Drei Jahre Haft für Flatrate-Bordell-Chefin
Stuttgart (dpa) - Menschenhandel, Zwangsprostitution, Gewalt! Wer die Aufregung um die vier «Pussy Club»-Flatrate-Bordelle von Patricia F. vor einem Jahr noch im Ohr hat, ist am Freitag von der Stimmung am Stuttgarter Landgericht überrascht.
Kurz vor der Urteilsverkündung betritt die 26-jährige blasse Frau den Raum und lächelt scheu. Dann setzt Richter Andreas Arndt zu einem sachlichen Urteil an, das dem aufsehenerregenden Fall ein Ende bereitet. Die Bordell-Chefin wird zu drei Jahren Haft verurteilt. Vom Menschenhandel in den Etablissements werden sie und ihre fünf Mitangeklagten freigesprochen.
Zum Verhängnis wurden ihnen stattdessen die nicht gezahlten Sozialabgaben in Höhe von mehr als 2,7 Millionen Euro. Das Stuttgarter Landgericht sah es als erwiesen an, dass die Prostituierten nicht als Selbstständige hätten geführt werden dürfen und demnach ihre Arbeitgeberin die Sozialversicherungsbeiträge hätte zahlen müssen. Für die als Strohfrau einer Bande geltende 26-Jährige könnte das Urteil bedeuten, dass sie in wenigen Monaten frei kommt. Die rund einjährige Untersuchungshaft wirke genauso strafverkürzend wie ihr Geständnis und die Tatsache, dass sie Mutter sei, sagte ihre Anwältin nach dem Urteil.
Zwei Mitangeklagte wurden zu drei Jahren und zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft bestraft. Bei ihnen steht jedoch in anderen Verfahren der Verdacht auf Menschenhandel weiter im Raum. Zwei weitere Helfer kamen mit Bewährungsstrafen, ein sechster Angeklagter schließlich mit einer zur Bewährung ausgesetzten Geldstrafe davon. Allen Angeklagten kam eine Mitte der Woche abgeschlossene Abmachung zugute: Geständnisse zu den veruntreuten Sozialversicherungsgeldern sorgten für Strafminderung und ein Urteil nach 22 Sitzungstagen. Ursprünglich war ein erheblich längerer Prozess bis in den Herbst hinein erwartet worden.
In den «Pussy Clubs» in Fellbach, Heidelberg, Berlin und Wuppertal war mit Sex zu Flatrate-Preisen geworben worden. Rund 200 Frauen mussten den Freiern zu Pauschalpreisen von 70 oder 100 Euro pro Tag zur Verfügung stehen. Mit der reißerischen Werbung «Sex mit allen Frauen, solange du willst, so oft du willst und wie du willst» hatte das Konzept für großes Aufsehen gesorgt - und viele Freier angelockt. Inzwischen werden die Bordelle von anderen Inhabern geführt und bieten keine Pauschalpreis-Angebote mehr an. Das Gericht habe nicht darüber zu entscheiden, ob Flatrate-Sex gegen die Menschenwürde verstößt, erklärte Richter Arndt mit Blick auf die politische Diskussion.