Analyse: Waffengegner in USA auf verlorenem Posten

Washington (dpa) - Der US-Amokläufer James Holmes ging in Waffengeschäfte und deckte sich mit einem Arsenal ein. Alles legal. Das Blutbad in Aurora schockte selbst hartgesottene Polizisten und Politiker.

Der Gouverneur von Colorado kämpfte mit den Tränen, ebenso der Bürgermeister von Aurora. Präsident Barack Obama stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, ähnlich ging es seinem republikanischen Wahl-Rivalen Mitt Romney. «Die Lehre aus diesem Tragödie ist, dass das Leben sehr zerbrechlich ist», sinnierte Obama vor der Nation.

Manchen reichten die Lehren aus dem Blutbad, das James Holmes mit seinem Waffenarsenal anrichtete, nicht aus. «Wir wollen kein Beileid», erklärte die Organisation «Brady Campaign to Prevent Gun Violence», die für schärfere Waffengesetze kämpft. «Wir wollen Taten.»

So sah es auch der New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg. «Wissen Sie, besänftigende Worte sind nett», sagte er in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache. «Aber vielleicht ist es an der Zeit, dass die beiden Leute, die Präsident der Vereinigten Staaten werden wollen, aufstehen und uns sagen, was sie (...) tun wollen.»

Ähnliche Taten haben so gut wie nichts verändert, so war es praktisch immer: nach Columbine 1999, Virginia Tech 2007, Fort Hood 2009, Tucson 2011. Keines dieser Verbrechen konnte die Waffenverliebtheit der Amerikaner erschüttern, an die kein anderes Industrieland heranreicht. Nach Angaben der «Washington Post» zeigt eine Gallup-Umfrage aus dem Jahr 2010, dass die Unterstützung für schärfere Waffenkontrollen in den vergangenen zwanzig Jahren um 34 Prozentpunkte gefallen ist. Gleichzeitig wuchs die Zustimmung zu weniger Restriktionen oder dafür, die Regelungen so zu lassen, wie sie sind.

Die Macht der Nationalen Organisation der Waffenbesitzer (National Rifle Association) mit ihren vier Millionen Mitgliedern ist ungebrochen. Erst kürzlich ließ die NRA wieder ihre Muskeln spielen, setzte Kongressmitglieder bei einer Abstimmung unter Druck - und war damit erfolgreich.

Das alles erklärt, warum es in den USA weiter so leicht bleibt, sich Waffen zuzulegen. Wer immer sich für schärfere Gesetze ausspricht, der bekommt bei einer Wahl die Quittung. Und das wiederum bedeutet: Im Kongress wären Restriktionen heute und wohl auch auf lange Sicht überhaupt nicht durchzusetzen.

Warum also nicht besser gleich die Finger davon lassen? «Es ist schlicht Kalkül, dieses Thema nicht anzufassen», sagte Dan Gross von der «Brady-Campaign». So hat sich auch Obama längst von seinem Wahlkampfversprechen 2008 entfernt, diejenigen gründlicher zu überprüfen, die auf Waffenshows einkaufen wollen. Der Präsident gibt sich nun damit zufrieden, darauf zu pochen, dass bestehende Gesetze eingehalten werden.

Es hat viel mit der alten Pioniermentalität zu tun, dass die Amerikaner so sehr auf ihr Recht auf Waffenbesitz pochen, sagten Experten. Das Wissen, eine Waffe zu haben, vermittele ein Gefühl der Stärke und Unbesiegbarkeit. Hinzu kommt die verbreitete Abneigung gegen jede Art staatlicher Regulierung, die in Colorado als Rocky-Mountain-Staat besonders tief verwurzelt ist.

Hier sind zwar nach dem Blutbad von Columbine einige Waffenregeln verschärft worden. Aber kein Gesetz, so schreibt auch die «New York Times», ist weitreichend genug, dass es die Waffenkäufe des Schützen von Aurora hätte verhindern können. James Holmes konnte in zwei Geschäfte gehen und sich mit einem Sturmgewehr, einer Schrotflinte und zwei Glock-Pistolen eindecken.

Luke O'Dell, ein Sprecher der Vereinigung der Rocky-Mountain-Waffenbesitzer, meinte, dass bestehende Restriktionen vielleicht dazu geführt hätten, dass so viele Menschen in Aurora sterben mussten. Die Kette, zu der das Kino in der Stadt gehört, verbiete Schusswaffen in ihren Sälen, zitierte die «New York Times» O'Dell. Hätten Kinobesucher Waffen bei sich tragen dürfen, wären unter Umständen weniger Menschen getötet worden. Mitglieder der «Brady-Campaign» finden diese Argumentation schlicht pervers.

Kriminalität / USA
21.07.2012 · 17:06 Uhr
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