Berlin und Moskau demonstrieren Partnerschaft

Jekaterinburg (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel und Russlands Präsident Dmitri Medwedew wollen eine enge Partnerschaft ihrer Länder festklopfen. Merkel flog am Mittwoch zu den deutsch-russischen Regierungsgesprächen nach Jekaterinburg am Ural.

Nach ihrer Ankunft sagte die Kanzlerin: «Die deutsch-russischen Beziehungen sind sehr, sehr gut.» Verlässliche, freundschaftliche Beziehungen zu Russland seien auch im deutschen Interesse.

Konflikte zwischen Deutschland und Russland stehen nicht auf der Tagesordnung, auch wenn Merkel die Frage der Menschenrechte ansprechen will. «Wir werden auch über innenpolitische Probleme sprechen, über die verschiedenen Fragen, die auch mit Menschenrechten zu tun haben, aber eben auch über Forschung, Bildung und Gesundheit.»

Merkel und Medwedew wollen vor allem über einen Ausbau der wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Zusammenarbeit beraten und internationale Fragen erörtern. Es liege auch im deutschen Interesse, «dass wir Geschäfte machen, dass wir Gewinne machen und dass wir intensiver zusammenarbeiten», sagte Merkel. Dies beziehe sich auch auf den Bereich der Sicherheit.

Parallel reiste Außenminister Guido Westerwelle nach Russland. Bei einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow sprach er auch die Frage der Menschenrechte an. «Wir verfolgen eine strategisch angelegte, umfassende Russland-Politik, die keine blinden Flecken lässt», sagte Westerwelle.

Moskau bezeichnet die bis Donnerstag dauernden deutsch-russischen Regierungskonsultationen als zukunftsweisend. Von den Treffen hänge «in vieler Hinsicht die zukünftige Entwicklung der russisch-deutschen Beziehungen ab», sagte Russlands Vizepremier Viktor Subkow am Mittwoch beim 10. Petersburger Dialog, der auch in Jekaterinburg tagt. Merkel und Medwedew wollen diese Tagung der Zivilgesellschaft am Donnerstag besuchen.

Siemens sowie die russische Staatsbahn RZD und die Moskauer Firma Aeroexpress wollen im Beisein von Merkel und Medwedew auch den Bau von mehr als 200 Zügen für Russland vereinbaren. Ein RZD-Sprecher bestätigte die geplante Unterzeichnung eines Memorandums. Laut der Agentur Interfax will Russland im Lauf der kommenden zehn Jahre 240 Regionalzüge für 2,6 Milliarden Euro bestellen. Die Züge vom Typ Desiro sollen zum Teil im Siemens-Werk in Krefeld gebaut werden. 54 von ihnen sollen bei den Olympischen Winterspielen 2014 im Schwarzmeerort Sotschi fahren.

Medwedew will Siemens auch für die geplante Innovationsschmiede Skolkowo vor den Toren Moskaus gewinnen - einem Ort nach dem Vorbild von Silicon Valley in den USA. Die bisher wirtschaftlich starken Beziehungen zwischen Deutschland und Russland sollten nun um eine intensive wissenschaftlich-technische Kooperation sowie Investitionen in Innovationen erweitert werden. Das sagte der neue russische Botschafter in Deutschland, Wladimir Grinin, in einem Moskauer Zeitungsinterview.

Merkel wird laut einem Pressebericht auch die geplante Gaspipeline Nabucco ansprechen. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle äußerte sich mit Sorge über die Zukunft des europäischen Projekts, das Gas aus Zentralasien an Russland vorbei nach Westen führen soll. Breitgestreute Bezugsquellen seien die Voraussetzung für die Versorgungssicherheit in Europa, sagte Brüderle der Zeitung «Handelsblatt». Dazu würde Nabucco einen wichtigen Beitrag leisten.

Seit bekannt wurde, dass RWE einen Einstieg beim russischen Konkurrenzprojekt South Stream prüft, gilt Nabucco als gefährdet. RWE gehört zum europäischen Konsortium, das Nabucco bauen will. Der Moskauer Gazprom-Konzern wies die Darstellung eines «unmoralischen Angebots» aus Moskau an RWE aber zurück. «Es gibt keine russische Verschwörung gegen Nabucco», teilte Vizechef Alexander Medwedew mit. «South Stream und Nabucco sind weder Konkurrenzprojekte noch schließen sie sich gegenseitig aus.»

Merkel will bei ihrem Treffen mit Medwedew auch das Thema Menschenrechte ansprechen. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) forderte von der Kanzlerin, dabei erneut den Mord an Natalja Estemirowa zu erörtern. Die Menschenrechtlerin war vor einem Jahr, am 15. Juli 2009, erschossen in der russischen Nordkaukasus-Republik Inguschetien gefunden worden. «Das Versprechen, diesen Mord aufzuklären, ist bislang ein Lippenbekenntnis geblieben», kritisierte ROG am Mittwoch in einer Mitteilung.

Von deutscher Seite sind in Jekaterinburg rund 1670 Kilometer östlich von Moskau unter anderem auch Außenminister Westerwelle, Verkehrsminister Peter Ramsauer, Umweltminister Norbert Röttgen sowie Brüderle vertreten. Medwedew will nach Kremlangaben besonders auf Visafreiheit mit der EU drängen. Bei den Gesprächen soll es außerdem um das iranische Atomprogramm, die Lage in Afghanistan, in Kirgistan und Nahost, aber auch um Klimaschutz und Energiesicherheit gehen. Merkel reist nach den Gesprächen weiter nach China, während Westerwelle nach Usbekistan fliegt.

International / Deutschland / Russland / China
14.07.2010 · 19:46 Uhr
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