Analyse: Sauerland laviert weiter herum

Duisburg (dpa) - Den Rat zum Rücktritt bekam Adolf Sauerland vergangenes Wochenende kaum verhüllt sogar vom Bundespräsidenten. Jetzt hat der einst so populäre Duisburger Oberbürgermeister auf dem Papier die Konsequenzen gezogen. Er erklärte sich am Montag bereit, über ein Abwahlverfahren auf sein Amt zu verzichten.

Seine Erklärung ist aber an der entscheidenden Stelle wachsweich formuliert: Dass der OB sich dem gesetzlich vorgeschriebenen Abwahlverfahren stellen will, wie er ankündigt, ist eine Selbstverständlichkeit. Er muss das tun.

Wirklich interessant dagegen wäre die Frage, ob Sauerland gegen eine mögliche Abberufung durch den Stadtrat Widerspruch einlegen würde. Das wäre theoretisch sein Recht und würde das Verfahren verkomplizieren, denn dann müssten die Duisburger Bürger noch einmal abstimmen. Bei einer Abwahl würde der OB finanziell nicht ins Bodenlose fallen.

Weil der OB nicht klipp und klar sagt, dass er sich dem Votum des Stadtrates beugen wird, spricht die Duisburger SPD schon von einer «Verschleierungsaktion» und einer Veralberung der Bürger - und sieht keine Spur von einem Neuanfang für die Stadt, die seit Tagen bundesweit Negativschlagzeilen hinnehmen muss.

Sauerland hat lange mit seiner Reaktion gewartet - zu lange, bemängeln viele Kritiker. Da ihr OB vor dem Zorn der Duisburger tagelang abgetaucht war, sah sich die Stadt praktisch ohne Führung. Der 55-Jährige Verwaltungschef in der Industriestadt - als Kumpeltyp mit Motorroller bekannt - hat seine in sechs OB-Jahren gesammelte Reputation aufgebraucht. Spätestens als er vergangene Woche erklärte, aus Rücksicht auf die Gefühle der Opfer an der Trauerfeier für die größte Katastrophe in Duisburgs Geschichte seit Jahrzehnten nicht teilzunehmen, war er gefühlt schon nicht mehr der Oberbürgermeister der Stadt.

«Sauerland ist schuld», steht handgeschrieben auf Zetteln am Unglückstunnel. Bürger starteten eine Unterschriftensammlung zu seiner Abwahl - in wenigen Tagen unterzeichneten schon über tausend Duisburger. Und das, obwohl die Schuldfrage für die Katastrophe keineswegs geklärt ist: Schwerwiegende Vorwürfe werden auch gegen den Veranstalter und die Polizei erhoben.

Adolf Sauerland hat seit seinem Amtsantritt 2004 für Duisburg viel getan. Vor allem die Integration der verschiedenen Bevölkerungsgruppen in der Vielvölkerstadt war eines seiner Dauerthemen. Dass im von vielen Türken bewohnten Stadtteil Marxloh Deutschlands größte Moschee ohne Nachbarschaftsstreit in einem friedlichen Prozess entstand, ist maßgeblich auch ein Verdienst Sauerlands.

Duisburg spielt eine bundesweit beachtete Vorreiterrolle beim Umbau seiner nach langer Industriegeschichte wenig anheimelnden Innenstadt: Unter Sauerlands Führung werden in Sichtweite von Hochöfen schrittweise fast 200 Häuser abgerissen, um einen neuen Grüngürtel für bessere Luft und mehr Wohnqualität aufzubauen.

Solche politischen Erfolge hat der OB aber weggewischt - mit dem unbedingten Ehrgeiz, das spektakuläre Großereignis Loveparade über die Bühne zu bringen. Obwohl Fachbeamte mündlich und schriftlich warnten, wollte der hemdsärmelige Ruhr-OB - nach ersten Erkenntnissen - die positiven Schlagzeilen für seine Stadt. Jetzt ist das genaue Gegenteil der Fall: Der Name Duisburg wird auf Jahrzehnte mit der Katastrophe verbunden sein wie Ramstein mit dem Flugshow-Unglück oder Eschede mit dem ICE-Unfall.

Notfälle / Loveparade
02.08.2010 · 21:51 Uhr
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