Biedenkopf fordert Freigabe der Präsidentenwahl

Berlin (dpa) - Sachsens Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) hat CDU-Chefin Angela Merkel aufgefordert, bei der Wahl des Bundespräsidenten den eigenen Wahlleuten eine freie Abstimmung zu ermöglichen.

Er brachte damit erneute Unruhe ins schwarz-gelbe Regierungslager, weil es in Union und FDP etliche Sympathien für den Kandidaten von SPD und Grünen, Joachim Gauck, gibt.

Der Präsidentschaftskandidat der Koalition, Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), kann indessen auf eine deutliche Mehrheit von mindestens 21 Stimmen hoffen. Die Länder mussten bis Donnerstagabend ihre Wahlleute benennen. Eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab, dass Union und FDP mit 644 Sitzen 21 Stimmen mehr haben als für die absolute Mehrheit erforderlich sind.

Selbst wenn einige Wahlleute aus dem Koalitionslager gegen Wulff stimmen sollten, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Wulff in einem der ersten beiden Wahlgänge die nötige Stimmenzahl bekommt. Die Wahl ist am 30. Juni, der neue Präsident soll erst am 2. Juli vereidigt werden.

Biedenkopf schrieb in einem Beitrag für die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (Donnerstag) auch an Merkel gewandt, der Respekt vor der Verfassung gebiete die Freigabe der Abstimmung. Er begründete es damit, dass eine durch Geschlossenheitsappelle herbeigeführte Präsidentenwahl verfassungspolitisch fragwürdig wäre. «Sie kann dem gewählten Bundespräsidenten weder die Autorität noch die Glaubwürdigkeit vermitteln, die mit einer wirklich freien Wahl verbunden wären.»

Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer hielt Biedenkopf entgegen: «Die Wahl des Bundespräsidenten ist ein politisches Signal.» Es sei selbstverständlich, «dass die Parteien, die einen Personalvorschlag unterbreiten, für diesen auch werben», sagte er der Nachrichtenagentur dpa.

Wulff befand es in Frankfurt für «gut, dass die Parteien Wahlempfehlungen geben». Es dürfe aber keine Verbindung hergestellt werden «zwischen einer Fortsetzung einer Regierung oder zwischen Sachfragen und der Wahl des Bundespräsidenten», sagte er. «Das tut auch niemand.»

Linken-Kandidatin Luc Jochimsen sorgte mit der Einschätzung, die DDR sei kein Unrechtsstaat, für heftige Kritik der schwarz-gelben Koalition. Sie sagte dem «Hamburger Abendblatt» (Donnerstag): «Die DDR war ein Staat, der unverzeihliches Unrecht an seinen Bürgern begangen hat. Nach juristischer Definition war sie allerdings kein Unrechtsstaat.»

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sagte aus Anlass des Volksaufstandes in der DDR am 17. Juni 1953: «Die DDR war ein Unrechtsstaat. ... Das darf nicht vergessen oder verklärt werden. Noch immer gibt es viel zu viele Menschen in unserem Land, die über die Vergangenheit ganz bewusst den Mantel des Schweigens decken wollen.»

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe hielt der Linken-Kandidatin entgegen: «Jochimsen ist nicht in der Lage, die DDR als das zu bezeichnen, was sie war: ein Unrechtsstaat, der mit Mauer, Stacheldraht und Stasi-Terror das Volk unterdrückt hat.» Die Linken-Abgeordnete «verhöhnt damit die Opfer des DDR-Unrechtsregimes. Besonders zynisch ist es, sich ausgerechnet am 17. Juni so zu äußern».

Gauck war Chef der Stasi-Unterlagen-Behörde. Vor allem in dieser Funktion machte er sich bei Mitgliedern der SED-Nachfolgepartei PDS unbeliebt. Aus der PDS ging vor drei Jahren nach einer Fusion mit der WASG die Partei Die Linke hervor.

Gauck sprach sich in einem dpa-Gespräch für eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen aus. «Die Politik muss darüber nachdenken, wie das Volk überzeugender für die Vorteile der Demokratie gewonnen werden kann.» Allerdings müsse den Befürwortern von Volksabstimmungen auf Bundesebene bewusst sein, dass sich solche Voten gelegentlich auch gegen ihre eigenen Überzeugungen richten könnten. «Überfällig» nannte Gauck eine Diskussion über die Zusammenlegung von Bundesländern. Eine Neugliederung halte er schon aus ökonomischen Gründen für erforderlich.

Bundespräsident / Linke
17.06.2010 · 21:15 Uhr
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