klares Bekenntnis zu den Beitrittsverhandlungen enthalte. Angesichts der wachsenden Einflusses der Türkei im Nahen Osten sei es «absolut unklug, einen solchen Partner jetzt derart vor den Kopf zu stoßen», sagte der frühere Staatsminister im Auswärtigen Amt dem Berliner «Tagesspiegel».

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sagte: «In einer historischen Situation, in der der Türkei eine wichtige Schlüsselrolle für den Umbruch im arabischen Raum zukommt, ist die Union vor allem damit beschäftigt, der Türkei immer wieder mit lautem Getöse die Türe vor der Nase zuzuschlagen. Das ist außen- und sicherheitspolitisch in höchstem Maße verantwortungslos und schadet auch deutschen Interessen.»

Auch der türkische Ministerpräsident hatte vor seinem Besuch Merkels Haltung zum angestrebten EU-Beitritt seines Landes kritisiert. «Die Erwartung der türkischen Bevölkerung ist, dass Deutschland wie schon unter früheren CDU-Regierungen innerhalb der EU eine Vorreiterrolle bei den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einnimmt», sagte Erdogan der «Rheinischen Post».

Von «Privilegierter Partnerschaft» werde von Zeit zu Zeit auch in Ländern außerhalb Deutschlands gesprochen, sagte Erdogan. «Aber ich verstehe das als eine Formulierung, die allein für den innenpolitischen Gebrauch gedacht ist.» Nach seiner Ansicht werden die Beitrittsverhandlungen mit der EU «ausschließlich aus politischen Gründen verlangsamt».

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), sagte der «Bild am Sonntag» vor dem Besuch: «Ein wichtiges Signal an die türkischstämmigen Migranten wäre, Deutsch zu lernen und für die Kinder die Chance des Kindergartenbesuchs zu nutzen.»

Integration / Deutschland / Türkei
27.02.2011 · 21:35 Uhr
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