Castor-Streit: Regierung und Opposition im Clinch

Berlin (dpa) - Der heftige Widerstand gegen den Atommülltransport nach Gorleben heizt auch in Berlin die politische Debatte neu an.

Mit dem Beschluss zur Verlängerung der Atomlaufzeiten habe die Bundesregierung einen bereits befriedeten gesellschaftlichen Großkonflikt neu entfacht, warfen SPD, Grüne und Linke des schwarz- gelben Koalition am Montag vor.

Sie schoben der Bundesregierung die Verantwortung für die Auseinandersetzungen zwischen Atomkraftgegnern und Polizei während des Castor-Transports zu. Dagegen warf die Koalition vor allem den Grünen vor, Rechtsbrüche zu schützen. Nach Grünen und Linksfraktion beantragten auch die Regierungsfraktionen eine aktuelle Debatte im Bundestag. Sie soll am Mittwoch stattfinden.

Die Bundesregierung stellte sich demonstrativ hinter die Polizeibeamten im Einsatz. Sie schützten nicht nur die Castor- Transporte, sondern auch auch das Recht auf friedliche Demonstrationen. Union und FDP attackierte vor allem Grünen- Fraktionschef Jürgen Trittin.

Er habe noch als Umweltminister 2001 die damaligen Castor-Gegner zu Besonnenheit aufgerufen habe und setze sich nun an der Spitze die Demonstranten. «Das ist der Gipfel der Heuchelei», sagte CDU- Generalsekretär Hermann Gröhe. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt bezeichnete das Verhalten Trittins als «schäbig und unanständig». Er sagte: «Die Grünen outen sich als politischer Arm von Aufrührern, Brandstiftern und Steinewerfern.»

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte dem Sender NDR Info: «Viele Menschen merken natürlich, dass Gorleben nicht nur ein Zwischenlager für Atommüll sein soll, den wir ja aus Frankreich zurücknehmen müssen, sondern als virtueller Entsorgungsnachweis gilt, damit man Atomkraftwerke länger laufen lassen kann.» Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weigere sich auf Druck der Ministerpräsidenten der Union, andere Standorte für eine Atommüll-Endlagerung etwa in Bayern und Baden-Württemberg untersuchen zu lassen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte: «Die größten Demonstrationen aller Zeiten gegen die Castoren zeigen: Die Ruhe in der Atompolitik ist vorbei. Die Laufzeitverlängerung hat den Konsens in der Atompolitik zerstört.» Der faktische Endlagerbau in Gorleben müsse beendet und eine wissenschaftlich fundierte offene Endlagersuche auf den Weg gebracht werden.

Auch für Linksparteichef Klaus Ernst trägt Merkel die Schuld für die Ausschreitungen beim Castor-Transport. Die Kanzlerin habe den erreichten Frieden in der Atomfrage aufgekündigt. «Ich schlage vor, dass der Atomdeal unter ein Moratorium gestellt wird», sagte Ernst.

Im Gegensatz zu den Polizeigewerkschaften, die die überlangen Einsatzzeiten der Beamten beklagen, sieht die Bundesregierung die Polizei bei den Massenprotesten nicht überfordert. «Das Ereignis war absehbar und ist sehr, sehr gut vorbereitet worden», sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Eine Neuregelung der Millionenkosten des Transports lehnte die Bundesregierung ab. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) hatte verlangt, dass der Bund Kosten übernehmen soll. Umwelt-Staatssekretärin Katharina Reiche (CDU) schloss eine Neuaufteilung der Kosten allerdings nicht aus.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, Joachim Pfeiffer, plädierte in «Handelsblatt Online» dafür, darüber nachzudenken, ob nicht diejenigen, die das Demonstrationsrecht als Störer und zur Begehung von Straftaten missbrauchen, auch für die Kosten aufkommen, «die sie selbst verursacht haben».

Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) nannte die Entsorgung von Abfällen aus Kernenergie eine alternativlose Notwendigkeit. FDP- Fraktionschefin Birgit Homburger zitierte aus Briefen und Bundestagsprotokollen von 2001 mit Aussagen des damaligen Umweltministers Trittin, der die Atommüll-Rücktransporte verteidigt und die damaligen Blockierer kritisiert hatte. «Unabhängig vom Konsens müssen wir den Atommüll aus Frankreich und England zurücknehmen» - diese damalige Aussage von Trittin gelte noch heute.

Atom / Transporte / Gorleben
08.11.2010 · 17:29 Uhr
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