Erdogan gerät im Korruptionsskandal unter Druck aus Europa

Berlin/Istanbul (dpa) - Die gewaltsame Auflösung von Regierungsprotesten in Istanbul hat auch bei in Deutschland lebenden Türken für Empörung gesorgt.

In Berlin gingen am Samstag etwa 250 Türken aus Protest gegen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan auf die Straße. Der Bund Türkischer Jugendlicher, der zu der Aktion aufgerufen hatte, wirft Erdogan eine undemokratische Politik und Polizeistaat-Methoden vor.

In Istanbul war die Polizei am Freitag mit großer Härte gegen Demonstranten vorgegangen, die wegen der jüngsten Korruptionsvorwürfe den Rücktritt der Regierung gefordert hatten. Am Samstagabend blieb es am Taksim-Platz ruhig.

In dem fortdauernden Korruptionsskandal gerät Erdogan unter zunehmendem Druck aus Europa. Nach dem für die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara zuständigen EU-Kommissar Stefan Füle forderten auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Grünen-Chef Cem Özdemir eine rasche Aufklärung aller Vorwürfe.

«Wir vertrauen auf die Kraft des türkischen Staates, dass die im Raum stehenden Korruptionsvorwürfe ohne Ansehen der Person aufgeklärt werden», sagte Steinmeier der «Bild am Sonntag». «Das zu gewährleisten, ist Bewährungsprobe für jede auf Rechtsstaatlichkeit bauende Politik.»

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok betonte, die Türkei steuere auf sehr unsichere, instabile Zeiten zu. Er glaube, dass Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan «seinen Zenit überschritten hat», sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament dem Deutschlandfunk. Erdogan versuche, «alle Mittel einzusetzen», um an der Macht zu bleiben.

Der Grünen-Vorsitzende Özdemir forderte, die Korruptionsvorwürfe müssten «schleunigst schonungslos aufgeklärt werden». «Der türkische Ministerpräsident Erdogan hat sich offensichtlich für das Modell Putin als Regierungsform entschieden. Das bedeutet autoritäre Herrschaft und prall gefüllte Taschen für das unmittelbare Umfeld», sagte Özdemir dem «Tagesspiegel am Sonntag».

In Istanbul setzte die Polizei am Freitagabend noch vor dem geplanten Beginn der Demonstration Wasserwerfer, Tränengas und Plastikgeschosse ein. Nach Schätzungen von Augenzeugen hatten sich mindestens 1000 Menschen versammelt, um gegen die Erdogan-Regierung zu protestieren. Auch aus Ankara und Izmir wurden Proteste gemeldet.

Der Korruptionsskandal erschüttert die Türkei seit zehn Tagen und hat zum Rücktritt von drei Ministern geführt. Einer davon hatte auch Erdogan zum Amtsverzicht aufgefordert. Erdogan hatte am Mittwoch zehn seiner 26 Kabinettsposten neu besetzt. Bei den Ermittlungen geht es unter anderem darum, ob gegen Schmiergeld illegale Baugenehmigungen erteilt und Handelssanktionen gegen den Iran unterlaufen wurden.

 EU-Kommissar Füle erinnerte die Türkei im jüngsten Konflikt an ihre Pflichten als Beitrittskandidat. Er forderte die Regierung in Ankara auf, «alle nötigen Schritte zu unternehmen, damit die Vorwürfe von Rechtsverletzungen ohne Benachteiligung oder Bevorzugung transparent und unparteiisch aufgeklärt werden».

Vertreter der EU und Ankaras hatten im November die ins Stocken geratenen Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei auf den Themenbereich Regionalpolitik ausgeweitet. Es ist das 14. von 35 sogenannten Kapiteln, über die vor einem Beitritt verhandelt werden muss. Den Beginn der Gespräche hatte die EU im Juni aus Protest gegen die Niederschlagung von Demonstrationen in der Türkei auf Eis gelegt. Die Beitrittsverhandlungen zwischen der EU und der Türkei laufen bereits seit acht Jahren.

Justiz / Innenpolitik / Türkei
28.12.2013 · 20:24 Uhr
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