Analyse: Düstere Aussicht für künftige Rentner

Berlin (dpa) - Düstere Prognosen lassen in der Politik die Nervosität vor den nächsten Reformschritten beim sozialen Megathema Rente wachsen.

Bereits Ende September machte das Sozialministerium erstmals Zahlen darüber bekannt, wie stark das Sicherungsniveau mit immer mehr Babyboomern im Rentenalter bis 2045 wohl absinkt - von 47,8 auf 41,6 Prozent. Sprich: Die Renten hinken den Löhnen immer stärker hinterher.

Nun ging ein offizieller Bericht über die Alterssicherung in die Abstimmung zwischen den Bundesressorts: Mehr als jeder zweite Geringverdiener hat keinerlei zusätzliche Altersvorsorge - Altersarmut wird für Millionen zum immer greifbareren Risiko.

Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) will mehrere Hebel in Bewegung setzten, um erkennbar gegenzusteuern: Sie will eine Untergrenze für das Rentenniveau für 2045 definieren. Aber auch die betriebliche Altersvorsorge soll gestärkt werden - ein entsprechender Gesetzentwurf auch über mehr Steueranreize für Betriebsrenten ist mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) abgestimmt und soll demnächst vorgelegt werden. Und die private Vorsorge soll auch gestärkt werden.

Es ist ein heikles Feld - weil Millionen Menschen betroffen sind. Am wenigsten sind es noch die Rentner heute, ihnen geht es großteils nicht schlecht, selbst wenn sie kleine Renten bekommen. «Geringe Rentenbeträge werden also in der Regel durch zusätzliche Einkünfte oder das Einkommen des Ehepartners ausgeglichen», heißt es im neuen Alterssicherungsbericht gleich auf der 15. von 258 Seiten. Später wird der Bericht aber deutlich, was die Zukunft anbelangt: Ohne zusätzliche Altersvorsorge geht das Versorgungsniveau der Rente stark zurück. «Hier liegt insbesondere für Geringverdiener ein erhebliches Risiko.» Nur 47 Prozent von ihnen sorgen selbst fürs Alter vor.

Doch abgesehen von der Reform der Betriebsrente liegt es noch im Dunkeln, wie die Koalition gegensteuern will. Das Rentenniveau einfach so zu halten, wie es ist, würde nach vorläufigen Berechnungen künftig 40 Milliarden Euro im Jahr kosten. Denn es gibt einfach immer mehr Rentner. Und Union und SPD haben sich mit der Ost-West-Angleichung der Rente und der versprochenen solidarischen Lebensleistungsrente noch zwei andere schwierige Brocken vorgenommen. Zuerst muss nun die Union einmal unter sich klären, welchen Kurs sie überhaupt fahren will.

Abarbeiten des Koalitionsvertrages - klar. Aber die CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt schon länger vor einer Enttäuschung durch die lange versprochene Ost-West-Angleichung. Bisher werden die im Schnitt unter Westniveau liegenden Ostlöhne bei der Rentenberechnung höher gewertet. Damit müsste Schluss sein, wenn die Ost-Renten angehoben werden. Das würde künftig zu niedrigeren Rentenansprüchen führen.

Bei der SPD ist die Ost-West-Angleichung wenig umstritten. Aber auch die CDU kommt daran nicht vorbei - denn die Angleichung war in den Landtagswahlkämpfen im Osten eines der Hauptthemen.

Die Rentenpolitik wird nicht dadurch einfacher, dass die CSU von Horst Seehofer ihren Wahlkampfhit von 2013 neuauflegen will - und nun die völlige Gleichstellung bei der Mütterrente fordert. Danach sollen die Mütter, die vor 1992 Kinder geboren haben, nicht bei der Annäherung von 2014 stehen bleiben, sondern so viel Rente bekommen wie die jüngeren Mütter. Ein Milliarden-Vorhaben.

Die Christsozialen argumentieren, die Union habe vor drei Jahren mit der Mütterrente die Wahl gewonnen. Das berge auch 2017 Potenzial. Die CDU sieht das ganz anders. Die Wahl hätten Merkel und Schäuble vor allem mit ihrer verlässlichen Europa und Haushaltspolitik gewonnen. Im CDU-Präsidium wurde am vorigen Montag gewarnt, der CSU zu folgen. Sonst bliebe kein finanzieller Spielraum mehr, die wirklich wichtigen Fragen zu beantworten: Wie Altersarmut verhindert werden kann. Allerdings sympathisiert vor allem die Frauen Union der CDU mit der CSU-Linie - wie schon 2013. Nahles will davon gar nichts wissen.

Am Freitagabend treffen sich die Spitzen von CDU und CSU bei Merkel im Kanzleramt, um darüber zu sprechen. Es wurde Stillschweigen vereinbart, um die SPD nicht in die Karten schauen zu lassen. Denn dann müssen sich Union und SPD abstimmen, was sie gemeinsam an Rentenreformen noch hinkriegen. Die ersten Novemberwochen gelten als entscheidend. Ein Gesamtkonzept hat Nahles für November angekündigt.

Rente / Soziales / Deutschland
26.10.2016 · 16:39 Uhr
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