Aufgeheizte Lage in Kiew: Gewaltbereite Demonstranten rüsten auf

Kiew (dpa) - Nach den bisher blutigsten Straßenschlachten in Kiew haben sich Hunderte radikale Regierungsgegner für neue Gewalt gegen die russlandtreue Führung gerüstet.

Mit Gasmasken vermummte prowestliche Oppositionelle bewaffneten sich am Montag mit Holzknüppeln und warfen Steine auf Mitglieder der berüchtigten Polizeieinheit Berkut (Steinadler). Medien berichteten von rund 3000 Gewaltbereiten nahe dem Regierungsviertel im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt.

Hingegen rief der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko alle Ukrainer auf, sich den friedlichen Protesten in der Hauptstadt anzuschließen. «Ihr werdet hier gebraucht, damit die Ukraine gewinnt und nicht Janukowitsch», sagte der Gegner des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch in einer Videoansprache. Die Bundesregierung, die EU und die USA zeigten sich besorgt über die Eskalation.

Die Führung um Janukowitsch bildete eine Kommission für einen Ausweg aus der Krise. Der Staatschef selbst wollte zunächst aber nicht an einem Treffen mit der Opposition teilnehmen. Bei den Straßenschlachten waren seit Sonntag insgesamt mehr als 200 Menschen verletzt worden. Die Ausschreitungen waren nach einer Massenkundgebung gegen die Verschärfung des Demonstrationsrechts und andere umstrittene Gesetze ausgebrochen.

«Die Regierung hat dem Volk den Krieg erklärt», sagte der frühere Boxweltmeister Klitschko. Die regierende Partei der Regionen warf ihm hingegen vor, «die eigenen wahnsinnig gewordenen Anhänger» auf die Sicherheitskräfte gehetzt zu haben.

Die Bundesregierung rief Janukowitsch zum Dialog mit der Opposition auf. Deutschland verfolge die Entwicklung in der Ex-Sowjetrepublik mit großer Sorge, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Allerdings sehe man auch die Gewalt der Demonstranten mit einer «gewissen Traurigkeit». «Die Bundesregierung verurteilt jegliche Gewalt», sagte Seibert. «Alle Seiten müssen von Gewalt Abstand nehmen und in einen Dialog eintreten.»

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach von einer erheblichen Zuspitzung der Lage. «Eine kurzfristige Lösung sehe ich nicht», sagte er am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel. Die Minister teilten mit, sie seien tief besorgt über die Entwicklung in Kiew. Das Thema soll auch während der Münchner Sicherheitskonferenz, die am 31. Januar beginnt, mit vielen Gesprächspartnern aus der Ukraine diskutiert werden.

Auch die USA forderten die ukrainische Regierung zum Dialog mit der Opposition auf. Die wachsenden Spannungen seien eine direkte Folge der Weigerung der Regierung in Kiew, die berechtigten Beschwerden des Volkes anzuerkennen, sagte die Sprecherin der Nationalen Sicherheitsrates der USA, Caitlin Hayden, am Sonntagabend (Ortszeit). Stattdessen seien friedliche Proteste kriminalisiert und Opponenten mit verschärften Gesetzen ihres «gesetzesmäßigen Schutzes» beraubt worden. Diese «antidemokratischen Schritte» müssten zurückgenommen werden.

Bei den seit Sonntag dauernden Ausschreitungen wurden mehr als 100 Milizionäre verletzt, wie das Innenministerium in Kiew mitteilte. Etwa 60 Angehörige der Sicherheitskräfte wurden in Krankenhäusern behandelt. In den Reihen der Opposition habe es ebenfalls mehr als 100 Verletzte gegeben, teilte das Gesundheitsamt der Stadt Kiew mit. Demnach würden 40 Regierungsgegner in Krankenhäusern behandelt. Nicht alle suchten Hilfe in Kliniken aus Angst vor Strafverfolgung, hieß es aus Oppositionskreisen. Verletzt wurden auch 15 Reporter.

Radikale Kräfte der Opposition waren am Sonntag mit Holzknüppeln, Brandsätzen und Feuerwerkskörpern gegen die Miliz vorgegangen. Sie warfen auch mit Steinen. Oppositionsführer sprachen von Provokateuren. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas, Blendgranaten und Wasserwerfer bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt ein. Mehrere Einsatzfahrzeuge gerieten in Brand.

Klitschko und der prominente Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk riefen ihre Anhänger zur Ruhe auf. Sie warnten vor Blutvergießen und forderten friedliche Verhandlungen für einen Ausweg aus der Krise. Dagegen sagte der frühere Innenminister Juri Luzenko: «Das, was gestern passierte, ist schlecht, aber richtig. Das ist die einzige Sprache, die Janukowitsch versteht.» Ex-Präsident Viktor Juschtschenko warnte vor einem Bürgerkrieg.

Nach den Massenprotesten am Sonntag mit bis zu 100 000 Teilnehmern hatten sich Tausende Unzufriedene von der Kundgebung abgesetzt und versucht, das Regierungsviertel zu stürmen. Sie werfen den Oppositionsführern einen zu weichen Kurs gegen Janukowitsch vor. Die Ukraine wird seit zwei Monaten von Protesten erschüttert. Hintergrund ist die Abkehr der ukrainischen Führung von einer Annäherung an die Europäische Union und die neue Hinwendung zum Nachbarn Russland.

Demonstrationen / Ukraine
20.01.2014 · 16:11 Uhr
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