Demokratische Teilhabe von Jugendlichen: „Jeder kann etwas bewegen“

Jugendliche nehmen oftmals nur wenig Notiz von ihrem Umfeld. Denn viele von ihnen denken sich, dass sie allein ohnehin nichts ändern können. Genau hier setzt der Jugend-Demokratiefonds Berlin an. Das Förderprogramm will durch unterschiedliche Projekte zeigen, dass jeder Einzelne mit seinem Engagement etwas bewirken kann.

Für viele Menschen bedeutet demokratische Teilhabe, zur Wahl zu gehen und seine Stimme abzugeben. Doch um etwas zu verändern, braucht es auch mehr Engagement von jedem Einzelnen. Das gilt insbesondere für junge Menschen, betont Roland Geiger vom Jugend-Demokratiefonds Berlin.

Unter dem Motto "STARK gemacht! − Jugend nimmt Einfluss" unterstützt das Förderprogramm Projekte, mit denen Jugendliche etwas verändern wollen − politisch wie gesellschaftlich. Ziel ist es, jungen Menschen zu zeigen, was ihr Einsatz bewegen kann und welche große Wirkung bereits kleine Taten haben können. Im Gespräch mit finanzen.de erläutert Geiger, welche Erfahrungen für die Jugendlichen dabei besonders wichtig sind und wie die Entscheidungen über Fördermittel zustande kommen.

Mit dem Jugend-Demokratiefonds Berlin fördern Sie Projekte, bei denen Jugendliche zu mehr demokratischer Teilhabe animiert werden sollen. Was sind Ihre Hauptziele dabei?

Roland Geiger: Das wichtigste Ziel, das wir mit dem Jugend-Demokratiefonds verfolgen, ist die sogenannte Selbstwirksamkeitserfahrung. Junge Menschen sollen durch entsprechende Angebote spüren und erfahren, dass sie etwas bewegen können, sei es im eigenen Kiez, in der Schule oder in der Jugendgruppe, die sich regelmäßig am Bolzplatz trifft. Entscheidend ist, dass die Jugendlichen hinterher erkennen, dass ihr Einsatz wahrgenommen und wertgeschätzt wurde. Damit treten sie aus der Anonymität heraus und lernen, dass sie mit ihrem Engagement etwas gestalten können.

Wichtig ist natürlich auch die demokratische Grunderfahrung, die Jugendliche sammeln, wenn sie über das reine Wählen hinausgehen und mit ihrem Einsatz etwas bewirken. Dies ist für mich persönlich eine Art Keimzelle von demokratischem Handeln.

Ein gewünschter Nebeneffekt ist außerdem, dass junge Menschen verstehen, wie der Staat ihre Stadt gestaltet. Sie sollen erkennen, welchen Einfluss Geld auf ihren Lebensalltag hat und dass sich viele Veränderungen in ihrem Umfeld aus Finanzentscheidungen ergeben.

Wie versuchen Sie, Jugendliche zu mehr Teilhabe zu bewegen?

Roland Geiger: Das Wichtigste ist für uns, Jugendlichen zu zeigen, dass jeder Einzelne zählt. Sie sollen das Gefühl bekommen "Du bist wichtig, egal, woher Du kommst und wie Du aussieht". Niemand sollte sich an den Rand gedrängt fühlen. Daher möchten wir jedem eine Möglichkeit der Beteiligung geben. Der Jugend-Demokratiefonds versteht sich als ein wichtiger Erfahrungsraum für Jugendliche, der über die Schule oder Jugendverbände hinausgeht. Dabei geht es sowohl um politische als auch um gesellschaftliche Teilhabe.

Unser Fokus liegt auf informellen Gruppen, die wir unterstützen möchten. Das bedeutet, Jugendliche, die sich für eine bestimmte Sache engagieren möchten, müssen nicht erst einer Organisation oder einem Verein beitreten, um ihr Projekt zu fördern. So kann beispielsweise eine Gruppe Jugendlicher, die sich dafür einsetzt, dass kaputte Basketballnetze auf ihrem Spielfeld ersetzt werden, bei uns einen Antrag stellen.

Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Roland Geiger: Wir fördern natürlich unterschiedliche Ansätze, darunter auch ein Projekt von technikaffinen Jugendlichen, die sich zum Ziel gesetzt hatten, unterschiedliche Programmierungen zu entwickeln, die den Alltag erleichtern. Das Projekt war insofern erfolgreich, als dass sich dafür inzwischen deutschlandweit Geldgeber gefunden haben, sodass es in verschiedenen Städten stattfinden kann.

Mich selbst berühren vor allem solche Projekte, die von unseren Jugendjurys gefördert werden. Dabei entscheiden alle Antragsteller eines Bezirks gemeinsam, welches Vorhaben wie viel Geld benötigt und bekommt. Als Beispiel erinnere ich mich an eine Gruppe junger Menschen aus Berlin Kreuzberg, die sich für die Versorgung Obdachloser eingesetzt hat. Diese Jugendlichen haben von der Jugendjury Geld erhalten, von dem sie eingekauft und gekocht haben. Das Essen haben sie später an Obdachlose in ihrem Bezirk verteilt.

Über die Vergabe von Fördermitteln für Projekte entscheiden hauptsächlich Jugendliche. Dabei geht es um viel Geld. Sind sich die Jugendlichen Ihrer Meinung nach der großen Verantwortung, die sie mit ihrer Entscheidung tragen, bewusst?

Roland Geiger: Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass die Jugendlichen sehr verantwortungsbewusst mit dem Geld umgehen. Bei einigen Projekten hatte ich mitunter sogar das Gefühl, die Jugendlichen bräuchten einen kleinen Anstoß, um etwas mehr Risiko einzugehen. Denn nur mit einem gewissen Risiko erreichen wir Innovationen. Wenn jedes Ziel problemlos erfüllt werden kann, war dieses vielleicht zu niedrig angesetzt beziehungsweise man hat sich in der Planung zu wenig getraut. Hier ist es wichtig, die Jugendlichen zu unterstützen.

Im Gegensatz zu anderen Förderprogrammen setzen Sie bei allen Entscheidungen auf Transparenz, um diese nachvollziehbar zu machen. Wie genau können sich Förderinteressierte den Entscheidungsprozess vorstellen?

Roland Geiger: Es gibt generell zwei Fördersäulen: Zum ersten die Förderung in den jeweiligen Bezirken. Diese bekommen einen Betrag von 12.000 Euro, den sie selbst um zehn Prozent aufstocken müssen. Von diesem Geld muss anschließend die komplette Organisation der Jugendjury finanziert werden. Anschließend entscheidet die Jugendjury über die jeweiligen Anträge.

Zum zweiten gibt es Förderprojekte im Rahmen von etwa 300.000 Euro, über die eine sogenannte Steuerungsgruppe unter dem Vorsitz von der Staatssekretärin für Jugend, Sigrid Klebba, entscheidet. Ungefähr 200.000 Euro werden in einem zweistufigen Verfahren verteilt. Eine Fachjury diskutiert die von uns gesammelten Anträge und gibt Förderempfehlungen. Ihre Empfehlungen gehen anschließend an die Steuerungsgruppe, in der unter anderem Senatsvertreter sowie Vertreter vom Landesjugendring und vom Rat der Bürgermeister sitzen. Die Gruppe entscheidet dann über die Förderempfehlungen.

Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass sowohl die Steuerungsgruppe als auch die Fachjury auf aktionsorientierte Projekte setzt. Das bedeutet Vorhaben, in denen konkret etwas verändert wird, beispielsweise die Umgestaltung eines Spielplatzes.

Vielen Dank für das Interview, Herr Geiger.

Verbrauchernews
[finanzen.de] · 27.07.2017 · 10:16 Uhr
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