Analyse: Krisenstimmung in Brüssel

Brüssel (dpa) - Plötzlich ist sie wieder da, die Krisenstimmung in Brüssel. Diplomaten laufen eilig über die langen Gänge der EU-Kommission, die Blicke sind gehetzt, unaufhörlich klingeln Handys. Im Frühjahr musste Griechenland über Nacht vor dem Bankrott gerettet werden.

Nun wankt das hochverschuldete Irland, einst Tigerstaat im äußersten Westen Europas. Man spricht von einem Finanzbedarf von 80 bis 100 Milliarden Euro, vor allem für die maroden Banken der Insel. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, üblicherweise kein Freund von Übertreibungen, sagt: «Irland befindet sich in einer sehr schwierigen Phase, die mit Griechenland vergleichbar ist.» Er fügte aber hinzu: «Der Euro ist nicht in Gefahr.»

Bei der EU-Kommission versucht man zu beruhigen - nur keine Panik, lautet die Devise. Seit Mai gibt es den riesigen Rettungsschirm der Eurostaaten und des Internationalen Währungsfonds (IWF), der für «Ruhe im Karton» sorgen sollte. Gerade mal sechs Monate ging das gut, nun ist Irland der erste Kandidat für europäische Milliardenkredite.

EU-Währungskommissar Olli Rehn wiederholt gebetsmühlenartig, dass es ein geordnetes Verfahren gibt: Antrag der Dubliner Regierung, Verhandlungen von Experten an Ort und Stelle bis Monatsende, dann der Beschluss der irischen Regierung und schließlich die Entscheidung der europäischen Finanzminister über ein Hilfspaket. So einfach ist das, noch Fragen?

Ja. Da Irland nach Griechenland bereits der zweite schwere Krisenfall im Eurogebiet ist, wächst die Furcht vor neuen Schieflagen. Ein weiterer Wackelkandidat ist Portugal. Das Land ist in einer schweren Krise, die Arbeitslosigkeit steigt; zum ersten Mal seit der Revolution von 1974 rufen die beiden größten Gewerkschaften des Landes für diesen Mittwoch zum Generalstreik auf.

Muss Lissabon auch unter den Rettungsschirm? Klare Antworten auf diese Frage fehlen bisher. Offiziell heißt es, Irland und Portugal seien nicht zu vergleichen, denn die portugiesischen Banken seien gesund.

Während der Euro-Rettungsschirm Portugal noch verkraften könnte, wäre er beim großen Euro-Mitglied Spanien überfordert, meinen Brüsseler Spezialisten. In Madrid will die sozialistische Regierung von Krisengerede gar nichts hören. «Wir haben alle Ziele perfekt umgesetzt», bilanzierte Außenministerin Trinidad Jiménez am Montag in Brüssel. «Es ist alles gut.» 

Hinter den Kulissen des Außenministerrates - wo es nicht um die neu aufgeflammte Eurokrise ging - warnten Experten davor, die Krisenhilfe für Irland mit politischen Forderungen zu befrachten. Das mehr oder weniger offen ausgesprochene Ansinnen Frankreichs und Deutschlands nach höheren Unternehmensteuern auf der grünen Insel habe nichts direkt mit dem Notplan zu tun. «Es ist Sache der Iren, wie sie ihre harten Sparziele hinbekommen», meinte ein Fachmann.

Für die Europäer haben die Debatten um die Schuldenkrise und die Reform des gemeinsamen Währungsgebiets erst begonnen. Beim nächsten EU-Gipfel am 16. und 17. Dezember wollen die Staats- und Regierungschefs die Weichen für einen dauerhaften Krisenfonds von 2013 an stellen - dafür soll auf deutschen Wunsch auch der EU-Vertrag geändert werden. Es geht ums Ganze: «Wenn die Eurozone nicht überlebt, wird auch die Europäische Union nicht überleben», warnte unlängst der ständige EU-Gipfelchef Herman Van Rompuy.

Finanzen / EU / Irland
22.11.2010 · 21:56 Uhr
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