Amri-U-Ausschuss soll Fehler aufklären

Berlin (dpa) - Rund fünf Monate nach dem Berliner Terroranschlag mit zwölf Toten haben sich die Regierungsfraktionen SPD, Linke und Grüne in der Hauptstadt auf einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung von Behördenversagen verständigt.

Wie die Fraktionen in einer gemeinsamen Erklärung mitteilten, könnte der Ausschuss seine Arbeit nach dem 3. Juli beginnen.

Es wird bereits der zweite Untersuchungsausschuss eines Landesparlaments zu dem Weihnachtsmarktanschlag vom vergangenen Dezember sein. Im Landtag in Düsseldorf befasst sich ein solches Gremium bereits seit drei Monaten mit der Frage, wie es dem Tunesier Anis Amri gelingen konnte, den Anschlag zu verüben, obwohl er als islamistischer Gefährder bekannt war. Für die Forderung der Grünen nach einem Untersuchungsausschuss auch im Bundestag gab es bisher keine Mehrheit.

Bis der Berliner Untersuchungsausschuss seine Arbeit aufnimmt, werde der Sonderermittler des Senats, der frühere Bundesanwalt Bruno Jost, seinen Zwischenbericht zu Fehlern im Umgang mit dem islamistischen Attentäter Anis Amri vorlegen, hieß es. Seine Ermittlungen hätten bereits gravierende Einzelfehler der Sicherheitsbehörden aufgedeckt. Der Ausschuss sollte aber auch strukturelle Fragen im Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern und der gesamten Sicherheitsarchitektur klären.

Amri hatte im Dezember einen Lastwagen gestohlen und den polnischen Fahrer erschossen. Das schwere Fahrzeug lenkte er in den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche und tötete elf Passanten. Anschließend flüchtete er quer durch Europa, bis er in Italien von Polizisten erschossen wurde. In der vergangenen Woche waren Manipulationen bei der Berliner Kriminalpolizei an den Ermittlungsakten bekanntgeworden.

Bislang waren die Regierungsfraktionen der Ansicht, dass wegen des Sonderermittlers kein Untersuchungsausschuss nötig sei. Der Vorsitz des Gremiums werde nicht an die AfD fallen, hieß es bei der Grünen.

In einer Sondersitzung des Innenausschusses sprach Innensenator Andreas Geisel (SPD) der Polizei sein ungebrochenes Vertrauen aus und wertete die Aktenmanipulation als individuelles Fehlverhalten. «Die Sicherheit in Deutschland wird von Terroristen gefährdet und nicht von Polizisten.» Dies teilte er in einem Offenen Brief den Berliner Polizisten mit. Geisel wandte sich gegen Vorverurteilungen.

Ein Ermittler bei der Kriminalpolizei hatte Amri in einem Vermerk vom 1. November 2016 als aktiven und gewerbsmäßigen Drogenhändler eingestuft. Das hätte ein Grund für einen Haftbefehl sein können. Womöglich hätte dadurch der Anschlag verhindert werden können.

Mitte Januar erstellte ein anderer Polizist ein neues Dokument mit einem gekürzten und veränderten Text - nach dem Amri nur «möglicherweise Kleinsthandel» mit Drogen betrieben haben sollte. Auch der Name eines Verdächtigen im Drogen-Umfeld von Amri fehlte laut Jost nun. Dieses Dokument wurde auf den 1. November rückdatiert.

Bekannt wurde im Ausschuss auch, dass in dem abgespeckten Bericht von ursprünglich 73 Protokollen abgehörter Telefonate nur noch 6 enthalten waren. Ermittelt wird gegen mindestens zwei Kripo-Beamte wegen Urkundenfälschung sowie Verdachts auf Strafvereitelung im Amt.

Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) kündigte eine Gruppe von Sonderermittlern zur Aufklärung der Aktenmanipulation an. 14 Beamte werden «jeden Stein, jedes Blatt, jede Datei» nach dem Vier-Augen-Prinzip umdrehen, kündigte er in der Sitzung an.

Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach forderte indes Konsequenzen. «Sollten sich diese schwerwiegenden Vorwürfe bestätigen, kann das nicht ohne politische und strafrechtliche Konsequenzen bleiben», sagte Bosbach den «Ruhr Nachrichten» (Montag).

Die Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Renate Künast (Grüne), begrüßte die Einsetzung des Untersuchungsausschusses. «Denn auch aus Respekt vor den Opfern braucht es eine öffentliche parlamentarische Aufklärung und muss sich das ganze Parlament der Aufgabe stellen, Fehler zu analysieren, damit sie in Zukunft vermieden werden können», sagte Künast.

Terrorismus / Polizei / Senat / Abgeordnetenhaus / Berlin
22.05.2017 · 17:15 Uhr
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