Angst vor Blackouts prägt die Atomausstiegs-Debatte

Berlin (dpa) - Die Regierung nimmt die Warnung der Netzbetreiber vor Stromausfällen ernst und will sie beim Tempo des Atomausstiegs berücksichtigen. Kanzlerin Merkel will nach dem CDU-Debakel in Bremen eine rasche und klare Entscheidung in der Atomfrage herbeiführen, so oder so.

Die Sorge vor sogenannten Blackouts im Winter müssten ernst genommen werden, sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) am Montag in Berlin. Das Umweltministerium von Norbert Röttgen (CDU) betonte, die Lage im Netz sei schwierig, aber beherrschbar. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte ungeachtet der Warnrufe nach dem CDU-Debakel in Bremen eine zügige Atomentscheidung an.

Am Wochenende hatten die vier Übertragungsnetz-Betreiber EnBW Transportnetze AG, 50hertz, Amprion und Tennet davor gewarnt, dass es bei einem dauerhaften Aus für bis zu acht Kernkraftwerke gerade im Winter zu kaum noch beherrschbaren Situationen kommen könnte, da dann bis zu 8000 Megawatt an Leistung fehlten. Als Gründe nannten sie die geringere Menge von Solarstrom und weniger Importmöglichkeiten, da andere EU-Länder dann auch einen erhöhten Strombedarf haben.

In dieser Woche laufen nur 4 der 17 Atomkraftwerke, dank viel Sonne und Strom aus Nachbarländern konnte der Engpass aber bisher abgefedert werden. Neben den im Rahmen des Atom-Moratoriums abgeschalteten 7 ältesten Meilern und der Anlage Krümmel sind derzeit 5 weitere Kernkraftwerke für Wartungsarbeiten vom Netz getrennt.

CDU-Chefin Angela Merkel will rasch konkrete Beschlüsse für den Atomausstieg fällen. Es werde «schnelle und auch eindeutige Entscheidungen in der Energiepolitik» geben, sagte Merkel am Montag nach Gremiensitzungen ihrer Partei in Berlin. Die Wahlen in Bremen und auch in Baden-Württemberg, wo die Union nach Jahrzehnten aus der Regierung gefallen war, seien durch die Diskussion über die Energiepolitik bestimmt gewesen. Davon hätten die Grünen profitiert.

Merkel kündigte für kommenden Montag eine weitere Sitzung des CDU- Vorstands an, bei dem das Ergebnis der Beratungen der Ethikkommission zum Atomausstieg beraten werden soll. Am Montagmorgen werde sie von der Kommission die Ergebnisse erhalten. Die CDU werde dann «wichtige Rahmenpunkte festlegen und sagen, welche Schlüsse wir ziehen». Als einzige Regierungspartei hat sich bisher die CSU auf 2022 als Ausstiegsdatum festgelegt, Merkel begrüßte dieses Datum.

Zum Problem für einen angestrebten Konsens mit der Opposition könnte werden, dass diese neben einem raschen Ausstieg auf ein sofortiges Aus für die «7+1»-Kernkraftwerke dringt, die wegen des Moratoriums stillstehen. Dann fehlen zwar rund 8000 Megawatt an Leistung, vor allem aber wegen der darauf nicht ausgerichteten Netze könnte der Wegfall zum Problem werden. Es gehe vor allem um ein Transport-, nicht um ein Angebotsproblem, sagte Röttgens Sprecherin.

«Die Übertragungsnetz-Betreiber werden dafür sorgen, dass es dazu nicht kommt», nahm sie aber mit Blick auf die Sorge vor Blackouts die Betreiber in die Pflicht. «Die Versorgungssicherheit ist oberstes Gebot bei der Energiewende.» Daher habe dieser Aspekt bei den Entscheidungen höchste Priorität. Sie sagte nicht, ob die Warnung der Netzbetreiber konkrete Auswirkungen auf die Zahl abzuschaltender Meiler haben wird. Am 6. Juni will die Regierung über den Atomausstieg entscheiden. Die gesicherte Leistung, die zur Verfügung steht, werde immer höher sein, als der zu Spitzenzeiten benötigte Strom, betonte die Sprecherin.

Aus dem Wirtschaftsministeriums hieß es, das Winter-Szenario werde derzeit von der Bundesnetzagentur und den Betreibern noch einmal analysiert.

Die Grünen forderten von den Netzbetreibern eine Offenlegung der Daten für ihre Stromausfall-Warnungen, da andere Studien, etwa der Universität Flensburg, keine Gefahren für den Winter sähen. Der Netzexperte der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Peter Ahmels, sagte der dpa, die Gefahr von Stromausfällen könne auch kurzfristig gemindert werden. Die Probleme im Netz würden nur regional an einzelnen Punkten auftreten, hier könnten rasche Modernisierungsmaßnahmen helfen.

Kritik an den deutschen Plänen kommt vom Chef der Internationalen Energieagentur (IEA, Paris), Nobuo Tanaka. Ein deutscher Alleingang beim Atomausstieg setze die Versorgungssicherheit in ganz Europa aufs Spiel, sagte er der «Financial Times Deutschland». Deutschland solle besser eine Entscheidung in der EU anstreben.

Energie / Atomkraft
23.05.2011 · 17:23 Uhr
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