Analyse: Die Macht der Bilder

Berlin (dpa) - Bilder sind heute einfacher denn je zu fälschen - das zeigte die vermeintliche Aufnahme des toten Bin Laden. Doch warum sind die Menschen trotzdem so begierig, sie zu sehen? Und was macht eigentlich die Macht der Bilder aus?

Nachdem der irakische Diktator Saddam Hussein Ende 2006 gehängt wurde, tauchten Handy-Videos seiner Hinrichtung auf. Die amerikanischen Invasoren verurteilten das. Doch die Bilder belegten vielen Opfern des Diktators zumindest, dass er tatsächlich tot war. Von offizieller Seite veröffentlicht wurden hingegen Fotos des erschossenen rumänischen Diktators Nicolae Ceaucescu. Sie waren Ende 1989 Symbole des Umbruchs in Südosteuropa. Am Mittwoch wurde klar: Die US-Regierung will wohl keine Fotos des toten Bin Laden veröffentlichen.

Doch auch so scheint eines gewiss: «In militärischen und anti-terroristischen Kämpfen haben sich Bilder als «Beweismittel» etabliert», sagt Peter Ludes, Medienwissenschaftler an der Bremer Jacobs University. Beispiele gibt es zur Genüge, allerdings zeigen sie meist keine führenden Köpfe. Lieber werden Videos präsentiert, die etwa exakte Luftangriffe der Nato auf libysche Panzer oder eben das gestürmte Anwesen Bin Ladens zeigen.

Egal, wie oft Fotos oder Videos im Laufe der Geschichte bereits manipuliert wurden, sie scheinen «das» probate Mittel zu sein, um eine Behauptung auch tatsächlich zu belegen. Auch von Bin Laden tauchten kurz nach seinem Tod vermeintliche Bilder seiner Leiche auf - bloß wurden sie wenig später als Fälschungen entlarvt. Der Soziologe Ludes betont dennoch, dass Bilder der Glaubwürdigkeit offizieller Stellungnahmen dienen und immer wichtiger werden: «Worte allein verlieren an Bedeutung in Gesellschaften, die kontinuierlich Zugang zu Veröffentlichungen mit «Offensichtlichkeiten» erwarten.»

Soll heißen: Heutzutage wird ein dauernder Schwall an Informationen über die Menschen ausgegossen - binnen kürzester Zeit breiten sich Nachrichten wie die über Bin Ladens Tod auf allen möglichen Kanälen aus - von Twitter bis CNN. Zumindest die Bilder bleiben aber in den Köpfen der Menschen hängen. Der globale Krieg gegen den Terror ist ein «Bilderkrieg» sondergleichen, wie der Flensburger Historiker Gerhard Paul feststellt. Aus den Bildern versuchten beide Seiten Kapital zu schlagen.

Das Problem ist, dass Bilder kaum zu kontrollieren sind - und jede Seite ihre eigenen produziert. Al-Kaida griff nicht zuletzt wegen deren symbolischer Bedeutung 2001 die Twin Towers in New York an. «Der «Kampf der Bilder» wird aber auch durch kommerzielle Interessen oder diejenigen von sozialen Bewegungen, politischen Parteien oder illegalen Banden vorangetrieben», sagt Ludes. Manche Bilder treiben die Einschaltquoten in die Höhe - andere sind so grausam, dass bewusst auf sie verzichtet wird. Und Terroristen zeigen ihre Droh-Videos eh gleich im Internet - auch um sicherzustellen, dass ihre Inszenierung aufgeht.

Jede Seite versucht, im Bilderkrieg zu gewinnen. So war im Irak die Festnahme Saddams perfekt geplant, wie Paul in einer Studie über die Invasion im Irak anmerkt («Der Bilderkrieg»), und wurde fast schon in Hollywood-Manier inszeniert. «Bilder lösen fast immer mehr Emotionen aus als Worte», ist sich der Bremer Professor Ludes sicher. Das zeigten die historischen Beispiele der öffentlichen Hinrichtung von Attentätern oder Königen sowie Diktatoren der letzten Jahrzehnte.

«Neu ist, dass heimliche Hinrichtungen mit Kameras oder Smartphones aufgenommen und dann später veröffentlicht werden», sagt Ludes. Wo persische Herrscher vor tausenden von Jahren in Felsreliefs die Unterjochung ihrer Gegner in Stein meißeln ließen, genügt heute eine gute Internetverbindung, um die Macht der Bilder für sich zu nutzen - oder eben zu missbrauchen.

Terrorismus / USA / Kultur
05.05.2011 · 22:53 Uhr
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