DFB-Elf verpasst Traumfinale - Löw: «Ziel jetzt Platz drei»

Durban (dpa) - Aus der Traum! Auf dem Sprung ins WM-Finale hat die junge deutsche Fußball-Nationalmannschaft gegen Europameister Spanien der Mut verlassen.

Wie vor zwei Jahren im Endspiel der EM in Wien zeigte sich die bisher so spektakulär auftretende Elf von Bundestrainer Joachim Löw zu beeindruckt vom eigenen Vorbild und unterlag den Iberern verdient mit 0:1 (0:0). «Wir haben bisher ein tolles Turnier gespielt. Heute hat es nicht so geklappt. Wir haben nie unsere Hemmungen abgelegt. Wir sind traurig und enttäuscht, aber Spanien hat ein Klassespiel gezeigt und wird dieses Turnier gewinnen», analysierte Löw die 90 Minuten im Moses Mabhida-Stadion von Durban, in denen Carles Puyol dem DFB-Team vor 60 960 Zuschauern mit seinem Kopfballtor in der 73. Minute den K.o versetzt hatte.

Statt am Sonntag im Traumfinale gegen die Niederlande anzutreten, geht es für die deutsche Mannschaft nun wie vor vier Jahren bei der Heim-WM zum Trostspiel um Platz drei. Dort ist am Samstag (20.30 Uhr) in Port Elizabeth Uruguay der Gegner. «Ziel ist jetzt, das letzte Spiel zu gewinnen und Dritter zu werden», sagte Löw. Bei der WM 1970 in Mexiko hatte die DFB-Elf gegen die Südamerikaner durch ein Tor von Wolfgang Overath das «kleine Finale» mit 1:0 gewonnen.

«Es gibt keinen Grund, traurig zu sein. Die Mannschaft hat ein wunderbares Turnier gespielt», betonte Franz Beckenbauer nach dem Halbfinal-K.o. «Die Mannschaft zeichnet aus, dass sie spielerisch viel mehr kann, als sie heute gezeigt hat», bemerkte Löw. Die große Chance, dem Spiel noch einmal eine Wende zu geben, verpasste der eingewechselte Toni Kroos, dessen Schuss in der 68. Minute Torhüter Iker Casillas parierte.

«Es ist bitter, wenn man im Halbfinale ausscheidet. Die Enttäuschung ist sehr groß. Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit nicht gut und nicht mutig genug nach vorn gespielt», räumte Lahm mit Tränen in den Augen ein. Auch Torwart Manuel Neuer beklagte die fehlende Entschlossenheit: «Uns hat ein bisschen der Mut gefehlt.» Vermisst wurden aber auch die Ideen von Thomas Müller, der wegen der zweiten Gelben Karte zuschauen musste.

Statt des erhofften Fußball-Spektakels bekamen die Zuschauer lange Zeit eine von Taktik und großem Respekt geprägte Partie zu sehen, in der die deutsche Mannschaft den Nachweis ihrer Titelreife schuldig blieb. Leistungsträger wie Bastian Schweinsteiger oder Lahm blieben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Bester deutscher Akteur war Neuer, der eine höhere Niederlage verhinderte.

Die deutsche Elf ging nicht wie erwartet mit breiter Brust ins Spiel, sondern agierte betont vorsichtig und beraubte sich damit ihrer eigentlichen Stärke. So entwickelte sich eine Begegnung, die auf fatale Weise an das EM-Finale vor zwei Jahren erinnerte: Im Mittelfeld überlegene Spanier und eine deutsche Elf, die gegen das Kurzpassspiel der Iberer keine Mittel fand.

Schweinsteiger leistete sich bei seinem 80. Einsatz im DFB-Team überraschend viele Ballverluste und war nicht der erhoffte Ankurbler. Piotr Trochowski, der für den vierfachen Torschützen Müller zum Zuge kam, hatte einige gute Szenen, offenbarte aber seine bekannte Schwäche im Abschluss. Insgesamt benötigte die DFB-Elf zu viel Zeit, um das Mittelfeld zu überbrücken.

«Wir wollen Geschichte schreiben», hatten die Iberer vor ihrem ersten WM-Halbfinale überhaupt angekündigt. Und dieses Vorhaben setzte die Mannschaft vor den Augen ihrer Königin Sofia entschlossen um. Coach Vicente del Bosque hatte auf die Formschwäche von Fernando Torres reagiert und den Siegtorschützen vom EM-Finale 2008 durch Pedro Rodriguez ersetzt. Der Angreifer vom FC Barcelona ging auf den Flügel und war wirkungsvollster Akteur seines Teams.

Bloß kein Gegentor - Sicherheit war im fünften Turnierspiel oberstes Gebot für die deutsche Elf, die zu viel Respekt vor dem Europameister erkennen ließ. Während der Ball bei den Iberern flüssig schon bald durch die Reihen lief, konnte Löws tief stehende Mannschaft nur reagieren. Als Pedro Torjäger Villa steil schickte, verhinderte allein die Rettungstat von Neuer den drohenden frühen Rückstand (6.). Acht Minuten später zischte ein Kopfball des frei stehenden Puyol nach Iniesta-Flanke über das deutsche Tor.

Erst Mitte der ersten Halbzeit kamen Schweinsteiger und Co. allmählich auf Touren, doch klare Torchancen konnten sie sich nicht erspielen. In der 32. Minute versuchte es Trochowski aus der Distanz, Casillas lenkte den Ball aber mit den Fingerspitzen zur Ecke.

Auch in der Halbzeitpause fand die deutsche Mannschaft ihren Mut nicht - vielmehr erhöhten die Spanier den Druck und kamen zu weiteren guten Möglichkeiten. Der sträflich unbewachte Xabi Alonso verfehlte zweimal aus der Distanz das deutsche Tor, ehe Löw reagierte und den gegen Pedro überforderten Jerome Boateng durch Marcell Jansen ersetzte (52.). Wenig später wurde Neuer zum Retter, als er den 18 Meter-Knaller von Pedro entschärfte (58.), dann rutschte Villa vor dem leeren deutschen Tor an einer scharfen Hereingabe vorbei.

Erregt zog sich Löw am Spielfeldrand das Jackett aus und forderte seine Mannschaft zu mehr Bewegung auf. Mit Kroos für Trochowski zog er bereits frühzeitig den zweiten Joker aus dem Ärmel. Als Sami Khedira dann beim Eckball von Xavi Abwehrspieler Puyol nicht am Kopfball hindern konnte, war auch Neuer chancenlos. Das dritte deutsche Gegentor bei der WM bedeutete die Entscheidung.

Fußball / WM / Deutschland / Spanien
07.07.2010 · 23:13 Uhr
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