CSU-Vorstoß zu Gesundheit stiftet neuen Streit
Das Bundesgesundheitsministerium signalisierte klare Ablehnung, CDU und FDP ebenso. Die CSU selbst will ihren Vorstoß als Beitrag zur Beilegung des Streits über die Gesundheitsreform verstanden wissen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wies erneut Befürchtungen zurück, die geplante Gesundheitsreform werde unsozial. «Dieses Gesundheitssystem, wie wir es verändern wollen, wird solidarischer sein als das, was wir heute haben», sagte die CDU-Chefin. Bei der Reform werde der Solidarausgleich für die, die sich nicht beteiligen könnten, mit Steuermitteln finanziert.
Nach dem Vorschlag von Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) soll der derzeitige Krankenkassenbeitrag von 14,9 Prozent künftig aufgeteilt werden. Bundesweit einheitlich soll ein Beitragssatz von 14 Prozent gelten. Die restlichen 0,9 Prozent sollten den Kassen nach den Worten Söders «überantwortet» werden: Diese könnten über diesen Teil des Beitragsvolumens selbst bestimmen.
Am Montagnachmittag wollte Söder das Konzept bei einem Treffen mit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) in Berlin erläutern. Es sieht neben dem Beitrag, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen tragen, eine prozentuale Zusatzabgabe vor, die der Beschäftigte allein zahlt. «Das Modell ist schlüssig, es baut auf gewachsenen Strukturen auf», zitiert die «Süddeutsche Zeitung» (Montag) den CSU-Politiker.
Eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums sagte, das CSU- Konzept sei zur Lösung der Probleme auf den ersten Blick nicht geeignet. Die Einnahmen der Krankenkassen blieben damit auch künftig von den Einkommen abhängig und damit konjunkturanfällig. Konkrete Vorschläge zur Reform der Krankenkassenfinanzierung und für einen einkommensunabhängigen Arbeitnehmerbeitrag mit Sozialausgleich werde die Regierungskommission vorlegen. Noch vor Ostern werde Minister Rösler überdies ein Gesamtkonzept für Einsparungen im Pharmasektor präsentieren.
Gesundheitsstaatssekretär Daniel Bahr (FDP) sagte, die CSU-Vorschläge seien bereits in den Koalitionsverhandlungen abgelehnt worden. «Mit dem CSU-Konzept kommen milliardenschwere Mehrbelastungen auf die Versicherten zu, ohne dass dadurch die Finanzierung stabiler wird.» Auch bringe es den Versicherten «immer weniger netto vom brutto.»
Söder argumentiert dagegen, man wolle die soziale Gerechtigkeit, den Wettbewerb der Kassen untereinander und die föderale Ausgestaltung des Gesundheitswesens sichern. Die von der FDP favorisierte Kopfpauschale lehnte Söder erneut ab. «Das Modell hat enorme bürokratische Hürden und ist sozial ungerecht.»
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), wies das CSU-Konzept zurück. «Für die Unionsfraktion ist der Koalitionsvertrag Grundlage unseres Handelns. Und der sieht aus guten Gründen den Einstieg in lohnuzabhängige Beiträge vor», sagte Spahn der «Rheinischen Post» (Dienstag). Alle Beteiligten sollten die Regierungskommission «endlich mal in Ruhe an der Sachfrage arbeiten lassen, anstatt jede Woche ein neues Fass aufzumachen.»
Auch die FDP äußerte Kritik. Söders Versuch, hinter den Koalitionsvertrag zurückzufallen, werde scheitern, sagte FDP- Bundestagsfraktions-Vize Ulrike Flach der «Leipziger Volkszeitung» (Dienstag). Noch im April werde die Regierungskommission Modelle zur schrittweisen Einführung einer einkommensunabhängigen Gesundheitsprämie vorlegen. Spätestens dann habe sich Söders Plan «erledigt». Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums stellte dagegen klar: «Hier liegt ein Missverständnis vor. Im April ist noch nicht mit Vorschlägen zu rechnen.»
Die SPD-Gesundheitsexpertin und Vorsitzende des Bundestags- Gesundheitsausschusses, Carola Reimann, sprach mit Blick auf die CSU-Pläne von «schwarz-gelben Chaostagen». Mit ihrem Vorschlag versuche die CSU, «den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben», sagte Reimann der dpa. Sie warnte vor einer massiven Zusatzbelastung für die Versicherten.