Amri war nahezu wöchentlich Thema bei Behörden

Berlin (dpa) - Nach der Veröffentlichung neuer Details im Fall des Weihnachtsmarkt-Attentäters Anis Amri wollen die Geheimdienst-Kontrolleure des Bundestags möglichen Fehlern oder Pannen der Dienste mit einer eigenen Ermittlergruppe nachgehen.

Der Fall Amri habe «die föderalen Sicherheitsarchitekturen sehr schnell und sehr deutlich an ihre Grenzen gebracht», sagte der Vorsitzende des Parlamentsgremiums zur Kontrolle der Geheimdienste (PKGr), Clemens Binninger (CDU), am Montag in Berlin. Die PKGr-Mitglieder verständigten sich auf die Bildung einer sogenannten Task Force. Diese soll unter anderem den Informationsfluss im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) von Bund und Ländern beleuchten. Hinweise auf eine Mitarbeit Amris für einen deutschen Geheimdienst lagen dem Gremium nicht vor.

Die Geheimdienst-Kontrolleure befassten sich in ihrer Sondersitzung insbesondere mit einer kurz zuvor von den Bundesministerien des Innern und der Justiz vorgelegten Chronologie zu den Behördenabläufen im Fall Amri. Daraus geht hervor, dass sich die Behörden seit Ende 2015 nahezu wöchentlich mit dem Tunesier befassten.

Amri wurde als islamistischer Gefährder eingestuft, fiel mehrfach als Krimineller auf, wurde als Asylbewerber abgelehnt und dennoch nicht in Abschiebehaft genommen. Ein marokkanischer Geheimdienst warnte im Herbst 2016 mehrfach vor ihm. Mitte Oktober wurde er zudem in der Inpol-Datenbank, einem länderübergreifenden Informationssystem der Polizeien, als «foreign fighter» erfasst. Dennoch konnte Amri am 19. Dezember mit einem Lkw in eine Budengasse auf einem Berliner Weihnachtsmarkt rasen. Bei dem Anschlag starben zwölf Menschen, Dutzende wurden zum Teil schwer verletzt. Einige Beobachter hatten vermutet, Amri habe mit einem Nachrichtendienst zusammengearbeitet und sei deswegen nicht festgesetzt worden.

Binninger sprach von einem «Abstimmungsmarathon», in dem es nicht gelungen sei, etwa Verfahren gegen Amri wegen dessen Straftaten auf den Weg zu bringen und ihn in Haft zu nehmen. Er fügte an: «Wir wissen jetzt, dass im Oktober die tunesischen Behörden aber gesagt haben, das ist Amri, und auch signalisiert haben, dass es Passersatzpapiere geben wird.» Der CDU-Politiker sprach von einer «tragischen Fehlentscheidung», dass Amri Ende Oktober nicht in Abschiebehaft genommen worden sei. Bislang hatte es von Behördenseite geheißen, die tunesischen Behörden hätten sich lange geweigert, Amri Ersatzpapiere auszustellen. Deren Fehlen stand demnach einer Abschiebung entgegen.

Der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer sagte, es habe nicht einen kapitalen Fehler gegeben. Wie an einer Perlschnur habe es verschiedene Versäumnisse gegeben. Verbesserungsbedarf sah er insbesondere bei Länderbehörden. Sein Kollege Burkhard Lischka von der SPD mahnte ein früheres Einschränken der Aktivitäten und Handlungsspielräume von Gefährdern an. Diesen müsse in Zukunft 24 Stunden «auf den Füßen gestanden werden».

André Hahn von den Linken prangerte insbesondere die Arbeit des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) an, dem er Passivität im Fall Amri vorhielt. Ähnlich äußerte sich der Grünen-Politiker Christian Ströbele. Er kritisierte, dass keiner die Schuld übernehmen wolle für die schweren Fehler, die geschehen seien.

Der Fall Amri ist diese Woche mehrfach Thema im politischen Berlin. Am Mittwoch will sich der Innenausschuss des Bundestages mit ihm befassen. Am Mittwochnachmittag ist er Thema einer Aktuellen Stunde im Bundestag.

Terrorismus / Innere Sicherheit / Deutschland
16.01.2017 · 19:39 Uhr
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