Arcandor-Chef Eick nimmt seinen Hut

Essen (dpa) - Eines der größten Insolvenzverfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte ist eröffnet: Bei den wichtigsten Gesellschaften des Handels- und Touristikriesen Arcandor hat der Kölner Sanierungsexperte Klaus Hubert Görg als Insolvenzverwalter das Ruder übernommen.

Görg hatte schon zuvor eine Zerschlagung des Konzerns in Aussicht gestellt und den 38 000 Mitarbeitern der Handelstöchter Karstadt und Primondo schmerzhafte Einschnitte angekündigt. Vorstandschef Karl-Gerhard Eick und fast der gesamte Vorstand verlassen das Unternehmen.

Nach heftiger Kritik an seinen mit dem Arcandor-Großaktionär Sal. Oppenheim ausgehandelten Gehaltszahlungen von bis zu 15 Millionen Euro erklärte sich Eick bereit, ein Drittel des Geldes zu spenden. Ein Unternehmenssprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der «Bild»-Zeitung (Mittwoch). Bis zu fünf Millionen Euro sollen demnach Mitarbeitern des Arcandor-Konzerns zugutekommen, um soziale Härten wegen der Insolvenz abzufedern. Das Geld soll zunächst in einen neugegründeten Fonds fließen. Eick hatte nur ein halbes Jahr lang an der Arcandor-Spitze gestanden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor angekündigt, angesichts der teils nach wie vor exorbitanten Zahlungen an Manager über weitere Gehaltsgrenzen für die Wirtschaftseliten nachdenken zu wollen.

Für die beiden Handelstöchter Karstadt und Primondo mit Quelle sollen bis zu den Gläubigerversammlungen im November Einzellösungen gefunden werden. Der Handelsriese Metro beteuerte derweil erneut sein Interesse an Teilen des Karstadt-Filialnetzes. Wie viele der 90 Karstadt-Häuser für eine große Warenhausehe mit der Metro-Tochter Kaufhof infrage kommen, wird aktuell aber nicht beziffert. Die bereits verpfändete Tourismussparte Thomas Cook ist von der Insolvenz nicht betroffen und steht vor einem Verkauf. Metro-Chef Eckhard Cordes hatte bereits im Juni die Idee einer Deutschen Warenhaus AG ins Spiel gebracht. Dabei würde die Metro-Warenhaustochter Kaufhof mit einem Teil der Karstadt-Filialen unter ein Dach kommen. In den vergangenen Monaten hatte Metro von etwa 60 Karstadt-Filialen gesprochen, die für den Düsseldorfer Konzern interessant wären.

Die Holding mit dem Kunstnamen Arcandor AG soll ihre Funktion weitgehend verlieren. Von dem sieben Köpfe zahlenden Vorstand bleibt nur noch der Chef der Versandhandelssparte Primondo, Marc Sommer. Neben Eick gehen Finanzvorstand Rüdiger Günther, Karstadt-Chef Stefan Herzberg, der Chef der nicht von der Insolvenz betroffenen Tourismussparte Thomas Cook, Manny Fontenla-Novoa, sowie die von Eick als Sanierer in das Unternehmen geholten Vorstände Arnold Mattschull und Zvezdana Seeger.

Zuvor hatte das Amtsgericht Essen in mehreren Einzelentscheidungen die Eröffnung der Insolvenzverfahren für die wichtigsten Arcandor- Gesellschaften beschlossen. Insgesamt wurden den Essener Amtsrichtern rund 40 Einzelanträge zur Entscheidung vorgelegt. Elf weitere Verfahren werden von anderen Gerichten bearbeitet. In der vergangenen Woche hatte das Amtsgericht Fürth bereits die Insolvenzverfahren für drei Quelle-Tochterunternehmen eröffnet.

Nach dem Auslaufen des dreimonatigen Insolvenzgelds Ende August müssen die Arcandor-Gesellschaften wieder selbst für die Löhne und Gehälter ihrer Beschäftigten aufkommen. «Wir arbeiten wieder unter Vollkosten», sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters. Von den Beschäftigten hat Görg bereits einen Sanierungsbeitrag gefordert.

Eine «Spende» ohne nachhaltige Perspektiven komme aber nicht in Frage, betonte die Gewerkschaft Verdi. Nach großen finanziellen Opfern in den vergangenen Jahren könne es einen solchen Beitrag der Mitarbeiter nur mit einem soliden Geschäftsplan und Sicherheiten für die Beschäftigten geben, forderte die Gewerkschaft.

Handel
01.09.2009 · 19:26 Uhr
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